Angespannte wirtschaftliche Lage der Kliniken

Freie Wähler wollen Soforthilfeprogramm gegen Kliniksterben in RLP

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Autor/in
Gernot Ludwig

Die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz fordern angesichts der schlechten finanziellen Situation in vielen Krankenhäusern ein Soforthilfeprogramm der Landesregierung.

Das Land dürfe sich nicht länger wegducken und müsse sofort handeln, heißt es in einer Pressemitteilung. Anlass ist eine Studie zur wirtschaftlichen Lage der Kliniken, über die der SWR berichtet hatte.

Der Studie zufolge sind erstmals ein Viertel der Kliniken im Land akut von der Insolvenz bedroht. Angesichts solcher Zahlen reiche es nicht, auf die Bundesregierung zu verweisen. Auch die Landesregierung müsse den Kliniken finanziell helfen. Sonst bestehe die Gefahr, dass noch mehr Kliniken in Rheinland-Pfalz schließen müssten, befürchten die Freien Wähler.

Jedes vierte Krankenhaus in RLP und im Saarland von Insolvenz bedroht

Die wirtschaftliche Lage der Kliniken in Deutschland hatte sich 2021 deutlich verschlechtert - am meisten in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Das geht aus dem neuen "Krankenhaus Rating Report" des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung hervor, der dem SWR vorab vorliegt. Demnach ist die Zahl der akut insolvenzgefährdeten Kliniken im Corona-Jahr 2021 bundesweit von 7 auf 11 Prozent gestiegen, für Rheinland-Pfalz und das Saarland stieg der Wert von 4 auf 25 Prozent. Im Ländervergleich der höchste Anstieg. Hinzu kommt: Dass ein Viertel der Kliniken in beiden Ländern zusammen akut insolvenzgefährdet sind, ist ebenfalls ein Rekordwert.

Zum Vergleich: In den vergangen zehn Jahren schwankte diese Quote für die beiden Länder zwischen 4 und rund 12 Prozent. Damit war die wirtschaftliche Lage der Kliniken 2021 nur noch in Baden-Württemberg schlechter. Dort waren laut Report 29 Prozent der Kliniken akut von einer Insolvenz bedroht.

Ausgelaufene Corona-Hilfen befördern Not der Kliniken

Dass die Zahl der akut insolvenzbedrohten Kliniken 2021 bundesweit gestiegen ist, liege vor allem daran, dass in dem Jahr die staatlichen Corona-Finanzhilfen für Kliniken abgesenkt worden seien, heißt es in der Studie. Den besonders hohen Anstieg insolvenzbedrohter Kliniken in Rheinland-Pfalz und dem Saarland führen die Autoren darauf zurück, dass es in beiden Bundesländern viele kleine Krankenhäuser gibt.

Nirgendwo sonst in Deutschland hat sich die wirtschaftliche Lage der Kliniken 2021 so deutlich verschlechtert wie in Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
Die Grafik bildet die Lage der Kliniken im Ländervergleich ab: Rot zeigt, wie viel Prozent der Kliniken akut von einer Insolvenz bedroht sind, grau steht für mittelfristig gefährdete Kliniken, blaue Kliniken sind nicht von einer Insolvenz bedroht. Noch schlechter als Rheinland-Pfalz und das Saarland, wo ein Viertel aller Krankenhäuser insolvenzgefährdet sind, steht nur Baden-Württemberg (29 Prozent) da.

Dem SWR teilte das RWI-Leibniz-Institut mit, "die kleinen Kliniken in beiden Ländern haben sich im Rating wesentlich stärker verschlechtert, als die größeren Kliniken". Vor allem denen machten deutlich gestiegene Kosten bei sinkenden Einnahmen zu schaffen, heißt es. Allein in Rheinland-Pfalz sind von den rund 100 Kliniken nach Mitteilung der Krankenhausgesellschaft 63 Kliniken kleine Häuser mit weniger als 200 Betten.

