Es wird immer schwieriger, Patienten nach abgeschlossener Krankenhausbehandlung adäquat unterzubringen, auch in Rheinland-Pfalz. Die "Langlieger" sind teuer und blockieren Betten.
Seit Anfang Juni liegt Gerhard Weber im Krankenhaus in Rodalben bei Pirmasens. Eigentlich hätte er nur kurz bleiben sollen, bevor es ins Altersheim geht. Dann aber der Schock: Der Sozialdienst des Krankenhauses findet für ihn keinen Pflegeheimplatz.
Der ehemalige Fernfahrer muss im Krankenhaus bleiben - ohne akuten medizinischen Grund. Für die Klinik gilt er als sogenannter Langlieger. Aus Tagen werden Wochen. Gerhard Weber kann nur warten. Für ihn eine schwere Zeit.
Gerhard Weber ist stark adipös. Für Pflegeheime bedeutet seine Unterbringung deshalb größeren Aufwand. Schließlich hält Gerhard Weber es nicht mehr aus, greift selbst zum Hörer. "Tagelang habe ich angerufen", sagt er - aber er habe nur Absagen bekommen. "Das war schon frustrierend, das war schlimm."
Insgesamt habe er gemeinsam mit dem Sozialdienst mehr als 150 Heime kontaktiert - aber alles erfolglos.
Pflegeheime werden "mit Anfragen überhäuft"
Das Problem ist, dass die Pflegeheime nicht die nötigen Kapazitäten haben. "Es gab schon Tage mit 30 Anfragen. Die kommen entweder übers Telefon oder per E-Mail oder über Portale", sagt Turid Ansorg vom Altenpflegeheim Haus Michael in Alzey. "Die meisten Akut-Anfragen müssen wir leider ablehnen, weil wir in der Regel nicht so viele Betten frei haben." Die Anfragen aus Krankenhäusern seien mehr geworden. Viele Heime seien aber einfach am Limit.
Dabei gibt es ein Konzept, das auch für Patienten vorgesehen ist, die nach einem Krankenhausaufenthalt weiter Pflege benötigen: die Kurzzeitpflege. Für kurze Zeiträume sollen Bedürftige dabei einen Platz im Pflegeheim bekommen - bis sie wieder nach Hause können oder einen dauerhaften Pflegeplatz erhalten. Krankenhäuser sollen so entlastet werden. Alle Menschen ab Pflegegrad 2 haben darauf Anspruch.
Die meisten Betten für Kurzzeitpflege nur "eingestreut"
Allerdings sind Betten für Kurzzeitpflege in den meisten Pflegeheimen "eingestreut". Das bedeutet, dass sie nicht fest für Kurzzeitpflege genutzt und freigehalten werden, sondern, wenn ein Bett zufällig frei ist. Und das ist in Rheinland-Pfalz bei 95 Prozent der Betten für Kurzzeitpflege so.
Die gesetzliche Pflegestatistik weise "zum letzten Erhebungszeitpunkt (15. Dezember 2021) 128 ausschließlich vorgehaltene und 2.943 eingestreute Kurzzeitpflegeplätze aus", teilte das rheinland-pfälzische Sozialministerium auf SWR-Anfrage mit. Aktuelle Zahlen würden Ende 2024 erwartet.
Kurzzeitpflege für Heime nicht profitabel
Aber: "Gerade aufwendigere Fälle hätten es oft schwerer, Plätze zu bekommen", erklärt Turid Ansorg. "Insbesondere in der Kurzzeitpflege." Hauptgrund sei, dass es viel zu wenige feste Plätze gebe. "Wir können einen gewissen Prozentsatz der Betten mit Kurzzeitpflege belegen. Aber wir haben keine Betten, die wir jetzt langfristig für die Kurzzeitpflege vorhalten."
Betten dauerhaft nur für Kurzzeitpflege freizuhalten, sei für Pflegeheime einfach nicht profitabel, heißt es. "Die Idee ist, dass eben keine Betten leer bleiben", sagt die rheinland-pfälzische Sozialministerin Dörte Schall (SPD). Das führe aber dazu, "dass, wenn die Einrichtung voll ist, eben kein Bett frei ist. Egal, ob das um Kurzzeitpflege oder um Dauerpflegeplätze geht."
Die Arbeits und Sozialministerkonferenz habe beim Bund eine bessere Lösung angemahnt, sagt Schall. Die Einrichtungen müssten eine Finanzierung dafür bekommen, dass sie Betten freihalten, um bei der Kurzzeitpflege besser reagieren zu können.
"Langlieger" blockieren Kliniken
So wie jetzt könne es jedenfalls nicht weitergehen, sagt auch Marcel Schäfer, Pflegedienstleiter der Klinik in Rodalben. Denn wenn Patienten wie Gerhard Weber keinen anschließenden Pflegeheimplatz bekommen, sei das auch für die Kliniken ein Problem.
"Die Folgen, wenn die Entlassungen nicht stattfinden können, sind, dass die Stationen überfüllt sind", erklärt Schäfer. Im schlimmsten Fall könne das bis zum Aufnahmestopp führen, "wenn eine Abteilung überfüllt ist". Das verursache zudem zusätzliche Kosten für die Krankenhäuser. Und die Zahl der Fälle werde zunehmen.
"Da haben wir ein Riesenproblem", sagt auch Martin Forster, der Geschäftsführer des Städtischen Krankenhauses Pirmasens. Die Krankenkassen würden die Versorgung nicht mehr finanzieren - die Patienten "bekommen sie aber nicht los, trotz aller Anstrengungen".
Zumindest für Gerhard Weber gibt es dann aber noch eine gute Nachricht. Nach dreieinhalb Monaten Klinik hat er endlichen einen Pflegeheimplatz gefunden - sogar einen dauerhaften.