Die BASF hat an ihrem Stammwerk in Ludwigshafen ein neues Pilotprojekt in Betrieb genommen. Mit einem Elektro-Ofen für den Steamcracker soll der entscheidende Schritt zu einer klimafreundlichen Zukunft für den Standort Ludwigshafen gemacht werden.
Vor der neuen Anlage mitten auf dem Werksgelände der BASF ist viel Publikum versammelt. Die Vorstandchefs von BASF, Martin Brudermüller, von Linde Engineering, Jürgen Nowicki und Abdulrahman Al-Fageeh vom saudischen Petrochemie-Konzern Sabic drückten den Startknopf für die gemeinsam von den drei Firmen entwickelte Technologie. Sie soll künftig die sogenannten Steamcracker klimafreundlicher machen. Im Moment sind diese für die Chemieproduktion zentralen Anlagen für den größten Teil des Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich.
Martin Brudermüller und seine Partner lobten die Zusammenarbeit der drei Firmen. In ihr liege der Schlüssel zum Erfolg, wenn es um den Umbau der Industrie, weg von fossilen Energieträgern geht. Eine Firma alleine sei mit solchen Projekten überfordert, sagten sinngemäß alle drei Vorstandschefs.
Für Martin Brudermüller war es eine seiner letzten Amtshandlungen, in wenigen Tagen endet seine Amtszeit als Vorstandschef. Er sagte: "Wir haben große Dinge in Bewegung gesetzt, wir sind auch als Pionier vorangegangen und dass ich jetzt natürlich, in den wenigen Tagen vor der Hauptversammlung, das noch erleben darf, dass wir für diese Schlüsseltechnologie gemeinsam den Knopf drücken und sie in Betrieb nehmen dürfen, das ist eine große Freude für mich."
Ob die jetzt begonnene zweijährige Testphase erfolgreich ist, muss sich erst noch zeigen. Aber auch wenn die Technik funktioniert, muss der Umbau und Betrieb einer grünen Produktion auch bezahlbar sein. Martin Brudermüller kritisiert die hohen Stromkosten in Deutschland vor allem die Netzkosten: "Das wird nur wettbewerbsfähig sein, was wir hier machen, wenn der Grünstrom auch entsprechend wettbewerbsfähig ist."
Das Herz des Chemiewerks
Der Steamcracker spaltet Rohbenzin und es entstehen viele wichtige Grundstoffe für die Chemieproduktion rundherum, unter anderen Ethylen und Propylen, aber auch Wasserstoff. Der Steamcracker ist das Herz der Chemieproduktion in Ludwigshafen - oder besser: die Steamcracker; es gibt zwei davon, der größere so groß wie 13 Fußballfelder.
An dieser zentralen Stelle im Chemiewerk entscheidet sich, ob die Pläne von der klimaneutralen Produktion überhaupt jemals Wirklichkeit werden können. Denn dieser Prozess frisst endlos Energie, weil Temperaturen von 850 Grad Celsius erforderlich sind. Dafür wird im Moment noch Erdgas verfeuert und tonnenweise Kohlendioxid produziert. Wenn es klappt, das alles mit Elektrizität zu machen und mit grünem Strom geheizt wird, dann könnte man - so die Erwartung der BASF - 90 Prozent der CO2-Emissionen einsparen.
Drei Firmen und Geld vom Staat
Die BASF hat sich für das Pilotprojekt mit den Firmen Linde und Sabic zusammengetan. Außerdem fördert das Bundeswirtschaftsministerium das Pilotprojekt mit fast 15 Millionen Euro. Das verteilt die Kosten auf mehrere Schultern. Und wenn das mit den elektrischen Cracker-Öfen funktioniert, dann wird das Prinzip weltweit vom Anlagenbauer Linde vermarktet und auch vom saudischen Chemiekonzern Sabic eingesetzt.
Die Versuchsanlage umfasst erstmal nur zwei Öfen. Die beiden haben nur ein Fünftel der Kapazität der erdgasbetriebenen Anlagen in der Nachbarschaft. Und auch alle weiteren Produktionsschritte hinter den Öfen müssten ja dann noch auf Elektrobetrieb umgestellt werden. Die Anlage ist also ein erster Schritt, aber entscheidend für alles, was da noch folgen muss.
Ohne günstigen grünen Strom geht es nicht
Lars Kissau ist bei der BASF mit seinem rund 100 Leute umfassenden Team für den Umbau hin zur klimaneutralen Produktion zuständig. Er kümmert sich nicht nur um den Umbau des Steamcrackers, sondern auch um genügend grünen Strom: "Weil wir erhebliche Mengen Strom brauchen werden und unseren Strombedarf durch die Elektrifizierung von Prozessen im Vergleich zu heute etwa verdreifachen werden".
Deshalb kauft sich BASF in Windparks in der Nordsee ein. Und die Stromleitungen vom Norden nach Ludwigshafen, die braucht es natürlich auch noch. Und wirtschaftlich muss das alles auch sein. Kissau ist sich sicher, als Industriestandort wird Deutschland auch in Zukunft so wie heute Energie importieren, dann aber als grünen Strom oder grünen Wasserstoff.
Klimaneutrale Zukunft für das Werk Ludwigshafen?
Jetzt steht neben den alten und auch rostigen Steamcrackern dieser blitzblanke neue Komplex mit den beiden Elektroöfen, praktisch angebaut an die alte, mit Erdgas befeuerte Technik. Projektleiter Michael Reitz erzählt von 2.000 Apparaten, die sie eingebaut haben und von 25.000 Messpunkten, die den Probebetrieb überwachen. Um die 1.200 Grad Celsius herrschen im Ofen und die Anlage steht unter einem Druck von 35 Bar. Den Stolz merkt man ihm mehr an, als dass er das so auch sagen würde. Aber: "Es ist natürlich sehr spannend, das mitzuerleben, mitgestalten zu können".
Wichtig ist ihm: Die Elektroöfen sind keine Spielerei mehr, sie sind im großen Maßstab aufgebaut und sollen auch richtig mit produzieren. Wenn es denn gut läuft, kann man genau diese Anlage vervielfachen und damit auch auf die nötige hohe Produktionsleistung der alten Steamcracker-Öfen kommen. Dann hätte auch der Standort Ludwigshafen eine klimaneutrale Zukunft.