Von heute an ist die Ortsdurchfahrt in Lohnsfeld wegen Asphaltarbeiten mehr als fünf Wochen lang nicht befahrbar. Es ist nicht die erste Vollsperrung der Landesstraße 401 in jüngster Zeit. Das trifft gerade die Unternehmen hart. Ein Besuch vor Ort.
Angela Hörhammer muss erst einmal schlucken. Wo sie noch immer die Energie hernimmt? "Ganz ehrlich", setzt sie an - und ergänzt: "Wir haben keine Energie mehr. Wir gehen auf dem Zahnfleisch, schlafen nachts nicht mehr." Doch aufgeben, das wollen Angela Hörhammer und ihr Mann Michael nicht.
Trotz so vieler Rückschläge blicken sie nach vorne. Eigentlich sollte ja auch alles so schön sein: 2018 übernahmen die beiden die etwas außerhalb von Lohnsfeld im Donnersbergkreis gelegene Bäckerei von ihrem Vater an der Landesstraße 401. Ein Traditionsunternehmen. Die Hörhammers investieren, modernisieren, haben viele Ideen.
Brand im Backofen kurz nach Geschäftsübernahme
Doch kurz nach dem Start bricht ein Feuer in einem Backofen aus. Beide lassen sich davon nicht unterkriegen. Sie setzen so manche Idee in die Tat um, etwa den Ausbau der Terrasse. Dann kommt Corona. Und schließlich flattert im November 2021 eine weitere Hiobsbotschaft ins Haus: der Neubau eines Rad- und Gehweges im Laufe des Jahres 2022. Über diesen freuen sich Hörhammers prinzipiell zwar sehr, doch die Arbeiten sollen verbunden mit dem Ausbau der Ortsdurchfahrt Lohnsfeld eine mehrmonatige Sperrung zur Folge haben.
Hoffnung auf halbseitige Sperrung zerschlägt sich im Donnersbergkreis
Gerade, als es endlich läuft, kommt nun die nächste Vollbremsung. Michael Hörhammer schließt sich mit weiteren Gewerbetreibenden entlang der Landesstraße 401 in Lohnsfeld und dem benachbarten Wartenberg-Rohrbach kurz. "Wir sind insgesamt 17 Unternehmer, die den Landesbetrieb Mobilität angeschrieben hatten", sagt der Bäckermeister.
Die Bitte: Möglichst die Arbeiten mit einer halbseitigen Sperrung und Ampelbetrieb vornehmen. Doch dieser Wunsch bleibt unerfüllt. Warum, das erklärt Bernhard Knoop, der Leiter des Landesbetriebs Mobilität (LBM) in Worms: "Aus bautechnischen Gründen und aus Gründen der Arbeitssicherheit brauchen wir die ganze Fahrbahnbreite und müssen unter Vollsperrung arbeiten."
Neue gesetzliche Vorgabe bei Baustellen
Hintergrund hierfür sei eine im Jahr 2018 eingeführte gesetzliche Vorgabe: "Für den Laien ist die Landesstraße 401 mit sechs Metern sehr breit. Da denkt man beim ersten Hinsehen, dass man hier mit Ampel und bei laufendem Verkehr arbeiten kann. Aber dem ist nicht so. Wir haben ein Regelwerk im Interesse der Sicherheit der Menschen, die hier arbeiten", erläutert Knoop.
Das wiederum bedeute einen Mindestabstand zum fließenden Verkehr und eine Arbeitsfläche neben den Maschinen. "Wenn man dies alles aufaddiert, fehlt es an Restbreite, dass da noch ein Pkw oder Lkw an dem Arbeiter vorbeifahren kann", so Knoop.
Resolution des Verbandsgemeinderates von Winnweiler
Argumente, die Michael Hörhammer nachvollziehen kann. Er wolle auch nicht einfach Vorschriften in Frage stellen, sondern versuchen, Lösungen zu erarbeiten, wie sich die Baustelle für die Unternehmen verträglicher gestalten lasse. Etwa durch den Einsatz mehrerer Kolonnen, um die Bauzeit zu verkürzen. Der Bäckermeister hat auch den Kontakt zu Politikern in der Region gesucht, bekommt diesbezüglich Unterstützung vom Verbandsgemeinderat Winnweiler, der eine Resolution verfasst hat. Landrat Rainer Guth (parteilos) setze sich ebenfalls ein.
Knoop: "Nicht beliebig viele Mannschaften auf Baufeld"
Doch auch das Thema Kolonnen lasse sich nicht wie gewünscht umsetzen, erläutert Bernhard Knoop: "Wir arbeiten in verschiedenen Bauabschnitten. Wir können nicht beliebig viele Mannschaften auf ein solches Baufeld lassen. Das ist überschaubar. Wir können die Baubereiche nur so lange und so breit unter Vollsperrung einrichten, dass die Anlieger zu ihren Häusern kommen, dass die Feuerwehr fahren kann, der Katastrophenschutz funktioniert."
Es sei auch nicht möglich gewesen, parallel Baufelder einzurichten. "Wir wollten immer gewährleisten, dass der Ort von Süden oder von Norden anfahrbar ist", sagt der Leiter des LBM Worms. Gleichwohl habe er auch Verständnis für die schwierige Situation der Unternehmen in einer solchen Zeit: "Natürlich ist es für die Betriebe an einer so stark befahrenen Straße wie der Landesstraße 401 eine ganz, ganz schwere Zeit, wenn wir unter Vollsperrung arbeiten."
Umsatzeinbruch von 70 Prozent bei Bäckerei Hörhammer
Für die Bäckerei Hörhammer hatte bereits die Straßensperrung im vergangenen Jahr einen Umsatzeinbruch von 70 Prozent zur Folge - über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten hinweg. "Das war eine sehr schwere Zeit. Wir sind froh, dass wir ein sehr gutes Team haben, das voll hinter uns steht, das mit uns leidet und auch kreativ mitarbeitet", erzählt Michael Hörhammer.
So sei es in dieser Zeit wichtig gewesen, immer wieder präsent zu sein - etwa mit einem Verkaufswagen auf dem Schlossplatz in Winnweiler, besonderen Backwaren oder auch einem Edelbrand aus hauseigenem Brot. Der Titel: "Brotler - Baustellen-Edition".
Arbeiten an der Landstraße laufen seit Februar wieder
Dennoch blieb diese schwierige Phase nicht ohne Folgen für die Bäckerei. "Leider mussten wir das Personal von 22 auf 17 Personen reduzieren", erzählt Angela Hörhammer. Grund dafür ist die finanzielle Situation des Unternehmens.
Nach einer Winterpause wurden die ersten Bauarbeiten im Februar fortgesetzt. Zunächst mit einer Ampelregelung, was auch im Sinne der Hörhammers ist.
800 Meter lange Ortsdurchfahrt von Lohnsfeld wird erneuert
Bei der nun jedoch folgenden Erneuerung der 800 Meter langen Ortsdurchfahrt von Lohnsfeld ist dies laut Bernhard Knoop aber aufgrund der fehlenden Fahrbahnbreite und damit verbundenen gesetzlichen Vorgaben nicht mehr möglich. Etwas mehr als fünf Wochen lang soll die Vollsperrung von heute an dauern. 1,36 Millionen Euro sind für die Erneuerung der Ortsdurchfahrt und den Bau eines ein Kilometer langen Radwegs veranschlagt.
Folgen auch für Tankstelle in Wartenberg-Rohrbach
Eine Baustelle, die auch Folgen für Unternehmen im Nachbarort Wartenberg-Rohrbach hat. Cornelia Dürr ist dort Inhaberin einer Tankstelle. Sie ist auf den Durchgangsverkehr angewiesen. "Die Sperrung im vergangenen Jahr hatte uns sehr getroffen. Wir haben über die Hälfte des Umsatzes verloren, da die Kunden den Umweg nicht in Kauf nehmen wollen."
Eigentlich hatte sie geplant, aus Altersgründen den Betrieb zu übergeben, die Tankstelle zu verpachten. "Doch ein Pächter, der keine Rücklagen hat, kann so etwas derzeit nicht stemmen." Die nun nochmals folgende Zeit der Vollsperrung in Lohnsfeld werde wieder hart. "Ich habe schon ein bisschen Angst davor. Personal muss kalkuliert werden, der Einkauf. Das ist alles nicht so einfach", sagt Dürr.
Bäckerei Hörhammer spürt auch Folgen des Ukrainekriegs
Probleme, die natürlich auch Angela und Michael Hörhammer kennen. Nicht zu vergessen die Folgen des Ukrainekrieges, unter anderem mit gestiegenen Energiekosten. "Jetzt noch einmal knapp sechs Wochen Vollsperrung sind für uns nur sehr schwer zu überstehen. Wir hoffen, dass die sechs Wochen auch eingehalten werden", sagt Michael Hörhammer. Die weitere Hoffnung: dass die Kundschaft die Umleitung in Kauf nimmt.
Die finanziellen Mittel sind längst knapp geworden. Doch der Glaube an ein gutes Ende ist noch da. Im Schrank ihres Büros haben die Hörhammers schon Tassen für ein "Radfahrerfrühstück" stehen. "Natürlich freuen wir uns auch darauf, wenn dieser Radweg fertig ist", betont der Bäckermeister.
Die Angst bei Hörhammers ist groß
"Das Größte ist die Angst, dies alles nicht zu überstehen", sagt Angela Hörhammer - und fügt an: "Seit November 2021, seit wir wissen, dass diese Baustelle auf uns zukommt, gibt es fast kein anderes Thema mehr."
Angela Hörhammer betont: "Die größte Säule, die ich noch habe, ist mein Mann. Wir als Paar sind ein sehr gutes Team. Wir hangeln uns gegenseitig immer wieder hoch. Das auch dank unserer sehr guten Mannschaft. Mein Mann macht das mit Herzblut. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass er etwas anderes macht." Der Blick geht nach vorne - verbunden mit der Hoffnung auf endlich bessere Zeiten.
Hohe Zinsen machen Bauherren schlechte Laune Städte und Gemeinden in der Westpfalz bleiben auf Bauplätzen sitzen
Ein eigenes Häuschen ist der Traum vieler Menschen. Doch seitdem die Zinsen gestiegen sind, können sich viele das nicht mehr leisten. Immer mehr Orte bleiben auf ihren Baugrundstücken sitzen.