Die Inflation in Deutschland hat Ende 2022 an Tempo verloren, im Gesamtjahr aber ein Rekordhoch erreicht. Was das für unser Einkommen bedeutet - zwei Beispiele.
Ein Blick auf den Kontoauszug verrät es: Die Preise fürs tägliche Leben steigen Monat für Monat weiter. Die Mehrkosten sind inzwischen bei fast allen Produkten und Dienstleistungen angekommen. Oft liegt das auch am teurer gewordenen Transport und den Spritpreisen - aber auch die Lieferengpässe durch den Krieg gegen die Ukraine machen viele Lebensmittel teurer.
Inflation frisst Gehalt
Die Inflation frisst regelrecht unser Einkommen auf. Zwei Beispiele.
Familie Meister lebt in Bad Sobernheim und hat ein Kind. Er arbeitet als Dachdecker im Ort, sie als Bürokauffrau in Bad Kreuznach. Gemeinsam verdienen sie 3.000 Euro netto. Ihre Tochter studiert im ersten Semester in Mainz und pendelt jeden Tag mit dem Zug zur Fachhochschule. Während sich die Kosten für Familie Meisters Wohnungsmiete kaum geändert haben, zahlen sie für die Strom- und Heizkosten rund 45 Prozent mehr als Dezember 2021.
Auch der Einkauf im Supermarkt ist teurer. Hier zahlt die Familie 16 Prozent mehr. Für den Sprit kommen über 24 Prozent Mehrkosten auf die Meisters zu. Insgesamt bleiben der Familie fast 300 Euro weniger im Monat. Schaut man sich den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts an, müsste Familie Meister statt 3.000 Euro, rund 3.300 Euro verdienen, um weiterhin auf dem gleichen Standard leben zu können.
Anni Bildung macht eine Ausbildung in Koblenz und erhält jeden Monat 1.000 Euro netto. Dazu kommen 250 Euro Kindergeld. Während sie 2021 noch 82 Euro für Strom und Heizkosten gezahlt hatte, muss sie nun monatlich fast 120 Euro bezahlen.
Auch der Supermarkteinkauf liegt ihr auf der Tasche: rund 24 Euro mehr jeden Monat. Mit Blick auf ihr Einkommen, müsste Anni Bildung fast 100 Euro mehr im Monat bekommen, um sich ihr Standard von 2021 leisten zu können.
Fachleute: nur leichter Rückgang bei der Inflationrate
Ob Familie Meister und Anni Bildung 2023 eine Entspannung auf ihrem Konto beobachten können, ist unklar. Experten erwarten keine schnelle Besserung, heißt es aus der SWR-Wirtschaftsredaktion: "Energie bleibt teuer. Die Inflationsrate wird vermutlich nur in kleinen Schritten zurückgehen, der Preisdruck dürfte erst kommendes Jahr deutlich nachlassen."
Das Münchner ifo-Institut zum Beispiel geht für 2023 von einer Inflationsrate von 6,4 Prozent aus, das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft rechnet mit 7 Prozent - also beides leicht rückläufig im Vergleich zur Gesamtinflationsrate für 2022, die lag bei 7,9 Prozent.
Steigende Preise: Kommt 2023 Entspannung?
"Spannend ist es jetzt, die unterschiedlichen Faktoren abzuwägen, die zu diesem Rückgang beitragen könnten - oder eben nicht", erklärt Stephanie Geißler aus der SWR-Wirtschaftsredaktion.
"Mit dem Energiepreisdeckel der Bundesregierung wird Energie für die Verbraucher und Verbraucherinnen billiger - das wirkt grundsätzlich inflationsdämpfend." Gleichzeitig seien aber die intensiven Heizmonate in diese zuletzt zehn Prozent Inflation noch gar nicht eingerechnet. "Die staatlichen Subventionen mildern zwar ab, unterm Strich wird’s aber trotzdem teurer als in den vergangenen Jahren", so Geißler.
Grundsätzlich inflationsdämpfend wirke auch die gesunkene Kauflust der Menschen - da greife das Prinzip Angebot und Nachfrage: Weniger Geld, weniger Konsum, weniger Preisdruck.
Andererseits stiegen 2023 viele Löhne, viele Unternehmen haben ihren Mitarbeitenden hohe Inflationsprämien ausgezahlt. "Das bedeutet, dass mehr Geld im Umlauf ist und dass die Nachfrage 2023 erhöhen könnte", erklärt die Expertin.
Entspannung könnte auch aus China kommen: "Die Regierung hat ihre Zero-Covid-Strategie aufgegeben, Experten hoffen, dass das für China einen Ausstieg aus der Pandemie bedeutet - und Produkte dann wieder zuverlässiger geliefert werden können", so Geißler. Also: "Mehr Produkte, weniger Preisdruck." Energie hingegen, die bliebe teuer – da seien sich die Experten einig.
Eine insgesamt deutliche Entspannung bei den Verbraucherpreisen erwarten Ökonomen 2023 nicht.
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