Aktuell müssen Kranke mehrere Stunden lang vor Bereitschaftspraxen auf ihre Untersuchung warten. Besserung sei erstmal nicht in Sicht, sagt ein Mediziner.
Grippewelle, Erkältungen und teilweise auch Magen-Darm-Infekte. In diesem Winter kommt viel auf einmal zusammen, sagt der Mediziner Bernd Klamm. Er arbeitet beim ärztlichen Bereitschaftsdienst in Kirchen, Hachenburg und Altenkirchen. "Nach Corona sind alle empfänglicher für Infekte. Das zeigt sich bei den Bereitschaftspraxen.“
Ob Hachenburg, Montabaur oder Koblenz: Vor den Türen der Bereitschaftspraxen stehen die Menschen Schlange. Am Mittwoch waren in Kirchen rund 100 erwachsene Patienten, so Klamm. Auch die Kollegen aus Hachenburg hätten ihm bereits von großem Andrang berichtet.
Fast zehnmal soviel Patienten in Koblenz wie üblich
Das liege vor allem auch daran, dass die Bereitschaftspraxis in Altenkirchen im Moment nicht besetzt sei und zwischen den Jahren viele Hausärzte geschlossen hätten. In Koblenz spricht die Kassenärztliche Vereinigung (KV) von 1.000 Patienten zwischen dem 23. und 27. Dezember. Sonst seien es pro Tag im Schnitt 37.
Lange Wartezeiten für Patienten - aber oft Verständnis
Das heißt auch dort lange Wartezeiten. Viele Patientinnen und Patienten standen am Mittwochnachmittag vor der ärztlichen Bereitschaftspraxis am Kemperhof in Koblenz über zwei Stunden an. Einige erzählten sogar, dass sie schon vormittags da waren. Sie wurden aber wieder weggeschickt, weil es zu voll war. Bei der kleinen SWR-Umfrage zeigten jedoch einige Patienten auch Verständnis bei den langen Wartezeiten.
Ärger über wenig Informationen der Hausarztpraxen
Die Wartenden ärgern sich vor allem über den Mangel an Information. "Viele Arztpraxen haben online nicht mal angegeben, dass sie geschlossen haben. Und da steht man dann vor verschlossenen Türen", erzählt eine Patientin. Ein anderer Patient erzählt, er habe bei zwanzig verschiedenen Arztpraxen angerufen. Dabei habe er entweder niemanden erreicht oder er sei nur an die ärztliche Bereitschaftspraxis verwiesen worden.
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Mediziner kritisiert Patientenservice 116 117
Die Kassenärztliche Vereinigung rät dazu, im ersten Schritt den Patientenservice unter der 116 117 anzurufen. Hier würden Patientinnen und Patienten telefonisch ersteingeschätzt, dadurch entfalle auch oft der Besuch bei einer Bereitschaftspraxis, so die KV.
Bereitschaftsmediziner Klamm kritisiert jedoch, dass bei der Hotline häufig Laien arbeiten würden und die Gespräche viel zu lange dauerten, weil ein kompletter Fragenkatalog abgearbeitet würde. "Wenn da ein Patient anruft, weil er kein Wasser lassen kann, dann wird er trotzdem gefragt, ob er Blut im Urin hat. Das passt doch gar nicht zusammen“, erklärt der Mediziner an einem Beispiel. "Teilweise geht da auch niemand ran“, so Klamm weiter.
Wahrscheinlich weiterhin großer Andrang bis in neue Jahr
Auch für Silvester erwartet der Berietschftsmediziner aus dem Westerwald, Klamm, wieder volle Bereitschaftspraxen. Erfahrungsgemäß sei das die letzten Jahre immer so gewesen. Oft lasse der Andrang dann ab 16 oder 17 Uhr nach. Für silvestertypische Verletzungen, etwa durch Böller, sei dann auch die Notfallambulanz im Krankenhaus zuständig, nicht der ärztliche Bereitschaftsdienst.
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