Der Rhein-Hunsrück-Kreis hat die Straßenprostitution an der B327 bei Gödenroth verboten. Die Prostituierten stehen nun an anderer Stelle. Der Kreis spricht von einem Erfolg, geändert hat sich aber nichts.
Im März 2023 hat der Kreis Rhein-Hunsrück per Allgemeinverfügung die Straßenprostitution auf Teilen der Bundesstraße 327 bei Gödenroth verboten. Wie die Kreisverwaltung und die Polizei bestätigen, stehen Sexarbeiterinnen jetzt rund 20 Kilometer weiter bei Buchholz.
Kreis bezeichnet Allgemeinverfügung als Erfolg
Trotzdem bezeichnet der Kreis die Allgemeinverfügung als Erfolg. "Die Gefahren für den Straßenverkehr und die Gefahren für die Prostituierten liegen im Bereich der Allgemeinverfügung nicht mehr vor", sagt Monika Hardt, leitende staatliche Beamtin des Rhein-Hunsrück-Kreises und zuständig für den Bereich Ordnung.
Gefährdung des Straßenverkehrs Prostitution an einem Teil der Hunsrückhöhenstraße ist jetzt verboten
Der Rhein-Hunsrück-Kreis geht gegen Prostitution an der Bundesstraße 327 vor und hat ein Verbot ausgesprochen. Grund dafür sind zahlreiche Beschwerden.
Aber - auch am neuen Standort bei Buchholz fahren die Autos und Lkw mit bis zu 100 Kilometer pro Stunde an den Frauen vorbei. Diese sitzen in Campingstühlen unter Sonnenschirmen am Straßenrand. Eine von ihnen nickt auf die Frage, ob sie hier als Sexarbeiterin arbeite. Seit der Allgemeinverfügung habe sie ihren Standort gewechselt. Früher seien mehr Kunden gekommen. Mehr möchte sie nicht zum Thema sagen.
Polizei: Neuer Standort birgt die selben Gefahren für Prostituierte
Nach Angaben der Polizei haben sich die Gefahren am neuen Standort nicht geändert. Es ist dieselbe Straße, der gleiche Verkehr, dahinter ein Wäldchen. Wer halten möchte, muss schnell reagieren, um auf einen Schotterweg abzubiegen. Das kann für die nachfolgenden Autos gefährlich werden, genau wie am Standort bei Gödenroth.
Die Allgemeinverfügung sei ein gängiges Beispiel, wie momentan mit Prostitution umgegangen werde, sagt Christine Bangert von der Koblenzer Beratungsstelle für Prostituierte "Roxanne". Auf der einen Seite sei es legal. "Die Frauen sind angemeldet, sie zahlen Steuern, also brauchen sie auch einen Platz zum Arbeiten", sagt Bangert. "Auf der anderen Seite versucht man das Gewerbe immer mehr zu verdrängen."
Interessen der Prostituierten werden nicht berücksichtigt
Die Bopparder Menschenrechtsorganisation Solwodi e.V. teilt auf Anfrage dem SWR mit, eine Verdrängung helfe nur dem Teil der Gesellschaft, der Prostitution erlauben, aber zugleich unsichtbar halten möchte. Informationen über Hilfsangebote, die Frauen eine Alternative eröffneten, vermisst die Organisation in der Allgemeinverfügung. Stattdessen würde mit Bußgeldern gedroht.
Forderung: Sichere und saubere Arbeitsplätze für Prostituierte
Weder möchte jede Frau aus der Prostitution aussteigen, noch kann sie es. Wer auf der Straße Sex anbiete, arbeite oft an der Armutsgrenze, sagt Nicole Schulz, Vorstand im Bundesverband erotische und sexuelle Dienstleistungen, in dem sich Sexarbeitende selbst organisieren. "Auch Landkreise sollten über sichere Arbeitsplätze für Prostituierte nachdenken", sagt Schulz. Das könne ein geschütztes Gelände sein, auf dem es Duschen, Ruheräume und Hilfe im Notfall gebe.
Die Beratungsstelle Roxanne unterstützt diese Herangehensweise. Die Politik spreche häufig von Frauen- und Menschenrechten. "Dann könnte sich ein Landkreis auch fragen, ob es nicht angebracht wäre, dass Frauen unter sicheren Bedingungen arbeiten können", sagt Christine Bangert.
Kreis Rhein-Hunsrück weist Verantwortung von sich
Der Kreis Rhein-Hunsrück sieht sich hier nicht in der Verantwortung. "Es ist nicht Aufgabe des Kreises, Plätze anzubieten, an denen die Straßenprostitution stattfindet. Dafür sind wir nicht zuständig", sagt Monika Hardt. Die Adressen des Gesundheitsamtes und der Beratungsstelle Roxanne seien verteilt worden.
Ob der Kreis auch am neuen Standort die Prostitution verbieten werde, sei bisher offen, so Hardt. Es würden ständig Kontrollen durchgeführt.
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