"Die WM in Katar hat zu wenig mit Fußball zu tun"

Das sagen die "Queer Devils" in Kaiserslautern zur Fußball-WM in Katar

Stand
Autor/in
Helen Roth

Wie kaum ein Turnier vorher steht die Fußball-WM in Katar in der Kritik. Der SWR hat beim offiziellen schwul-lesbischen Fanclub des 1. FC Kaiserslautern nachgefragt, wie die Mitglieder zu den Spielen stehen.

Der Fanclub "Queer Devils" setzt sich auf dem Betzenberg für Toleranz und gegen Homophobie und Rassismus ein. Im Interview mit Vorstandsmitglied Kristina Ann Blumhoff führt der Blick aber nicht nur in den Wüstenstaat, sondern auch auf den Betzenberg und seine Fans.

SWR Aktuell: Frau Blumhoff, schauen Sie die WM in Katar?

Kristina Ann Blumhoff: Nein, das habe ich für mich persönlich beschlossen. Ich finde die ganze Veranstaltung hat zu wenig mit Fußball zu tun. Dazu kommen noch diese ganzen Menschenrechtsverletzungen und für mich haben die Aussagen des WM-Botschafters in Katar das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Aussage, dass Homosexuelle einen "geistigen Schaden" haben, empfinde ich als zutiefst menschenverachtend und nicht vereinbar mit meinen Werten. Als Fußballfan fällt es mir schwer, tatsächlich, aber ich möchte die diesjährige WM nicht unterstützen. Das sieht auch die große Mehrzahl unserer Mitglieder des Fanclubs so. Wobei wir natürlich keine Richtlinien herausgegeben haben. Jeder kann frei entscheiden, ob er die Spiele sehen möchte.

Fußball-WM in Katar: Grundsätzlich ja - aber ...

SWR Aktuell: Hätte man die WM nicht an Katar vergeben sollen?


Blumhoff: Im Großen und Ganzen schon. Gleichzeitig darf man das Globale nicht vergessen, vielleicht bringt der Fußball etwas Weltoffenheit in ein Land. Jedoch hätte es sicherlich viele kleinere Länder gegeben, die bereits eine Fußballtradition haben und die bestimmt ein geeigneterer Austragungsort gewesen wären. Aber wer weiß, was da im Vorfeld hinter den Kulissen der FIFA gelaufen ist. Skandale aller Art gab es ja schon bei anderen Turniervergaben. Zudem hätten wir uns als "Queer Devils" natürlich gefreut, wenn man bei der Vergabe berücksichtigt hätte, dass man in Katar Menschen mit homosexuellen Neigungen nicht offen gegenübersteht.

SWR Aktuell: Werfen wir den Blick auf unsere Region, genauer gesagt auf den Betzenberg. Wie ist dort die Situation für queere Menschen?

Blumhoff: Die Toleranz ist auf jeden Fall da. Ja, es gibt mal Sprüche, aber es gibt zu allem Sprüche im Fußball. Das muss man zugeben. Wenn so ein klassischer Spruch wie "Oh, schwuler Ball" kommt, sprechen wir die Menschen darauf an, denn oft ist denen gar nicht bewusst, dass diese Aussage für Homosexuelle beleidigend ist. Beim nächsten verschossenen Ball sage ich vielleicht auch "Oh, das war ja mal voll hetero", um zu zeigen, wie doof das ist. Wir müssen uns einfach als "Queer Devils" zeigen, um aktiv ein Statement gegen Homophobie, Sexismus und Rassismus zu setzen. Aber wenn ich mit meinem "Queer Devils"-Schal in der Westkurve stehe, habe ich noch nie einen dummen Spruch mitbekommen.

"Mehr Zivilcourage und soziales Miteinander"

SWR Aktuell: Nun machen sich die "Queer Devils" für die Rechte der LGBTQ-Gruppe stark, was können wir alle dafür tun, dass der Betzenberg ein schöner Ort für jeden Besucher und jede Besucherin wird?

Blumhoff: Man sollte den Mund aufmachen und Menschen, die sich homophob äußern, darauf aufmerksam machen. Aber es geht natürlich nicht nur um Homophobie, auch gegen Rassismus und Sexismus sollte man sich einsetzen. Und ich finde, man sollte allgemein wieder mehr Zivilcourage zeigen, soziales Miteinander pflegen und andere Meinungen akzeptieren.

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Helen Roth