Am Landgericht Frankenthal hat am Dienstag der Prozess gegen zwei 25 und 27 Jahre alte Männer aus Neustadt und Bad Dürkheim begonnen. Sie sollen minderjährige Mädchen, eine junge Frau und einen Mann zur Prostitution gezwungen haben.
Der erste Prozesstag war bereits am Dienstagmittag beendet. Zunächst wurde die Anklageschrift verlesen. Insgesamt 51 Fälle klagt die Staatsanwaltschaft an - darunter auch Drogendelikte. Zur Anklage hinzugefügt wurde, dass der jüngere Angeklagte in der Untersuchungshaft einen Mithäftling krankenhausreif geschlagen haben soll.
Über einen Tatzeitraum von eineinhalb Jahren sollen die beiden jungen Männer vier minderjährige Mädchen zwischen 15 und 16 Jahren zu sexuellen Diensten gezwungen haben. Auch eine 19-jährige Frau und ein Mann wurden laut Anklage Opfer. Bei dem Mann hätten die Angeklagten dessen Geldnot ausgenutzt. Bei einem Treffen hatten sie ihm laut Anklage seinen Personalausweis und seine Bankkarte abgenommen und in einem Weinberg zum Sex mit einem Freier gezwungen.
Für die Prostitution bei den Mädchen und der Frau sei in den meisten Fällen die Wohnung des 27-Jährigen in Bad Dürkheim genutzt worden. Die Einnahmen sollen die beiden Angeklagten größtenteils für sich behalten und sich damit eine dauerhafte Einnahmequelle verschafft haben.
Zwangsprostitution durch "Loverboy-Masche"
Die 19-jährige Frau und die Mädchen sollen nach der "Loverboy-Masche" zur Prostitution gedrängt worden sein: Dabei habe der Angeklagte vorgegeben, in die Frauen verliebt zu sein und dass er in Geldnöten sei. In einem Fall soll eines der Opfer sogar eine Freundin den beiden zugeführt haben. Einer 14-Jährigen sollen die Angeklagten rund 30 Mal Drogen angeboten haben, um sie zur Prostitution zu bringen. Diese habe sich aber erfolgreich gewehrt.
Eines der Opfer 100 Mal zur Prostitution gezwungen
Laut Staatsanwaltschaft wurden zwei 15-jährige Opfer bis zu 100 Mal zur Prostitution gedrängt - auch unter Androhung von Gewalt. Den Angeklagten wird obendrein Vergewaltigung vorgeworfen und dass sie den Minderjährigen Drogen verschafft haben, die diese auch genommen haben sollen. Ein Vergewaltigungsopfer - eine 18-Jährige - habe sich geweigert für die beiden anschaffen zu gehen. Eine 15-Jährige soll bestimmte Sexpraktiken mit dem jüngeren Angeklagten verweigert haben, worauf er auch diese vergewaltigt habe.
25-jähriger Angeklagter sagt zum Lebenslauf aus
Der 27-jährige Angeklagte hat laut Gericht im Laufe der Ermittlungen den jüngeren belastet. Er selbst habe mit den Taten nichts zu tun.
Der 25-Jährige streitet die Vorwürfe ab. Im Prozess hat er aber bislang die Aussage verweigert. Angaben zu seinem Lebenslauf machte er aber. Er sei drogen- und spielsüchtig und er leide seit längerer Zeit unter Depressionen. Er habe mehr als 100.000 Euro verzockt. Woher das Geld stammte sagte er nicht. In der Corona-Pandemie habe er sich Spielautomaten gekauft, um weiterspielen zu können.
84 Zeugen von der Staatsanwaltschaft benannt
Die Staatsanwaltschaft hat für das Verfahren 84 Zeugen benannt. Das Gericht hat bislang mehr als 30 Verhandlungstage angesetzt. Der Prozess wird voraussichtlich bis zum Sommer dauern. Der eine Angeklagte ist laut Gericht wegen Vermögensdelikten, der andere wegen Körperverletzung und Drogendelikten vorbestraft.
Inge Bell | stellvertretende Vorsitzende von Terre des Femmes Kämpft gegen Menschenhandel, sexuelle Gewalt und Zwangsprostitution
Inge Bell kommt aus Siebenbürgen und floh mit ihrer Familie vor der sozialistischen Diktatur in Rumänien nach Deutschland. Dort studierte sie erst Physik und dann Slavistik und begann, als Journalistin zu arbeiten. Schwerpunkt: Osteuropa. Darüber hinaus engagiert sich Inge Bell in verschiedenen Organisationen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution, für misshandelte und vergewaltigte Frauen und Kinder, beispielsweise als stellvertretende Vorsitzende von Terre des Femmes.
Moderation: Wolfgang Heim