Die Krankschreibungen im Job haben in Rheinland-Pfalz im ersten Halbjahr 2024 einen Höchststand erreicht. Laut einer bundesweiten Untersuchung gibt es aber auch viel Missbrauch.
Eine Auswertung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) hat ergeben, dass in Rheinland-Pfalz von Januar bis Ende Juni dieses Jahres 221 Krankheitsfälle auf 100 erwerbstätige Mitglieder kamen. Bereits im Vorjahreszeitraum sei jeder Berufstätige in Rheinland-Pfalz rund zweimal krankgeschrieben gewesen (217 Fälle), meldet die KKH. Vor fünf Jahren, im ersten Halbjahr 2019, registrierte sie noch deutlich weniger Arbeitsausfälle (122 pro 100 Mitglieder).
Insgesamt liege der Krankenstand, der sich aus der Zahl der Krankheitsfälle und der durchschnittlichen Krankheitsdauer ergibt, in Rheinland-Pfalz im ersten Halbjahr 2024 bei 6,6 Prozent. Das heißt: An jedem Tag des vergangenen Halbjahres waren 6,6 Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben. Im Vorjahreszeitraum waren es 6,8 Prozent, vor fünf Jahren noch 5,1 Prozent der Erwerbstätigen.
Damit liegt Rheinland-Pfalz über dem Bundesdurchschnitt (6,5 Prozent). Im Vergleich der Bundesländer verbucht die KKH in den ersten sechs Monaten dieses Jahres den höchsten Krankenstand mit 8,1 Prozent in Sachsen-Anhalt, den niedrigsten mit 5,4 Prozent in Baden-Württemberg.
Atemwegserkrankungen weit vorne
Die anhaltend hohe Zahl von Krankmeldungen geht laut KKH vor allem auf Atemwegserkrankungen wie Husten, Schnupfen oder grippale Infekte zurück. Diese hätten im ersten Halbjahr 2024 deutschlandweit bei 70 Fällen je 100 Versicherte gelegen - nach 69 Fällen im Vorjahreszeitraum und 34 Fällen vor fünf Jahren.
Umfrage: Ein Viertel macht blau mit Krankschreibung via Telefon
Allerdings steht nicht hinter jeder Krankmeldung auch wirklich eine Krankheit. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov in Zusammenarbeit mit dem Portal Statista zur telefonischen Krankmeldung. Demnach haben 27 Prozent der Befragten, die die telefonische Krankmeldung schon genutzt haben, angegeben, dabei schon geschummelt zu haben.
Elf Prozent haben demnach von dieser Möglichkeit schon mehrfach Gebrauch gemacht. Von denjenigen, die diese Möglichkeit nutzten, gaben 27 Prozent an, auf diesem Weg schon einmal "krankgefeiert" zu haben, obwohl sie nicht wirklich krank waren. Unter den befragten Männern sagte dies über ein Drittel (36 Prozent), unter den Frauen 19 Prozent.
Die Option einer telefonischen Krankschreibung war während der Corona-Pandemie erstmals eingeführt worden. Seit Ende des vergangenen Jahres besteht sie etwa bei leichten grippalen Infekten - sofern die erkrankte Person in der Praxis bekannt ist.
Hausärzteverband RLP verteidigt telefonische Krankschreibung
Allerdings gebe es kein Recht auf eine elektronische Krankschreibung, sagte die Vorsitzende des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz, Barbara Römer, am Donnerstag dem SWR.
"Wir Ärztinnen und Ärzte haben das Recht, die Betroffenen in die Praxis einzubestellen", betonte Römer. Ein Betrug lasse sich aber auch vor Ort nicht hundertprozentig ausschließen.
Trotzdem warnt Römer davor, die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung einzudämmen. Die Praxen würden dadurch deutlich entlastet.