Stadt hat erstmals eine Queerbeauftragte

Nadja Roeder will die Welt für queere Menschen in Kaiserslautern besser machen

Stand
Autor/in
Sebastian Zobel
Bild von Sebastian Zobel, Redakteur im SWR Studio Kaiserslautern

Seit April hat Kaiserslautern zum ersten Mal eine Queerbeauftragte. Nadja Roeder übernimmt das Amt für drei Jahre ehrenamtlich. Sie hat sich vorgenommen, ein Sprachrohr für queere Menschen zu sein.

Lange hatte sich die queere Community in Kaiserslautern eine Person gewünscht, die sich für ihre Belange einsetzt. Auch das Jugendparlament hatte sich mehrfach dafür stark gemacht. Seit dem 1. April ist mit Nadja Roeder die erste Queerbeauftragte in Kaiserslautern im Amt. Sie sieht es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, ansprechbar zu sein: "Ich möchte, dass die Menschen sich sicher fühlen bei mir und ihre Probleme an mich herantragen können."

Außerdem will sie der Queer-Community eine Stimme geben und ihr Sprachrohr sein, zum Beispiel auch im Stadtrat, in dem sie ein Rederecht hat. Einmal im Jahr muss die Queerbeauftragte einen Rechenschaftsbericht über ihre Arbeit ablegen. Nadja Roeder ist gelernte Verwaltungsfachangestellte und hat selbst bei der Stadt Kaiserslautern gearbeitet. Die 24-Jährige will sich für gendersensible Sprache bei der Stadtverwaltung einsetzen, auch wenn sie aus eigener Erfahrung weiß, dass das nicht immer ganz einfach ist.

Als Queerbeauftragte muss man mit Gegenwind rechnen

Nadja Roeder ist davon überzeugt, dass sie als Queerbeauftragte besondere Anforderungen erfüllen muss. Dazu gehörten Toleranz und das Gespür für das Selbstverständnis der Queeren-Community. Außerdem müsse man ihrer Meinung nach redegewandt sein und sich präsentieren können: "Und man muss dem Wind in der Debatte standhalten können."

Diesen Gegenwind hat Nadja Roeder gleich bei ihrem Amtsantritt zu spüren bekommen. In zahlreichen Kommentaren in den Sozialen Medien wurde ihr Job als Queerbeauftragte in Frage gestellt und teilweise heftig kritisiert. Einer der Vorwürfe: Es gebe wichtigere Dinge, für die die klamme Stadt Kaiserslautern Geld ausgeben könnte.

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Queerbeauftragte macht ihren Job ehrenamtlich

Besonders viel Geld nimmt die Stadt Kaiserslautern für die Queerbeauftragte allerdings gar nicht in die Hand. Nadja Roeder macht den Job ehrenamtlich und erhält dafür lediglich eine Aufwandsentschädigung von 300 Euro im Monat. "Es ist ein Ehrenamt, es sichert nicht meine Existenz", stellt Roeder klar.

Ursprünglich hatten sich die Initiatoren wie das Jugendparlament und die queeren Vereine der Stadt erhofft, dass der Job zumindest als Teilzeitstelle ausgeschrieben wird. Doch dafür ist bei der Stadt kein Geld da.

"Meine Botschaft an queere Menschen ist: Ihr seid gut so wie ihr seid und ich hoffe, dass ich hier in Kaiserslautern die Welt für euch ein Stückchen besser machen kann."

Kaiserslautern soll ein queeres Zentrum bekommen

Nadja Roeder hat sich viel vorgenommen. Sie plant einen eigenen Auftritt bei Social Media und will Kitas, Schulen und die Universität besuchen, um sich anzuschauen, wie Diversität dort gelebt wird. Außerdem steht sie bereits in Kontakt mit dem Seniorenbeirat, weil es ihr ein wichtiges Anliegen ist, dass auch ältere Menschen sich mitgenommen fühlen. Schließlich seien queere Themen nicht nur etwas für junge sondern auch für ältere Menschen.

In naher Zukunft plant Nadja Roeder ein Treffen mit allen queeren Organisationen und Unterstützern, bei dem gemeinsame Ziele festgelegt werden. Ein großer Wunsch: Damit die Queer-Community eine feste Anlaufstelle in der Stadt hat, soll Kaiserslautern ein queeres Zentrum bekommen. "Das will ich unbedingt unterstützen", betont Roeder.

Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, hat sich vor wenigen Wochen ein Verein gegründet. In der Anfangsphase geht es vor allem darum, die Möglichkeiten der Finanzierung zu klären und so eventuell auch von Zuschüssen profitieren zu können. Gesucht wird dann im nächsten Schritt nach einer geeigneten Location. Wer sich in dem Verein engagieren möchte, kann sich per E-Mail an die Vereinsmitglieder wenden.

Queer-feministischer Stammtisch in Kaiserslautern feiert Geburtstag

Zu ihrem Amtsantritt stattete Nadja Roeder dem queer-feministischen Stammtisch einen Besuch ab. Die "Queerulantinnen" treffen sich an jedem zweiten Donnerstag im Monat im Kulturraum Krümmer. Den Stammtisch gibt es jetzt seit einem Jahr. Ins Leben gerufen wurde er von der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt, der evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft und der Beratungsstelle pro Familia.

Beim queer-feministischen Stammtisch der "Queerulantinnen" treffen sich einmal im Monat Menschen aus der Community.
Beim queer-feministischen Stammtisch der "Queerulantinnen" treffen sich einmal im Monat Menschen aus der Community.

Pro familia bietet unter anderem fachliche Beratungen zum Thema Coming Out und geschlechtliche Identität an. Geschäftsführer Torsten Wilhelm ist überzeugt davon, dass die queere Comunity durch Nadja Roeder sichtbarer wird: "Die Schriftstellerin Carolin Imke hat mal gesagt, dass die stärkste Form von Ausgrenzung, Diskriminierung und Missachtung ist, dass man nicht gesehen wird. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass queere Menschen jetzt stellvertretend durch Nadja gesehen werden können." Das könne diese Menschen im Alltag sichtbar machen und dazu führen, dass sie das Gefühl hätten, dazu zugehören.

"Nadja Roeder ist jetzt ein Aushängeschild, das die queere Welt in Kaiserslautern hat und dringend braucht."

Nadja Roeder - dringend benötigtes Aushängeschild der queeren Community

Pfarrerin Claudia Kettering ist ebenfalls eine der Initiatorinnen des queer-feministischen Stammtischs: "Es ist ungeheuer wichtig, dass jeder Mensch so leben kann, wie es diesem Menschen entspricht. In aller Freiheit, Sicherheit und Würde. Das ist mir als Mensch und als christliche Person wichtig. Da leben wir immer noch in einer Gesellschaft mit vielfältigen Diskriminierungen. Nadja Roeder ist jetzt ein Aushängeschild, das die queere Welt in Kaiserslautern hat und dringend braucht."

Beim queer-feministischen Stammtisch ist auch Kyra regelmäßig dabei. Sie sitzt im Vorstand von "Lauter Regenbogen", einem queeren Verein in Kaiserslautern. Dass die Stadt jetzt eine Queerbeauftragte hat, ist für sie auch ein wichtiger Schritt hin zu mehr Verständnis in der Gesellschaft. "Ich glaube, dass dadurch schon viel mehr Sichtbarkeit bei Menschen geschaffen wird, die nicht wissen, was die queere Szene ist."

Queere Menschen werden immer wieder angefeindet

Kyra berichtet davon, dass sie sich als queerer Mensch in Kaiserslautern nicht immer wohl fühlt: "Ich bin noch in der privilegierten Position, dass man es mir nicht unbedingt ansieht, dass ich queer bin. Aber wenn jetzt zum Beispiel ein Fußballspiel ist, fühle ich mich nicht wohl. Wenn ich viele betrunkene Menschen auf einmal sehe, bin ich unsicher und weiß nicht genau, wie sehr ich mich gerade zeigen möchte."

Es komme auch immer wieder vor, dass queere Menschen offen angefeindet und angegangen würden. Beispielsweise, wenn Vertreter des queeren Vereins mit einem Infostand in der Stadt präsent sind. Dieses Problem kennt auch die Queerbeauftragte Nadja Roeder. Sie hat deshalb eine wichtige Botschaft an die queere Menschen in Kaiserslautern: "Lasst euch nicht unter Druck setzen. Ihr müsst euch nicht labeln und euch keinen Zettel auf die Stirn kleben. Ihr seid gut so wie ihr seid und ich hoffe, dass ich hier in Kaiserslautern die Welt für euch ein Stückchen besser machen kann."