Am Landgericht Koblenz muss sich ein ehemaliger Präsident der verbotenen Rockergruppe Hells Angels Bonn verantworten. Am zweiten Prozesstag sagte ein LKA-Ermittler gegen den Mann aus.
Der Ermittler des Landeskriminalamtes sagte im Zeugenstand: Die Rocker hätten Gebietsansprüche unter anderem im nördlichen Rheinland-Pfalz schon während der Präsidentschaftszeit des Angeklagten - in den Jahren 2012 und 2013 - mit Gewalt und Bedrohungen durchgesetzt. Allerdings sei die Gruppe später noch gewalttätiger vorgegangen.
Angeklagter Anfang 2014 von Rockern entmachtet
Nach Aussagen des Ermittlers wurde der 67-jährige Angeklagte im Januar 2014 bei den Hells Angels Bonn rausgeworfen. Die Rocker hätten ihrem damaligen Chef Untreue vorgeworfen. Das gehe aus abgehörten Telefongesprächen hervor.
Erst unter einer neuen Leitung habe das Bonner Chapter mehr Gewalt angewendet. Zum Beispiel sei es danach auch zu Überfällen gegen die Rockergruppe "Outlaws" gekommen.
Anwalt: Keine Kriminelle Vereinigung während der Präsidentschaft
Dem Angeklagten werden neben der Mitgliedschaft in der inzwischen verbotenen Gruppierung auch Körperverletzung, Nötigung und Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen.
Verteidiger Harry Völker bezweifelte vor Gericht, dass sein Mandant wirklich Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewesen sei. Er sei zwar bis Januar 2014 Präsident der Rockergruppe gewesen, danach sei er aber ausgeschieden.
Die Taten, die damals maßgeblich dafür gewesen seien, dass die Hells Angels Bonn als kriminellen Vereinigung eingestuft wurden, seien erst danach begangen worden.
Die weiteren Straftaten, die seinem Mandaten vorgeworfen würden, seien im Vergleich zu anderen Verfahren gegen Rocker nicht besonders schlimm, sagte Verteidiger Völker: "So ein paar auf's Maul, das ist unter Rockern normal."
Gruppe war auch im nördlichen Rheinland-Pfalz aktiv
Laut Anklage sind die Hells Angels Bonn zwischen Mai 2013 und April 2015 im Großraum Bonn, dem vorderen Westerwald und dem nördlichen Rheinland-Pfalz aktiv gewesen. Die Gruppe hatte ihr Vereinsheim demnach in Neustadt (Wied) im Kreis Neuwied.
Die Staatsanwaltschaft beschreibt in der Anklage auch, wie die Hells Angels Bonn ihre Macht in der Rockerszene ausgeübt haben sollen. Wollten sich zum Beispiel andere Motorradclubs in ihrem Gebiet gründen, hätten diese um Erlaubnis fragen und sich den Hells Angels unterordnen müssen. Dies sei mit Gewalt und Einschüchterungen durchgesetzt worden.
Polizei gründete für Ermittlungen eigenen Motorradclub
Um die Strukturen und den Machtanspruch der Hells Angels Bonn zu ermitteln, hatte das LKA Rheinland-Pfalz laut Anklage damals zum Schein einen eigenen Motorradclub gegründet, den "MC Schnelles Helles", dessen Farben und Emblem dem der Hells Angels sehr ähnlich waren.
Durch einen Kontakt zu einem in der Szene bekannten Hersteller von Kutten hatten die Hells Angels davon erfahren und dem LKA ihren Machtanspruch ausrichten lassen.
Acht weitere Mitglieder bereits 2018 verurteilt
Das Verfahren gegen den 67-Jährigen war laut Gericht im Jahr 2016 aus dem Hauptverfahren ausgegliedert worden. 2018 seien acht weitere Mitglieder der Gruppe bereits wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und weiterer Straftaten wie Körperverletzung teilweise zu Haftstrafen verurteilt worden. Sie hätten daraufhin Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof habe die Schuldsprüche des Landgerichts Koblenz im Jahr 2021 aber größtenteils bestätigt.
Bundesinnenminister hatte Hells Angels Bonn 2016 verboten
Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte den Bonner Chapter der Hells Angels im November 2016 verboten. Bereits zuvor, im März 2016, hatte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) die Gruppe verboten.
Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hatte allerdings damals das vom Land ausgesprochene Verbot aus formalen Gründen aufgehoben, da das Land nicht zuständig gewesen sei. 2018 hatte das Bundesverwaltungsgericht das vom Bund ausgesprochene Verbot bestätigt.