Erzeuger in der Krise

Inflation, Energie, Mindestlohn - wie teuer wird Gemüse in RLP?

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Inflation, Energiepreise und höhere Mindestlöhne - den Obst- und Gemüsebauern im Land machen gestiegene Kosten zu schaffen. Drohen höhere Preise in diesem Jahr?

2022 war das Jahr der explodierenden Preise - Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Inflation - jeder Gang zur Tankstelle, zum Supermarkt oder in den Hofladen riss größere Löcher in den Geldbeutel als zuvor.

Die Preisspirale dreht sich inzwischen nicht mehr ganz so schnell, aber seit Oktober kommt für die Lebensmittelerzeuger noch ein Kostenfaktor hinzu: Der Mindestlohn. Er liegt in Deutschland derzeit bei 12 Euro pro Stunde - und damit im europäischen Vergleich sehr hoch.

Bereits im Januar beklagte Bauernpräsident Joachim Rukwied, dass der Mindestlohn von zwölf Euro den Anbau in Deutschland vielfach unwirtschaftlich mache. Im vergangenen Jahr hätten Supermärkte statt deutschem Spargel Ware aus Italien für drei Euro pro Kilogramm verkauft. "Für so einen Preis können sie bei uns nicht stechen", sagte Rukwied und warnte: "Es ist eine reelle Gefahr, dass in Deutschland die Spargel- und Erdbeerproduktion verschwindet".

Die Bauern brauchten höhere Preise, um überhaupt weiter wirtschaften zu können, so Ruckwied. "Diese politischen Vorgaben machen die Lebensmittel teuer."

Entwicklungs des Mindestlohns und der Preise für Gemüse seit 2015
Entwicklungs des Mindestlohns und der Preise für Gemüse seit 2015

Ruckwied warnte zudem vor den Folgen der hohen Energiepreise für den Obst- und Gemüseanbau in Deutschland. "Es bleiben manche Gewächshäuser leer, weil sich die Produktion aufgrund der exorbitant gestiegenen Energiekosten schlicht nicht mehr lohnt", sagte Rukwied. Das merkten die Verbraucher mittelfristig auch im Supermarkt, weil heimisches Obst und Gemüse fehlen werde.

Folge des Mindestlohns bei arbeitsintensivem Anbau

Obst und Gemüse seien arbeitsintensive Kulturen, erklärt Lisa-Maria Puschak, Referentin für Obst- und Gartenbau beim Bayerischen Bauernverband. Es brauche Saisonarbeiter und Erntehelfer, die den Anbau unterstützen. Der deutsche Mindestlohn von 12 Euro je Arbeitsstunde habe demzufolge Auswirkung auf die Erzeugerkosten. "Auch Saatgut und die Instandhaltung der Obstanlagen bzw. Gemüseflächen, sowohl im Freiland als auch unter Glas, sind teuer." Die gestiegenen Energiekosten wirken sich, wie Puschak sagt, unter anderem stark auf Kosten für die Kühlung und Lagerung, die Gewächshäuser und die Bewässerung aus.

Europaweit zweithöchster Mindestlohn in Deutschland

Im europäischen Vergleich liegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Mindestlohn unter den Top 6 - lediglich in Luxemburg gibt es mehr Geld pro Stunde.

Gemüsebauern in der Pfalz unter Kostendruck

In der Südpfalz läuft seit zwei Wochen die Ernte von frühen Lauchzwiebeln. Für diese so genannte Bündelware werden viele Hände gebraucht - da lässt sich am Personal kaum sparen. Zu kämpfen haben die Erzeuger in diesem Jahr nicht nur mit höheren Kosten für Energie und Dünger, sondern eben auch mit dem höheren Mindestlohn. Dessen gesetzliche Anhebung verteuere besonders die arbeitsintensiven Gemüsesorten, so Dieter Stubenbordt, Gemüseerzeuger in Zeiskam. Unter dem Strich werde der Anbau für die Erzeuger um etwa 50 Prozent teurer.

Für den Verbraucher heißt das: Die Lauchzwiebeln aus der Pfalz sind zwar leicht teurer als Importware. Sie haben aber einen entscheidenden Vorteil: Sie sind aus der Region, lange Transportwege entfallen und sie sind frisch beim Verbraucher. "Wir haben kurze Wege in die Supermärkte, die Verbraucher bekommen ein ultrafrisches Produkt", so Gemüsebauer Stubenbordt. Etwas gestiegene Kosten werden sich in den Produkten wiederfinden, aber die seien moderat. Heimisches Gemüse werde für den Verbraucher erschwinglich bleiben.

Gemüseernte wird für Erzeuger in RLP teurer wegen des Mindestlohns
Viel Handarbeit steckt in der Ernte von Frühlingszwiebeln

Auch Spargelbauern reagieren auf Mindestlohn

Auch die Spargelbauern müssen rechnen. Die Ernte des Königsgemüses hat begonnen, etwa in Gerolsheim in der Pfalz. Die weißen Stangen werden vorsichtig aus dem Boden geholt - das ist Arbeit, die Spargelbäuerin Sarah Schreiber mit 12 Euro je Stunde entlohnen muss. Das bedeutet natürlich höhere Personalkosten. Damit sich das rechnet, schult Spargelbäuerin Sarah Schreiber ihre Helfer intensiv, damit auch mit weniger Menschen gleich viel geerntet werden kann.

Spargelbauern zahlen Mindestlohn - Gemüse wird teurer
Auch die Spargelernte ist ohne geschultes Personal nicht zu machen

Der Preis für den Spargel soll sich nicht erhöhen. Er werde aber - wie immer - täglich schwanken, sagt Sarah Schreiber. Je nach Wuchs oder Größe wird er zwischen 10 und 20 Euro pro Kilo liegen.

Gemüse schon 2022 deutlich teurer

Verbraucher haben schon im vergangenen Jahr deutlich mehr für Gemüse zahlen müssen als ein Jahr zuvor. Die Preise stiegen um 10,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Besonders stark verteuerten sich Gurken (plus 26,2 Prozent) und Tomaten (plus 16,9 Prozent). Deutlich moderater fiel der Preisanstieg bei Obst aus, das drei Prozent mehr kostete als ein Jahr zuvor.

Insgesamt mussten die Verbraucher für Nahrungsmittel im vergangenen Jahr 13,4 Prozent mehr Geld ausgeben als im Vorjahr. Noch teurer wurden Fleisch und Fleischwaren (+14,6 Prozent). Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise insgesamt stiegen im selben Zeitraum im Schnitt um 7,9 Prozent.

Rheinland-Pfalz

Teure Lebensmittel und Energie Inflationsrate in RLP bleibt im Februar auf hohem Niveau

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Preistreiber Energie und Lebensmittel Rekord bei der Inflationsrate 2022 in RLP

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SWR