In Rheinland-Pfalz weht vor den Gebäuden der Polizei die Regenbogenflagge. Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie will das Land so ein Zeichen setzen. Im Interview mit SWR Aktuell erklärt Innenminister Ebling (SPD), warum gerade dort die Fahnen gehisst wurden.
SWR Aktuell: Die Regenbogenfahne weht vor Polizeigebäuden. Warum gerade dort?
Michael Ebling: Es ist schon ein allgemeines Zeichen für die Behörden des Landes und damit auch der Polizei, ein Zeichen für Vielfalt zu setzen. Und es ist ein Stück Verpflichtung, auch ebenso zu handeln und auch Vielfalt zu gestalten. Aber die Polizei hat nun mal auch eine besondere Rolle. Sicherheit steht für hohe Lebensqualität für alle hier lebenden Menschen und Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte treten nun mal auch an, um die Würde und die Rechte aller zu schützen - also eben auch vorzubeugen, dass es Gewalttaten gibt gegen Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität.
SWR Aktuell: Sie selbst leben in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Wie wichtig ist Ihnen persönlich dieses Hissen der Regenbogenfahne vor verschiedenen Polizeigebäuden im Land?
Ebling: Es ist immer natürlich auch ein Stück weit Ansporn. Aber es ist jetzt nicht die persönliche Geschichte, die hier prägen soll, sondern es ist am Ende ein Bekenntnis zur Vielfalt in einer Gesellschaft. Davon profitieren am Ende alle. Es ist keine besondere Rolle, die sich queere Lebensweisen damit herauspicken, sondern es geht ausdrücklich darum, queere Lebensweisen anzuerkennen und ihnen genau den gleichen Respekt zu zollen wie anderen Lebensformen oder Entscheidungen, mit wem man zusammenlebt oder wen man liebt.
Insofern gewinnt die gesamte Gesellschaft dadurch, dass es solche klaren Bekenntnisse und Haltungen gibt. Am Ende ist es auch Ausfluss unseres Grundgesetzes. Dort steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Es geht um jede Form von Diskriminierung, die damit unterbunden oder auch angeprangert gehört, wenn sie auf Unterschiede von Menschen am Ende hinweist.
SWR Aktuell: Das Thema der Inneren Sicherheit haben Sie gerade schon angesprochen. Da ist es doch beunruhigend, dass die Zahl der körperlichen Gewalttaten gegen LGBT-Menschen hoch ist und auch, dass häufig solche Straftaten nicht angezeigt werden, weil die Betroffenen Angst vor Diskriminierung durch die Polizei haben. In Rheinland-Pfalz existiert ja eine eigene Ansprechstelle bei der Polizei. Was leistet die?
Ebling: Sie leistet zum Beispiel natürlich Bewusstsein dafür, dass wir als Polizei zu erkennen geben: Wir stehen für eine vielfältige Gesellschaft. Wir werden es nicht hinnehmen, wenn Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Identität Körperverletzung, Beleidigung oder noch Schlimmerem ausgesetzt sind. Das wirkt auch nach innen. Das ist ein Stück Selbstverpflichtung, eben auch vielfältig, divers zu sein und zu bleiben. So wie unsere Gesellschaft eben bunt ist, so hat auch die Polizei ein Abbild von bunter Gesellschaft zu sein und das auch zu leben.
Aber es geht natürlich gezielt darum, auch den Menschen eine Schwelle zu nehmen. Dort, wo Menschen Gewalterfahrung ausgesetzt sind, das dann eben auch zur Anzeige zu bringen. Wir wissen, das Dunkelfeld ist deutlich höher als das, was wir tatsächlich in der Statistik wahrnehmen. Und Ansprechstellen ermöglichen dann eben auch einen sehr niedrigschwelligen Kontakt, aber auch gleichzeitig das Signal: Wir nehmen das ernst, nehmen dich ernst mit deiner Gewalterfahrung. Denn wir akzeptieren das nicht, sondern wir bekämpfen das.
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Carl hätte nie gedacht, dass ihm so etwas passiert. Wie unser Beispiel zeigt, gibt es leider immer noch Hass und Gewalt gegen Menschen der Community LGBTQIA+.
SWR Aktuell: Zurzeit kommen ja auch viele Flüchtlinge zu uns nach Deutschland, auch aus Ländern, in denen Homosexualität als unnormal, als Krankheit angesehen wird und oft eine Straftat ist. Was muss die Politik tun, um diesen Geflüchteten sexuelle Vielfalt und Toleranz zu vermitteln?
Ebling: In erster Linie eine Willkommenskultur zeigen in unserer Gesellschaft, die deutlich macht: Die Menschen kommen aus einer Notlage hierher zu uns. Wir nehmen sie auf. Das fordert uns vielfältig. Wir sehen es an den Kommunen. Hohe Zahlen sind am Ende mit hohem Aufwand verbunden. Da ächzt es auch in manchem Gebälk erkennbarerweise. Aber trotzdem geht es auch darum, die Sensibilität zu beweisen, dass unter Umständen auch sexuelle Orientierung, Homosexualität, ein Fluchtgrund sein kann – und gleichzeitig auch zu respektieren, dass es vielleicht eine bestimmte Art von Schutzraum auch braucht. Man spricht dann gerne auch mal Englisch von Safe Houses oder Safe Rooms.
Das heißt, bei der Flüchtlingsaufnahme, wenn erkennbar auch Homosexualität als Fluchtgrund da ist, diesen Menschen auch einen gewissen Schutz zu gewähren, sodass sich die Diskriminierung nicht noch hier bei uns in Deutschland fortsetzt. Da sind Kommunen aber auch insbesondere ehrenamtliche Flüchtlingsinitiativen sehr, sehr engagiert und auch gute Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner.