Die Nachricht, dass in einem Steinbruch am Remigiusberg im Kreis Kusel eine neue Ursaurierart nachgewiesen werden konnte, macht nicht nur in der Fachwelt die Runde. Möglichst bald soll die neue Gattung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
In den Jahren 2013 und 2018 waren am Remigiusberg zwei Schädel gefunden worden, anhand derer ein internationales Forschungsteam inzwischen die neue urzeitliche Spezies "Stenokranio boldi" bestimmen konnte. Das nach seiner speziellen Kopfform Stenokranio ("Schmalschädler") benannte Tier lebte laut Sebastian Voigt, Paläontologe und Leiter des Urweltmuseums "Geoskop" auf der Burg Lichtenberg, vor knapp 300 Millionen Jahren.
Die etwa 1,5 Meter lange und 70 Kilogramm schwere Art sei eines der größten Raubtiere seiner Zeit gewesen. Vergleichbare Funde von dieser Wichtigkeit habe es bisher nur in Thüringen und den USA gegeben.
Entfernter Vorläufer des Krokodils
"Der neue Ursauriertyp hat die ökologische Nische der erst seit dem Erdmittelalter auftretenden Krokodile besetzt und war ein Amphib, das im Wasser und an Land leben konnte", erklärt Voigt. Stenokranio sei ein Fisch- und Fleischfresser gewesen, der im flachen Wasser und am Ufer von Seen und Flüssen seiner Beute aufgelauert haben dürfte.
Die Pfalz lag damals in der Nähe des Äquators
Zu dessen Lebzeiten lag die Pfalz noch 5.000 Kilometer weiter südlich nahe dem Äquator und war Teil eines riesigen, 100 mal 300 Kilometer großen Gebirgstals, das einst von Lothringen bis Frankfurt am Main und vom Hunsrück bis fast nach Karlsruhe reichte. Das hängt mit der Bewegung der damaligen Kontinente zusammen. Das Stück Kontinent, auf dem heute Deutschland liegt, "schwamm" damals in Äquatornähe.
Das Lothringen-Saar-Nahe-Becken war eine tropische Fluss- und Seenlandschaft. Im Bereich des heutigen Remigiusberges mündete damals ein großer Fluss in einen etwa 70 Kilometer langen See. Am Ufer dieses Sees beziehungsweise im Delta des Flusses habe Stenokranio gelebt, sagt Voigt.
Stenokranio lebte lange vor den Dinosauriern
Die neue Art, die vom Remigiusberg bei Kusel stammt, ist Teil der ältesten Ursauriergemeinschaft Europas. An Vierfüßern wurden aus dem westpfälzischen Fossilvorkommen bisher Reste von drei weiteren Ursaurierarten beschrieben, deren nächste Verwandtschaft im heutigen Südwesten der USA und in Thüringen beheimatet war. Die Ursaurier haben jedoch nichts mit den Dinosauriern zu tun, da diese erst rund 60 Millionen Jahre nach Stenokranio auftraten.
Neuen Ursaurier möglichst schnell ins Urweltmuseum integrieren
Ein Teil der Fossilien ist bereits in die Dauerausstellung des Urweltmuseums Geoskop bei Thallichtenberg integriert und damit der Öffentlichkeit zugänglich. Sebastian Voigt und sein Team wollen den Besuchern den bedeutsamen Fund des neuen Ursauriertyps ebenfalls möglichst bald erlebbar machen: "Der nächste Schritt wäre die Rekonstruktion eines maßstabsgetreuen Lebendmodells. Die Menschen wollen schließlich eine Vorstellung davon bekommen, wie dieses Tier tatsächlich ausgesehen hat. Idealerweise lassen sich diese Modelle dann animieren und quasi zum Leben erwecken."
Weiterer einzigartiger Fund in Arbeit
Doch dem jüngsten Coup mit der Entdeckung der neuen Gattung Stenokranio boldi könnten schon bald weitere Highlights im Urweltmuseum inmitten der Burg Lichtenberg folgen. So haben die Forscher am Remigiusberg auch ein komplettes, nahezu unversehrtes Skelett einer urzeitlichen Spezies bergen können, dessen außergewöhnlich guten Erhaltungszustand der Paläontologe als "weltweit einzigartig" einstuft.
Westen der Pfalz reich an Naturschätzen
Die bemerkenswerten Funde werden den Forschern im Westen der Pfalz so schnell nicht ausgehen. Denn das Areal auf den Höhenzügen des in Rammelsbach gelegenen Steinbruchs birgt vermutlich noch zahlreiche weitere Schätze aus längst vergangenen Zeiten. Auf Jahre hinaus also ein wahres Eldorado für die Wissenschaftler. "Die Westpfalz hat nicht nur große landschaftliche Reize, sondern auch unheimliche Naturschätze im Untergrund. Das ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal, womit die Region auch werben sollte", betont Voigt.