Wer akut krank ist, sollte nicht selbst Auto fahren. Doch was gilt bei Epilepsie und Schlaganfall?
Nach dem schweren Unfall auf der B10 zwischen Rinnthal und Sarnstall im Landkreis Südliche Weinstraße kommt die Frage auf, ab wann man krankheitsbedingt nicht mehr Autofahren darf. Nach Angaben der Polizei hatte die Autofahrerin einen epileptischen Anfall erlitten und die Kontrolle über ihren Wagen verloren.
Krank hinter dem Steuer: Das ist die rechtliche Grundlage
Jeder Verkehrsteilnehmer ist für seine Fahrsicherheit eigenverantwortlich. Es gibt kein Gesetz, das die Teilnahme am Straßenverkehr – ob mit Krankheit oder nach Einnahme von Medikamenten – generell verbietet. Im Straßenverkehrsgesetz heißt es im Paragraf 2: Es ist "geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Strafgesetze verstößt."
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) regelt unter anderem die Erlaubnispflicht für Personen, die am Straßenverkehr teilnehmen. Darin appelliert der FeV: "Wer sich infolge körperlicher und geistiger Mängel nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet."
Unterschied zwischen akuter und chronischer Erkrankung
Kein Alkohol und keine Drogen am Steuer - das ist bekannt. Ob man fahren darf oder nicht, hängt davon ab, wie schwer die jeweilige Erkrankung ist, betont Ulrich Chiellino, Leiter Verkehrspolitik und Verkehrspsychologe beim ADAC. Hier sei die Einschätzung des behandelnden Arztes maßgeblich. Mediziner können ein ärztliches Fahrverbot aussprechen, wenn sie den Eindruck haben, dass der Zustand des Patienten dessen Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt, obwohl jeder selbst für seine Fahrleistung verantwortlich ist.
Ein ärztliches Fahrverbot wird zum Beispiel bei folgenden Erkrankungen häufig verhängt:
- Herzrhythmusstörungen mit Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit
- Herzleistungsschwäche
- akute organische Psychosen
- schwere Altersdemenz
- Diabetes (Grund dafür ist die Unterzuckerung)
Unfall mit vier Schwerverletzten Schwerer Unfall auf B10 bei Rinnthal nach epileptischem Anfall
Die B10 zwischen Rinnthal und Sarnstall (Kreis Südliche Weinstraße) war wegen eines schweren Unfalls mit vier Fahrzeugen am Mittwochnachmittag fast bis Mitternacht gesperrt.
Epilepsie und Autofahren
Das Autofahren trotz Epilepsie unterliege strengen Vorgaben und Auflagen, sagt Ulrich Chiellino weiter. Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, die verschiedene Ursachen haben kann. Dabei treten Anfälle, Krämpfe sowie unkontrollierte Zuckungen auf. Weil Betroffene die Kontrolle über ihren Körper verlieren, kann ein Anfall eine Gefahr im Straßenverkehr bedeuten. Ob Autofahrer mit Epilepsie weiterhin hinter das Steuer können, regeln die Begutachtungsleitlinien des Bundesamtes für Straßenwesen.
Es ist also die Beurteilung und Bescheinigung eines Arztes notwendig, der ausdrücklich das Autofahren erlaubt. Epileptiker müssen mindestens einmal im Jahr zum Arzt, um sich die Fahrfähigkeit bescheinigen zu lassen. Nach einer bestimmten Zeit ohne Ereignis sind auch längere Zeiträume zwischen den Untersuchungen möglich. Nach einem epileptischen Anfall wird zunächst ein ärztliches Fahrverbot von mindestens drei Monaten ausgesprochen. Treten die Anfälle häufiger auf, kann ein solches Fahrverbot auch länger bestehen.
Schlaganfall und Autofahren
Die Auswirkungen eines Schlaganfalls sind bei jedem unterschiedlich und können die Fahrfähigkeit beeinträchtigen. Bei einem Schlaganfall können Lähmungen, Gefühlsstörungen in Armen und Beinen sowie Gleichgewichtsstörungen auftreten. Laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe muss deshalb im Einzelfall entschieden werden, ob jemand nach einem Schlaganfall wieder ans Steuer kann oder nicht.
In Deutschland gibt es keine Meldepflicht bei neurologischen Erkrankungen. Das heißt, dass der Schlaganfall nicht zwingend der Fahrerlaubnis-Behörde gemeldet werden muss. Allerdings verlangt die Fahrerlaubnis-Verordnung von den Betroffenen selbst, Vorsorge zu treffen und Rücksprache mit ihrem Arzt zu halten. Wer aufgrund einer Erkrankung fahruntauglich sei und sich ohne Überprüfung der Fahreignung ans Steuer setze, handele verantwortungslos, denn er gefährdet sich selbst und andere.
Herzinfarkt und Autofahren
Wenn ein Autofahrer einen Herzinfarkt überstanden hat und keine Herzschwäche droht, darf er wieder Auto fahren. Ärztinnen und Ärzte empfehlen allerdings, je nach Komplikationen und Herzleistung das Auto länger stehen zu lassen. Bei schweren Verläufen ist eine mindestens vierwöchige Pause geboten. Die Deutsche Herzstiftung rät Betroffenen, sich vom Arzt beraten zu lassen.
Mit Fieber, Husten und Schnupfen hinter dem Steuer
Erkältungssymptome, wie Fieber, Husten und Schnupfen, hindern die meisten Autofahrer nicht am Fahren. Der ADAC warnt jedoch, dass erschöpfte und fiebernde Fahrer sich und andere gefährden. Zum Beispiel könnte ein Niesanfall vom Verkehr ablenken und zu einem Unfall führen. Dazu kommen häufig Erkältungsmittel, die oft müde machen. Ärztinnen und Ärzte empfehlen aus diesem Grund, sich im Bett auszuruhen statt Auto zu fahren.
Medikamente und Autofahren
Bei starken Kopfschmerzen können Sie nach der Einnahme eines Schmerzmittels Auto fahren, solange die Dosierung stimmt. Bei höherer Dosierung sollten Sie aus Sicherheitsgründen auf das Fahren verzichten.
Laut ADAC können etwa 20 Prozent der erhältlichen Medikamente die Fahrsicherheit beeinträchtigen. Die darin enthaltenen Wirkstoffe können Müdigkeit, Unruhe, Sehstörungen und Schwindel verursachen. Das beeinträchtigt sowohl die Konzentration beim Autofahren wie auch die Reaktionsfähigkeit. Dies gilt nicht nur für verschreibungspflichtige, sondern auch für frei verkäufliche Medikamente.
- Schlaf- und Beruhigungsmittel
- Narkose- und Betäubungsmittel
- Psychopharmaka
- Mittel gegen Allergien
- Schmerzmittel
- Erkältungsmedikamente
- Mittel gegen hohen Blutdruck oder Diabetes
Absprache mit Arzt oder Apotheke
Wenn Sie häufig Auto fahren und ein neues Medikament verschrieben bekommen, empfiehlt der ADAC dies mit dem Arzt oder der Ärztin abzuklären. Bei rezeptfreien Medikamenten können Sie in der Apotheke nachfragen. Wenn Sie unsicher sind, ob das Medikament Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit nimmt, schauen Sie lieber auf den Beipackzettel. Denn Hersteller müssen mögliche Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit angeben.
Auch sollten die Wechselwirkungen von Medikamenten nicht unterschätzt werden, die im Zusammenspiel ebenfalls die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen können. Laut einer Forsa Umfrage nehmen 23 Prozent der Erwachsenen dauerhaft 3 oder mehr Medikamente ein.
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