Das Land hat ein großes Klimaziel - und will es offenbar mit aller Macht erreichen. Deshalb scheinen Windräder im Biosphärenreservat Pfälzerwald auch gar nicht mehr unmöglich.
Bis 2040 will Rheinland-Pfalz klimaneutral und damit Vorreiter in Deutschland sein. Schon zehn Jahre früher soll der erzeugte Strom im Land komplett aus erneuerbaren Energien stammen. Wenn die rot-gelb-grüne Landesregierung ihr Ziel erreichen will, muss sie sich beeilen. Doch für Windenergie-Anlagen braucht es geeignete Flächen. Diese gibt es aus Sicht des Landes im Pfälzerwald an bestimmten Stellen.
Windräder im Pfälzerwald als Lösung im Kampf gegen den Klima-Wandel? Für viele Anwohner und Touristen wäre das eine Katastrophe. So wie im kleinen, beschaulichen Hofstätten – einem Ortsteil von Wilgartswiesen in der Südwestpfalz. Der Ort lebt nach Angaben von Ortsvorsteher Peter Bernhard von dem Tourismus im Pfälzerwald.
Windräder im Pfälzerwald wären "das Schlimmste"
"Windräder um Hofstätten wären das Schlimmste, was wir uns vorstellen können. Das würde alles verschandeln", sagt Bernhard. Er kennt den Kampf gegen Windräder im Pfälzerwald zu Genüge. Vor knapp sechs Jahren haben er und die Menschen in Hofstätten schon einmal gegen Windräder gekämpft. Erfolgreich. Jetzt müssen die Bürgerinnen und Bürger des 100-Seelen Dorfes wohl wieder in den Kampf ziehen.
Auf dem 610 Meter hohen Langerkopf könnten in unmittelbarer Nähe des kleinen Hofstätten, Mitten im Pfälzerwald, mehrere Windkraft-Anlagen gebaut werden. Ausgang diesmal? Offen.
Aber warum wäre der Langerkopf für die Landesregierung so ideal, um dort Windräder zu bauen? Um das zu beantworten, muss man sehen, in welche Zonen das Biosphärenreservat Pfälzerwald unterteilt ist.
Langerkopf wäre für Windräder aus Sicht des Landes ideal
Der Langerkopf liegt in einer Entwicklungszone, ist als ehemaliger Militärstützpunkt eine vorbelastete Fläche. Außerdem liegt er vergleichsweise hoch, windig ist es dort oben allemal. Die Verkehrsanbindung ist auch nicht schlecht, denn er liegt in unmittelbarer Nähe zur Bundesstraße 48. Von vielen möglichen Orten im Pfälzerwald gehört er wohl zu den Favoriten der Landesregierung, was den Bau von Windenergie-Anlagen angeht.
Und trotzdem: In und um Hofstätten soll es keine Windräder geben, sagt Ortsvorsteher Peter Bernhard. Unterstützung bekommt er dabei von der Initiative Pro Pfälzerwald. Und die hat viel Erfahrung in Sachen Kampf gegen Windkraft-Anlagen. Und für den aktuellen Kampf gegen die Pläne der Landesregierung hat sie sich sehr gut aufgestellt. An einer Online-Petition mit dem Titel "Windkraft im Pfälzerwald – Nein Danke!" haben sich mittlerweile 20.000 Menschen beteiligt.
Windräder im Pfälzerwald wären "absurd"
"Wir waren entsetzt", berichtet Cornelia Hegele-Rai, die Vorsitzende der Initiative. "Ich verstehe nicht, warum man nicht den Pfälzerwald von Windkraft freihält. Dieses Gebiet ist so besonders. Erst vor Kurzem hatte man noch vereinbart, es von Windkraft freizuhalten. Dass man das Ganze jetzt doch in Betracht zieht, macht für mich keinen Sinn."
Auch dass nur die vorbelasteten Flächen genutzt werden sollen, um darauf Windräder zu bauen, hält Hegele-Rai für absurd. "Dann wird irgendwann der Pfälzerwald mit Windrädern vollkommen verspargelt - und zwar nach dem Motto: Wenn die Queich eh schon vergiftet ist, kann ich auch weiteres Gift dazu kippen. Das ist widersinnig."
