Laut der bundesweiten Kriminalstatistik für 2022 erbeuteten Telefonbetrüger rund 20 Millionen Euro von ihren Opfern. Die Polizei Koblenz hat bei einer Infoveranstaltung erklärt, wie man sich schützen kann.
Immer wieder legen Trickbetrüger Menschen durch Betrugsmaschen am Telefon herein. Und immer wieder bringen sie ihre Opfer dazu, ihnen hohe Geldsummen oder andere Wertgegenstände auszuhändigen.
Oft emotionaler Ausnahmezustand zu Beginn des Schockanrufs
So passiere es oft, dass direkt beim Annehmen des Gesprächs jemand schreiend und schluchzend zu hören sei, so Kriminaloberkommissarin Carolin Blum. Sie ist im Polizeipräsidium Koblenz zuständig für Präventionsarbeit. Und sobald man darauf eingehe, übernehme ein Fake-Polizist oder Fake-Staatsanwalt das Gespräch.
Bei der Infoveranstaltung in Koblenz erklärt die Kriminaloberkommissarin den rund 80 Teilnehmern, die Täter spielten ganz gezielt mit den Emotionen und Ängsten ihrer Opfer, indem sie ihnen vormachten, ein naher Angehöriger befinde sich in Not.
Bei der Masche Schockanruf behaupten die Betrüger demnach oft, der Angehörige habe bei einem Autounfall einen Menschen getötet und müsse nun in Untersuchungshaft - es sei denn, das Opfer zahle Kaution für ihn. Spätestens da sollten die Alarmglocken klingeln.
Opfer haben lange mit den Folgen zu kämpfen
Bei der Infoveranstaltung der Koblenzer Polizei zum Thema Schockanruf sprach auch eine Betroffene. Sie erklärte, der emotionale Druck sei in so einer Situation wahnsinnig groß. Besonders schlimm sei für sie gewesen, als ihr vermeintlicher Sohn mit ihr am Telefon sprach: "Er hat fürchterlich laut geschrien und war verzweifelt. Es war fürchterlich. Ich habe gedacht, sein Leben ist kaputt.“ Auch heute, ein Jahr später, leide sie noch immer an Albträumen, erklärte sie dem SWR sichtlich emotional.
Täter üben massiven Druck auf ihre Opfer aus
Polizistin Blum erklärt, das läge an dem enormen psychischen Druck, den die Täter aufbauten. Die Gespräche würden teilweise vier bis fünf Stunden lang ununterbrochen am Laufen gehalten, um die Opfer zu kontrollieren. Durch diesen Stress setze dann das logische Denken aus. Und dann bezahlten eben einige auch.
Im Nachhinein schämten sich dann viele Opfer, dass sie den Betrügern geglaubt hätten. Blum sagt, es gebe keinen Grund zur Scham: "Das passiert Menschen aus allen Berufsständen und jeder Altersklasse. Das hat nichts mit Dummheit zu tun, das ist einfach unsere Menschlichkeit." Auch informierte Bürger könnten Opfer werden.
Telefonbetrüger arbeiten äußerst professionell
Tatsächlich arbeiten die Täter nach Angaben der Kriminalpolizei äußert professionell und geschickt. Das beschrieb auch eine Betroffene bei der Infoveranstaltung in Koblenz: Gleich mehrere Täter hätten am Telefon mit ihr gesprochen. Auch im Hintergrund seien Geräusche zu hören gewesen, die den Eindruck erweckten, es handele sich um ein Polizeirevier.
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An die Täter heranzukommen sei aber gar nicht mal so einfach, erklärt Blum. Denn die Trickbetrüger holten das Geld oder die Wertgegenstände nicht selbst bei ihren Opfern ab. Sie säßen entfernt vom Ort des Geschehens, teilweise sogar im Ausland.
Die Abholer zu erwischen, sei dagegen einfacher. Aber damit träfe man oft nicht die Richtigen, sagt die Kriminaloberkommissarin: "Hin und wieder ist es so, dass die Abholer selber nicht wissen, was sie da tun. Häufig werden sie auch über Internetplattformen unter Vorwänden beauftragt, etwas abzuholen. Sie sind die Kleinsten in der Kette. Und die Großen, die sitzen häufig ganz weit im Verborgenen."
Empfohlene Schutzmaßnahmen gegen Schockanrufe
Ein Bündnis aus Polizei, der Initiative "Sicherheit in unserer Stadt" des Ordnungsamts und der Opferschutzverein "Der weiße Ring" appellieren bei der Infoveranstaltung in Koblenz, mehr Skepsis am Telefon zu haben. Anrufe von unbekannten Nummern sollten nicht angenommen werden. Stattdessen solle man lieber Anrufbeantworter oder Mailbox einschalten.
Die Polizei wies darauf hin, dass sie weder die 110 nutze, um anzurufen, noch Geld am Telefon einfordere. Beides seien untrügliche Zeichen, dass man es mit Betrügern zu tun habe. Denn oft gäben sich diese am Telefon als Amtsträger aus - zum Beispiel als Polizisten, Staatsanwälte oder Gerichtsvollzieher.
Carolin Blum empfahl zudem, Telefonbucheinträge zu löschen oder wenigstens kürzen zu lassen. Täter suchten oft gezielt nach kurzen Rufnummern, altmodischen Vornamen und akademischen Titeln. Sie hätten es also verstärkt auf ältere Menschen abgesehen. Von dieser Personengruppe versprächen sie sich offenbar höhere Geldsummen und weniger Skepsis am Telefon.