Im Prozess um die mutmaßlichen Polizistenmorde von Kusel fordert die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe für den Hauptangeklagten. Die Plädoyers hatten sich am Dienstag um Stunden verzögert.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Hauptangeklagte Andreas S. Ende Januar an einer Landstraße bei Ulmet im Kreis Kusel bei einer Polizeikontrolle erst eine 24-jährige Polizeianwärterin und dann einen 29-jährigen Polizeioberkommissar ermordet hat. Der Staatsanwalt sprach in seinem Plädoyer von einer Hinrichtung. Der Angeklagte habe mit der Tat seine Wilderei vertuschen wollen.
Für die Wilderei forderte die Staatsanwaltschaft zusätzlich ein Jahr und sechs Monate Haft. Gleichzeitig geht sie von einer besonderen Schwere der Schuld aus. Das würde eine vorzeitige Haftentlassung praktisch ausschließen.
Staatsanwaltschaft Kaiserslautern: Keine Haftstrafe für Florian V.
Der Mitangeklagte Florian V. ist laut Plädoyer der Staatsanwaltschaft der Wilderei schuldig. Allerdings forderte der Staatsanwalt keine Strafe, weil in diesem Fall eine "Kronzeugenregelung" Anwendung finden könne. V. habe durch seine umfangreichen Aussagen zur Aufklärung beigetragen. Der Mitangeklagte sei "ein seit Jahren planlos in den Tag lebender Kiffer, der als Leih- und Hilfsarbeiter brauchbar ist, solange man ihm sagt, was er zu tun hat." Den Antrag auf Verurteilung wegen Strafvereitelung hatte die Staatsanwaltschaft schon vorher zurückgezogen.
Verteidigung des Mitangeklagten von Kusel schließt sich Staatsanwaltschaft an
Die Anwälte des Mitangeklagten Florian V. schlossen sich in ihrem Plädoyer dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Von einer Strafe sei abzusehen, da V. zur Aufklärung des Falls maßgeblich beigetragen habe. In Bezug auf die Wilderei sei Florian V. außerdem nur ein Gehilfe gewesen, kein Mittäter.
Verteidigung des Hauptangeklagten spricht von Körperverletzung mit Todesfolge
Die Verteidiger des Hauptangeklagten Andreas S. konzentrierten sich in ihrem Plädoyer darauf, aus ihrer Sicht bestehende Verfahrens- und Ermittlungsfehler aufzuzeigen. Außerdem versuchten sie, die Glaubwürdigkeit des Mitangeklagten Florian V. in Frage zu stellen. Man habe sich zu sehr auf die "Wahrheit" des Mitangeklagten verlassen, Widersprüche seien einfach weggewischt worden.
Ihr Mandant Andreas S. habe jederzeit gezeigt, dass er willens sei, den Fall objektiv aufzuklären. S. habe offene Fragen in Zeugen- und Gutachteraussagen selbst aufgeklärt - durch akribische und detailgetreue Aufarbeitung der Akten. Die Verteidigung verzichtete darauf, ein Strafmaß zu benennen. Man könne Andreas S. maximal Körperverletzung mit Todesfolge anlasten. Ein Mord lasse sich in beiden Fällen nicht nachweisen.
Nebenklage: Schwere der Schuld anerkennen und Sicherungsverwahrung
Auch die Nebenklage forderte in ihrem Plädoyer eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Hauptangeklagten - mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld . Andreas S. habe die Polizisten getötet, wie er normalerweise Wild erlegt habe, sagte der Anwalt der Angehörigen der getöteten Polizistin in seinem Plädoyer. "Seine Kompromisslosigkeit und Brutalität sind nicht zu überbieten". Weil der Hauptangeklagte eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle, forderte der Anwalt Sicherungsverwahrung.
Eine lebenslange Haftstrafe mit Anerkennung der besonderen Schwere der Schuld forderte auch der Anwalt der Familie des getöteten Polizisten für den Hauptangeklagten Andreas S. Die Tat sei "die Tat eines Versagers als bisheriger Höhepunkt seines Lebens." Für den Mitangeklagten Florian V. forderte der Anwalt eine zweijährige Bewährungsstrafe wegen gewerbsmäßiger Wilderei.
Letzte Worte der Angeklagten
Die letzten Worte an diesem Prozesstag gehörten den Angeklagten. Andreas S. verwies in seinem über zwei Stunden dauernden Vortrag nochmal auf Unstimmigkeiten, die es seiner Ansicht nach in der Verhandlung gegeben habe. An den Staatsanwalt gerichtet sagte er, er habe mit einer Haftstrafe von vier Jahren für Wilderei gerechnet. Und dafür bringe er nicht zwei Menschen um.
Andreas S. wörtlich: "Es sollte in einem Gerichtsverfahren nicht darum gehen, ein Exempel an einem Mann zu statuieren. Dies entspricht nicht den Grundsätzen eines Rechtsstaates, sondern den Machenschaften eines autoritär geführten Staates." S. entschuldigte sich bei den Angehörigen der Opfer, dass er V. eine Waffe gegeben habe und den Polizisten erschossen habe, um sich selbst zu schützen.
Befangenheitsantrag gegen Vorsitzenden Richter abgelehnt
Der Prozesstag vor dem Landgericht Kaiserslautern hatte mit einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter begonnen. Der Verteidiger des Hauptangeklagten Andreas S. sagte, dieser habe keine neutrale, unvoreingenommene Haltung mehr. Grund sei, dass derselbe Richter in einem anderen Prozess Fragen an einen Mithäftling gestellt habe zu einem Thema, das im laufenden Polizistenmordprozess zuvor besprochen wurde. Der Antrag wurde aber als unbegründet abgewiesen.
Angeklagte beschuldigen sich gegenseitig
Seit Beginn des Prozesses beschuldigen sich die beiden Angeklagten vor dem Landgericht Kaiserslautern gegenseitig, das Feuer auf die Polizisten eröffnet zu haben. Wie das Gericht entscheidet, wird erst nächste Woche bei der Urteilsverkündung bekannt.
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