Begegnungsprojekt "Meet a Jew"

Junge Jüdin will "miteinander statt übereinander reden"

Stand
Autor/in
David Kerszis
Denise Thomas
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Auch in Rheinland-Pfalz nehmen Antisemitismus und Judenfeindlichkeit im Zuge des Krieges im Nahen Osten zu. Die junge Jüdin Emilia will inmitten dieses Konflikts vermitteln.

Antisemitismus ist nach dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel und der Gegenoffensive der israelischen Armee in Gaza wieder allgegenwärtig - auch in Rheinland-Pfalz. Ein Tag, der wie kein anderer für den historischen Hass gegenüber Jüdinnen und Juden steht, ist der 9. November.

Die 23-jährige Jüdin Emilia will inmitten dieses Konflikts vermitteln: Sie engagiert sich seit sechs Jahren bei dem Begegnungsprojekt "Meet a Jew" des Zentralrats der Juden. In persönlichen Begegnungen möchte sie über jüdisches Leben informieren, mit anderen ins Gespräch kommen und so über Vorurteile und Stereotypen aufklären.

"Das Ziel von diesem Projekt ist es, mit Menschen auf Augenhöhe über das Judentum zu sprechen und nicht übereinander zu reden, sondern miteinander", erklärt Emilia. So wolle sie, "das abstrakte Bild von einem Juden abschaffen" und zeigen "wie divers das Judentum eigentlich ist".

Emilia ist selbst in Israel geboren, mit zwei Jahren kam sie mit ihren Eltern nach Deutschland. Die 23-Jährige ist mit jüdischem Leben und den Traditionen des Judentums aufgewachsen. Von klein auf sei sie mit ihren Eltern in die jüdische Gemeinde gegangen, erzählt die junge Frau. "Für mich ist es immer schon ein Teil meines Lebens gewesen." Auch heute noch lebt Emilia ihr Jüdischsein traditionell aus.

Dazu gehört auch ihr ehrenamtliches Engagement bei "Meet a Jew". Mit der Initiative ist die 23-Jährige vor allem in Schulklassen unterwegs, sie bekommen aber auch Anfragen von verschiedenen Organisationen. "Für mich ist jede Begegnung etwas Besonderes", sagt Emilia.

Für mich ist jede Begegnung etwas Besonderes.

Eine Begegnung vor kurzem ist ihr jedoch besonders in Erinnerung geblieben: Bei dem Besuch in einer Schule hat sie sich mit einer jungen muslimischen Schülerin über ihren Glauben ausgetauscht. "Das war ein so schönes Gefühl, mit einer Person, die auch ihren Glauben auslebt, zu reden und auf Gemeinsamkeiten, aber auch auf Unterschiede zu treffen."

Lage im Nahen Osten macht junge Jüdin betroffen

Die aktuellen Ereignisse im Nahen Osten nehmen die junge Frau mit. Bis kurz vor dem Angriff der Hamas war Emilia selbst für ein Auslandsjahr in Israel, kehrte erst wenige Tage vor dem 7. Oktober nach Deutschland zurück. Viele ihrer Freunde und auch Teile ihrer Familie leben dort.

Es sei traumatisierend, sagt Emilia. "Wir wissen, dass die Realität vor dem 7. Oktober nicht mehr dieselbe sein wird, wie die Realität nach den 7. Oktober. Das ist etwas, was unsere jüdische Identität und unsere jüdische Geschichte prägen wird."

Ich trauere um jeden einzelnen unschuldigen Zivilisten, der in diesem Konflikt stirbt.

Die Situation im Nahen Osten und der Tod so vieler Zivilisten sei "herzzerreißend". "Jedes unschuldige Leben, egal, aus welchem Glauben du kommst, aus welchen Nationen du kommst, ist ein unschuldiges Leben zu viel", betont Emilia.

"Ich trauere um jeden einzelnen unschuldigen Zivilisten, der in diesem Konflikt stirbt und der unter diesem Konflikt leidet", so die junge Frau weiter. "Unabhängig davon, ob es ein unschuldiger Palästinenser oder ein unschuldiger Israeli ist."

Auch Emilia erlebt Antisemitismus in Deutschland

Den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland spürt auch Emilia. Die 23-Jährige trägt zum Beispiel immer eine Davidstern-Kette um den Hals. Wenn sie draußen unterwegs ist, versteckt sie die Kette jedoch unter ihrer Kleidung. "Die aktuellen Ereignisse zeigen leider, dass es nicht möglich ist, das Judentum frei draußen zu zeigen", sagt die junge Frau.

Die 23-jährige Jüdin Emilia engagiert sich bei "Meet a Jew".
Auch die 23-Jährige bekommt Antisemitismus zu spüren.

Emilia sagt selbst, sie erlebe Judenfeindlichkeit zum Beispiel auf Social Media, aber auch im alltäglichen Leben. Oft seien es "kleine Dinge, kleine Aussagen von Menschen", die viel ausmachen könnten. Sie berichtet, dass ihr zum Beispiel oft gesagt werde: "Du siehst gar nicht so jüdisch aus." "Und da stelle ich mir immer die Frage, wie sieht denn ein Jude für dich aus?", so die 23-Jährige.

Für die Zukunft wünscht sich Emilia, dass Jüdinnen und Juden ihren Glauben frei ausleben können - "offen und ohne Angst". Auch deswegen engagiert sie sich bei "Meet a Jew", um Vorurteile abzubauen und die Menschen mit dem Judentum in Kontakt zu bringen. Und damit sie irgendwann ihre Davidstern-Kette auf der Straße nicht mehr verstecken muss.

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