Heidi Wiese mit Huhn auf dem Arm

Spendenaufruf bringt rund 25.000 Euro

Kopfschuss-Opfer aus Breitscheid konnte Kosten für ihre Tiere nicht zahlen

Stand
Autor/in
Kathrin Freisberg
Foto von Reporterin Kathrin Freisberg unterwegs in der Region Koblenz

Noch immer leiden Heidi Wiese und ihre Mutter an den Folgen einer Schuss-Attacke. Dann der nächste Schock für die Frauen aus Breitscheid: eine Tierheim-Rechnung über 10.400 Euro. Doch Dank einer Spendenaktion im Internet können die beiden jetzt aufatmen.

Der 30. September 2022 hat Heidi Wieses Leben radikal verändert. An dem Tag schoss ein Nachbar auf sie und ihre Mutter - der mutmaßliche Täter tötete sich selbst. Heidi Wiese wurde bei dem Angriff am Kopf getroffen. Monatelang lag sie im Krankenhaus. Die erste Zeit habe sie nicht sprechen können, erzählt sie, weil sie über einen Schlauch in der Luftröhre künstlich beatmet wurde: "Ich konnte auch nicht sitzen, habe wie ein Baby hin und her gewackelt. Ich bin sogar nach hinten umgefallen."

Das Opfer der Schüsse in Breitscheid in der Reha
Heidi Wiese kämpft sich nach dem Kopfschuss zurück ins Leben.

Heidi Wiese wird weiter in Reha-Klinik behandelt

Dank vieler Therapien geht es der 35-Jährigen jetzt besser. Gesund ist sie aber noch lange nicht. Sie ist halbseitig gelähmt, sitzt im Rollstuhl, kann das rechte Augenlid nicht öffnen. Noch immer wird sie in einer Reha-Klinik behandelt.

"Vor der Schuss-Attacke waren wir eine glückliche Familie, gemeinsam mit unseren Tieren."

Vor dem Angriff habe sie glücklich in einem Haus in Breitscheid im Kreis Neuwied gelebt, sagt sie - zusammen mit ihrer Mutter, vier Hunden, einer Katze, Enten und Hühnern. Im Gespräch wird deutlich, wie viel die Tiere ihr bedeuten: "Sie sind wie meine Kinder. Vor allem das Geflügel im Garten. Wenn ich gerufen habe, dann kamen die Hühner und Enten angerannt."

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Auch ihre Mutter wurde durch die Schuss-Attacke schwer verletzt und musste ins Krankenhaus. Die 35 Tiere wurden daraufhin vom Veterinäramt des Kreises Neuwied im Tierheim untergebracht. Das sei auch gut so gewesen, sagt Heidi Wiese. Sie und ihre Mutter seien froh gewesen, dass die Tiere gut versorgt wurden.

"Man hat Angst, dass irgendwann der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Oder das Haus in die Zwangsversteigerung kommt."

Kreis stellt Rechnung für Tiere über 10.400 Euro

Kürzlich kam dann aber der Schock für die beiden Frauen: Eine Rechnung der Kreisverwaltung per Post - unter anderem für Futter und Tierarztkosten in Höhe von 10.400 Euro.

Heidi Wiese und ihre Mutter konnten diese Summe zunächst nicht selbst aufbringen. Sie hatten nach eigenen Angaben große Existenzängste: "Man hat Angst, dass irgendwann der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Oder das Haus in die Zwangsversteigerung kommt," sagte Wiese noch in der vergangenen Woche.

Heidi Wiese mit einem ihrer Schäferhunde
Heidi Wiese aus Breitscheid vor der Attacke mit einem ihrer Schäferhunde.

Kreisverwaltung kann Schulden aus rechtlichen Gründen nicht erlassen

Die 35-Jährige hoffte zunächst, dass der Kreis die Schulden erlassen könnte. Das sei aber nicht möglich, erklärte ein Sprecher der Kreisverwaltung. In einer schriftlichen Antwort hieß es: "Zur Kostentragung für behördliche Handlungen herangezogen zu werden, hat nichts mit persönlicher Schuld zu tun. In vielen Situationen trägt man eine mit Kosten verbundene Verantwortung, ohne ein Schadensereignis verschuldet zu haben. 'Ich kann doch nichts dafür' kann von einem Tierhalter einer berechtigten Kostenforderung nicht entgegengehalten werden. Auf die Kostenforderung zu verzichten, wäre rechtswidrig."

Heidi Wiese und ihre Mutter legten gegen den Kostenbescheid Widerspruch ein. Ob dem Widerspruch stattgegeben wird, muss laut Verwaltung der Kreisrechtsausschuss entscheiden.

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"Sie können sich nicht vorstellen, was uns das bedeutet. Es ist absolut überwältigend und erleichternd."

Spendenaufruf im Internet bringt rund 25.000 Euro

In ihrer Verzweiflung startete Heidi Weise auf der Internet-Plattform GoFundMe eine Spendenaktion. Dieser Versuch sei ihr letzter Strohhalm gewesen, das Geld für die Tiere doch noch aufzubringen, sagt die 35-Jährige. Und der Aufruf funktionierte tatsächlich besser als erwartet.

In den ersten Tagen kamen bei der Spendenaktion bereits rund 25.000 Euro von mehr als 600 Spendern zusammen. Heidi Wiese ist glücklich und dankbar: "Sie können sich nicht vorstellen, was uns das bedeutet. Es ist absolut überwältigend und erleichternd. Man hat wirklich viele Ängste, die bis zur Obdachlosigkeit reichen. Und dass diese Sorge jetzt aus der Welt geschafft ist, das fühlt sich unglaublich gut an."

"Ich will mein Leben wieder haben, mit unseren Tieren."

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Mittlerweile leben wieder drei Hunde und die Katze bei ihrer Mutter in Breitscheid. Heidi Wiese soll Ende August aus der Reha entlassen werden und wieder nach Hause kommen.

Für sie steht fest: Trotz aller Schicksalsschläge will sie nicht aufgeben und wieder so gesund wie möglich werden: "Ich will mein Leben wieder haben, mit unseren Tieren. Wir waren eine glückliche und zufriedene Familie. Und das soll wieder so werden."

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