Unterricht mit Hilfe Künstlicher Intelligenz? Ob das funktioniert, testet gerade das Karolinen-Gymnasium in Frankenthal. Die Schule nutzt das Internet-Tool ChatGPT.
Am Frankenthaler Karolinen-Gymnasium übernimmt heute das kostenlos nutzbare Internet-Tool ChatGPT einen Teil des Geschichtsunterrichts. Die Künstliche Intelligenz (KI) soll eine Rede verfassen. Ein Anhänger Kaiser Wilhelms spricht 1914 und wirbt für den Krieg. Damit soll thematisch die Stimmung aufgegriffen werden, die in Europa vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges herrschte.
Lehrerin in Frankenthal: ChatGPT zu oberflächlich
Für einen Leistungskurs in Geschichte sei diese flache Rede nicht ausreichend. So bewertet es Lehrerin Karin Reißer-Mahla. Fast gleich hätte eine Rede Adolf Hitlers vor dem Zweiten Weltkrieg ausgesehen. Die Lehrerin erwartet mehr Details, die auch auf die konkrete Lage Deutschlands, beziehungsweise Europas vor dem Ersten Weltkrieg Bezug nehmen.
Ähnlich geht es dem Schüler Joel Lenke: "Das ist so eine spezielle Sache gewesen, dass man dann halt auch gesehen hat, wo die KI ihre Grenzen hat." Seine Mitschülerin Leandra Urban meint aber: "Als Vorlage war das schon sehr gut."
Textarbeit an der Vorlage von ChatGPT
Die Aufgabe für die Schülerinnen und Schüler: Sie sollen den Text anpassen, damit er wirklich aus dieser Zeit hätte stammen können. In Gruppenarbeit machen sie sich ans Formulieren. Joel Lenke ist mit dem Ergebnis zufrieden: "Es ist auch schön, zu sehen, wie man das eigene Wissen dann im Unterricht wieder nutzen kann."
ChatGPT als Chance und Gefahr
Geschichtslehrerin Reißer-Mahla sieht die Chancen des Programmes im Schulalltag, besonders wenn es um einfache Aufgaben geht: "Die KI befreit uns auch von Routinen, die wir einfach loslassen können, weil die KI sie übernimmt. Da freue ich mich darauf, auch die Freiräume dafür zu nutzen."
Doch sei es wichtig, den Schülerinnen und Schülern einen guten Umgang mit an die Hand zu geben. Das ChatGPT eben nicht einfach jede Frage beantworten könne, sondern es kritisch behandelt und hinterfragt werden müsse. Es bestehe natürlich auch die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben nicht mehr selber machen, sagt die Gymnasiallehrerin. Und damit gehe einher, dass sie weniger selbständig lernen: "Da sehe ich schon eine Gefahr drin, weniger bei unseren Oberstufenschülern, als vielmehr bei den jüngeren Schülern, die damit möglicherweise sehr unkritisch umgehen."
Ziel des Karolinen-Gymnasiums: Umgang mit ChatGPT lernen
Es müsse ein Umgang mit ChatGPT gefunden werden, zumal das Programm stetig weiterentwickelt werde, so Christian Bayer, Schulleiter am Karolinen-Gymnasium in Frankenthal: "Gesellschaft und Schule waren immer schon mit neuen Technologien konfrontiert und konnten sich nicht raussuchen, ob sie die verwenden wollen, sondern sie waren einfach da und Teil der gesellschaftlichen Realität." Dabei gehöre zum Auftrag von Schule, junge Menschen auf die Nutzung solcher neuer Technologien vorzubereiten.
Und das wird in Frankenthal versucht. Noch wird ChatGPT testweise eingesetzt. Doch schon im April ist eine Fortbildung mit allen Lehrkräften des Hauses geplant. Damit es nicht nur bei Tests in der Oberstufe bleibt.