Experten: Negativer Trend dürfte sich fortsetzen

Der Trend, dass immer mehr Kliniken von der Insolvenz bedroht sind, wird sich voraussichtlich fortsetzen. Die Zahlen der Studie beziehen sich auf das Jahr 2021. Für das Jahr 2022 hatten in einer Umfrage kürzlich 65 Prozent der Klinikbetreiber in Rheinland-Pfalz angegeben, dass sie Verlust gemacht haben. Die Kliniken teilten mit, wenn es dabei bleibe, dass sie keine finanzielle Unterstützung vom Bund bekämen, würden in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr, also 2023, sogar mehr als 80 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen schreiben.

"Kleine Kliniken in RLP und im Saarland haben sich im Rating wesentlich stärker verschlechtert als die größeren Kliniken."

Etliche Klinikbetreiber lassen es gar nicht erst auf eine Insolvenz ankommen und schließen ihr Haus vorher. Wie das Gesundheitsministerium dem SWR auf Anfrage mitgeteilt hat, haben seit 2020 landesweit schon acht Krankenhäuser geschlossen beziehungsweise angekündigt zu schließen. Konkret geht es um die Krankenhäuser in Nassau, Ingelheim, Bendorf, St. Goar und Oberwesel sowie Adenau, Bad Ems und zuletzt Annweiler.

Vor allem kleine Kliniken betroffen

Was auffällt, es handelt sich in allen Fällen um kleine Kliniken. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung teilt dazu mit: Kleine Krankenhäuser hätten das Problem, dass sie die gleichen Abteilungen anbieten wie große – beispielsweise eine Geburtenstation, eine Chirurgie, eine Innere Medizin. Gleichzeitig hätten kleinere Häuser aber nicht genügend Patienten, um all diese Abteilungen finanzieren zu können.

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Diese Lage ist nicht neu. Schon vor der Corona-Pandemie ging es vor allem kleinen Krankenhäusern bundesweit und auch in Rheinland-Pfalz finanziell schlecht. Die Ursache - damals wie heute - ist nach Einschätzung von Experten, dass die Politik den Kliniken seit Jahren immer weniger Geld zugesteht.

Das Problem war aber während der Corona-Krise 2020 bis 2022 vorübergehend verschwunden, weil die Krankenhäuser mit Milliarden vom Bund unterstützt wurden. Seitdem diese Hilfen zunächst abgeschmolzen und 2022 dann ganz ausgelaufen sind, tauchen die alten Schwierigkeiten wieder auf.

Gründe: Inflation, Personalkosten und fehlende Fachkräfte

Außerdem sind etliche neue dazu gekommen: Deutlich gestiegene Preise für Gas, Öl und Strom. Die Inflation, die von Medikamenten über das Kantinenessen bis hin zur Wäscherei alles teurer macht. Höhere Gehälter für Klinikbeschäftigte nach dem Tarifabschluss im März. Und nicht zuletzt der Personalmangel in Krankenhäusern, der dazu führt, dass die Kliniken nicht mehr so viele Patienten behandeln können und damit weniger Geld verdienen. 

Heißt im Klartext: Auf der einen Seite sinken die Einnahmen, auf der anderen Seite steigen die Ausgaben drastisch. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, rufen die Krankenhäuser bundesweit und auch in Rheinland-Pfalz am kommenden Dienstag, 20. Juni, zu einem Protesttag auf.

Abhilfe soll die vom Bund geplante Krankenhausreform bringen. Sie soll im kommenden Jahr in Kraft treten. Derzeit gibt es dazu Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern. Das nächste Treffen dazu - an dem auch der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) teilnehme - ist nach Auskunft des Landesgesundheitsministeriums für den 29. Juni geplant. Es gehe darum, einen Referentenentwurf zu erarbeiten, heißt es.

Der gesamte "Krankenhaus Rating Report" wurde am Donnerstag in Berlin vorgestellt.

Krankenhausgesellschaft plant Aktionstag

Unterdessen liegt bereits die erste Reaktion auf die SWR-Berichterstattung zum Report vor: Die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz fordert vom Bund sofortige finanzielle Hilfen für Krankenhäuser. Die Zahlen seien alarmierend und zeigten, wie dramatisch die Lage in Rheinland-Pfalz sei. Um auf ihre Lage aufmerksam zu machen, planen die Krankenhäuser am kommenden Dienstag einen bundesweiten Aktionstag. 

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