Naturschutzverbände gegen Windräder in Naturschutz-Zonen
Auch der Naturschutzbund NABU hält nichts davon, Windräder zu bauen, um dadurch dem Klima-Wandel entgegenzuwirken. Nicht, wenn dadurch Natur wie der Pfälzerwald zerstört wird. Ähnlich sieht es der BUND Rheinland-Pfalz. Er lehnt nach Angaben der Landesvorsitzenden Sabine Yacoub Windkraftanlagen im Biosphärenreservat Pfälzerwald im zusammenhängenden Waldgebiet ab. "Denkbar sind für uns Anlagen lediglich in den Entwicklungszonen im Randbereich des Biosphärenreservats, wo kein Wald mehr ist. Damit kommt beispielsweise der Langerkopf für uns nicht in Frage." Die Grünen in Hauenstein sind dagegen für den Bau der Windräder.
Der Bezirksverband Pfalz lehnt es als Träger des Biosphärenreservats Pfälzerwald ab, dort Windräder zu errichten. Theo Wieder (CDU), der Vorsitzende des Bezirkstages, sagt: "Wenn man jetzt die Entwicklungszonen im Pfälzerwald für Windräder öffnet, dann würde das die Landschaft vollkommen zerstören. Außerdem wäre das auch ein schlechtes Zeichen an unsere französischen Nachbarn." Damit spielt Wieder auf den französischen Teil des Biosphärenreservats in den Nordvogesen an. "Auch die haben ihr Gebiet windenergiefrei erklärt."
Klimaschutz nicht um jeden Preis
Theo Wieder geht es nicht darum, die Klimaschutz-Initiative zu unterlaufen, sagt er. "Wir wollen an verschiedenen Stellen alles unternehmen, um unseren Energieverbrauch zu senken. Aber in Zeiten des Klimawandels muss es möglich sein, andere Prioritäten zu setzen." Es gebe noch genügend andere Flächen, auf denen Windräder gebaut werden könnten, so Wieder. "Aber das einzigartige Bild des Pfälzerwaldes verträgt das nicht."
Sorge bereitet ihm auch der Status des Pfälzerwaldes als UNESCO-Biosphärenreservat, der in Gefahr wäre, sollten im Naturgebiet Windräder gebaut werden. Von der Deutschen UNESCO-Kommission heißt es dazu, dass der Pfälzerwald als größter zusammenhängender Wald ein "Alleinstellungsmerkmal" besitzt. Der Organisation ist es daher sehr wichtig, dass das auch so bleibt.
Windräder im Pfälzerwald und trotzdem UNESCO-Status möglich?
Dennoch scheint es tatsächlich eine Möglichkeit zu geben, wie Windräder in den Pfälzerwald kommen und der UNESCO-Status erhalten bleibt: Der Löwen-Anteil des Biosphärenreservats besteht aus bewaldeter Fläche. Diese soll laut UNESCO auch unberührt bleiben. Bei der unbewaldeten, deutlich kleineren Fläche, könnte die Organisation aber tatsächlich ihr "Go" geben.
Immerhin gibt es am Pfälzerwald bereits Windräder entlang der A6 zwischen Grünstadt und Landstuhl. Weitere Windkraft-Anlagen könnten in ähnlicher Art und Weise im Pfälzerwald entstehen. Davon hält Bernhard Matheis, Fraktionschef der CDU im Bezirkstag Pfalz, aber nichts. "An Autobahnen sind oft Kerben, Täler und flachere Stellen. Da macht es überhaupt keinen Sinn, Windkraft reinzubringen. Sondern in den Höhenlagen mit besonderer Windhöffigkeit." Womit wir wieder beim Langerkopf wären.
Entscheidung zu Windrädern im Pfälzerwald noch weit weg
Doch so groß die Diskussion um Windräder im Pfälzerwald derzeit ist, so weit weg ist die tatsächliche Entscheidung noch. Denn erst im vergangenen Sommer hatte die Landesregierung eine Landesverordnung veröffentlicht, in der es heißt: "Die Errichtung von Windkraftanlagen ist ausgeschlossen." Dieser Satz in Paragraph sieben der "Landesverordnung über das Biosphärenreservat Pfälzerwald" lässt Windkraft-Gegner hoffen. Doch es bedeutet nicht, dass das auch immer so bleiben wird. Eine Verordnung kann auch leicht angepasst werden.