Wer kinderpornografische Inhalte nur als Warnung weiterleitet, der muss in Zukunft nicht mehr automatisch angeklagt werden. Der Bundesrat hat am Freitag ein entsprechendes Gesetz gebilligt, das auch Rheinland-Pfalz gefordert hatte.
Justizminister Mertin hatte am Donnerstag im Landtag begrüßt, dass der Bund den Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Fällen von Kinderpornografie mehr Spielraum geben will.
Im Landtag sagte Mertin, er habe sich für die Änderung eingesetzt, weil die aktuelle Rechtslage in der Praxis zu Unwuchten führen könne. "Das Höchstmaß der Strafe wird nicht geändert", sagte der FDP-Politiker während einer Debatte in Mainz über die Novelle. "Wir öffnen den Spielraum." Es gehe darum, "dass Menschen, die eigentlich zum Schutz unserer Kinder handeln und entsprechendes Material einsehen", plötzlich wegen eines Verbrechens angeklagt seien.
Auch CDU sieht Handlungsbedarf
FDP-Fraktionschef Philipp Fernis wies in der von seiner Partei beantragten Debatte darauf hin, dass es auch künftig in solchen Fällen nur einen richtigen Weg gebe: die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten.
CDU-Fraktionschef Gordon Schnieder sah ebenfalls Handlungsbedarf bei dem Gesetz. Er warf der FDP aber vor, sich im Kampf gegen Kindesmissbrauch gegen die temporäre Speicherung von IP-Adressen zu sperren.
Bisher musste eine Staatsanwaltschaft den Besitz von kinderpornografischem Material anklagen - auch wenn beispielsweise Lehrer intime Videos von Schülern in guter Absicht an die Eltern weitergeben, um davor zu warnen.
Fall von Lehrerin aus dem Westerwald sorgte bundesweit für Aufsehen
Ein solcher Fall betrifft auch eine Lehrerin aus dem Westerwald, die deshalb eine Strafe fürchten musste. An ihrer Schule hatte ein intimes Video einer 13-Jährigen gegen deren Willen die Runde gemacht. Als die Lehrerin davon erfuhr, ließ sie sich das Video ebenfalls auf ihr Handy laden, um die Mutter des Mädchens zu informieren. Daher drohte der Lehrerin mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe und der Verlust ihres Jobs.
Wegen Gesetz zum Besitz von Kinderpornografie Intimes Handyvideo: Lehrerin aus dem Westerwald wird nun doch angeklagt
Eine Westerwälder Lehrerin muss sich nun doch vor Gericht wegen des Besitzes von Kinderpornografie verantworten. Zunächst hatte das Amtsgericht Montabaur ein Verfahren abgelehnt, weil die Frau eigentlich nur helfen wollte. Aber das Landgericht Koblenz widersprach dieser Entscheidung.
Bundestag hat Entschärfung des Gesetzes beschlossen
Um Fälle wie diesen künftig zu verhindern, hatte der Bundestag bereits im Mai beschlossen, das derzeitige Gesetz zu entschärfen. Mindeststrafen werden von einem Jahr auf drei beziehungsweise sechs Monate gesenkt. Die automatische Einstufung als Verbrechen wird rückgängig gemacht. Und Staatsanwaltschaften erhalten mehr Spielraum und können Verfahren auch einstellen.
Wird Verfahren gegen Lehrerin eingestellt?
Das Gesetz zur flexibleren Strafverfolgung bei Kinderpornografie ist am Freitag vom Bundesrat gebilligt worden und könnte noch vor dem Prozessbeginn gegen die Lehrerin aus dem Westerwald in Kraft treten. Die Bundesregierung müsse das Gesetz nun gegenzeichnen, teilte das rheinland-pfälzische Justizministerium mit.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz begrüßt nach eigener Auskunft die Änderung des Kinderpornografie-Gesetzes durch den Bundesrat. Damit gebe es im Fall der Lehrerin neue Möglichkeiten, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler. Der Besitz des Videos wäre somit nur noch ein Vergehen und kein Verbrechen mehr. Das könnte der Frau helfen.
Wann das Gesetz in Kraft tritt, ist aber noch offen. Sollte das Gesetz noch vor dem Prozessbeginn in Montabaur geändert werden, könnte das Verfahren unter bestimmten Bedingungen vorher eingestellt werden, so ein Gerichtssprecher. Das Verfahren soll am 26. September stattfinden.