Stereotype Rollenmuster bestimmen immer noch zu sehr die Berufswahl von Jugendlichen in Rheinland-Pfalz. Der Girls' and Boys' Day soll helfen, das zu ändern.
Bereits bei der Wahl der Leistungskurse in der Schule entscheiden sich Frauen und Männer unterschiedlich: In künstlerischen und sprachlichen Fächern liegt der Frauenanteil im Bundesland bei 82 und 62 Prozent. Deutlich mehr Männer gibt es hingegen etwa im Leistungskurs Informatik mit 85 Prozent und Physik mit 76 Prozent. Das geht aus Zahlen des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz anlässlich des Girls' und Boys' Day hervor.
"Auch die Wahl der beruflichen Ausbildung erfolgt häufig nach traditionellen Mustern und Rollenbildern", teilte das Amt weiter mit. Während bei Frauen soziale, gesundheitsbezogene und kaufmännische Berufe zu den beliebtesten Ausbildungen zählen, lernen junge Männer eher technische Berufe, wie etwa Mechatroniker.
50 Prozent der Frauen konzentrieren sich auf zehn Berufe
Die Bundesagentur für Arbeit beobachtet es in ihrer Berufsberatung ähnlich: "Unverändert konzentriert sich ein Großteil der jungen Frauen auf nur zehn Berufe. Der Beruf der Medizinischen Fachangestellten steht bei den Frauen auf Platz eins, gefolgt von Kauffrau für Büromanagement und Verkäuferin", sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit.
Die Hälfte aller Frauen in der Beratung haben einen von nur zehn Berufen auf der Wunschliste, fast alle aus dem kaufmännischen oder gesundheitsbezogenen Bereich. Mit der Friseurin findet sich ein Handwerksberuf in der Liste - der mit einem hohen Frauenanteil im Handwerk aber eine Ausnahme ist.
Bei den Männern konzentrieren sich 40 Prozent auf zehn Berufe, wovon sieben aus dem handwerklichen oder IT-Bereich sind, wie etwa Kfz-Mechatroniker, Elektroniker oder Fachinformatiker.
Betrieben fehlt Erfahrung mit Frauen in "Männerberufen"
Doch es liege nicht bloß an den jungen Menschen auf Job- und Ausbildungssuche, dass solche stereotypen Geschlechterrollen fortgesetzt werden. "Aufgrund fehlender Erfahrung haben Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen manchmal Bedenken, ob junge Frauen den beruflichen und betrieblichen Anforderungen in einem männerdominierten Beruf gewachsen sind", sagt Heidrun Schulz von der Agentur für Arbeit, "oder ob junge Männer den Anforderungen in frauendominierten Berufen gerecht werden".
Sie empfiehlt Praktika, um Berufsfelder wirklich kennenzulernen, oder die Berufsberatung der Agentur für Arbeit: "Beraterinnen und Berater können aufzeigen, dass ein handwerklicher Beruf sich nicht immer nur auf Baustellen abspielt. Auch in diesen Branchen ist ein kommunikativer Umgang mit Kunden, Planungsgeschick und nicht selten Feinmotorik vonnöten. Auf der anderen Seite motivieren wir junge Männer dazu, ihre Stärken in sozialen Berufen zu entdecken."
Langsam scheinen sich diese Berufsvorstellungen aber zu wandeln. So ist in einigen traditionell überwiegend von Männern gewählten Berufen der Anteil von Frauen bundesweit deutlich gestiegen. "900 Frauen haben sich zuletzt für eine Ausbildung als Landwirtin entschieden", sagt Levin Sallamon aus der SWR-Wirtschaftsredaktion. Das seien doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Lkw-Fahrerin wollten inzwischen fast dreimal so viele junge Frauen werden wie noch vor zehn Jahren.
Geschlechterklischees setzen sich an der Uni fort
An den Universitäten und Hochschulen des Landes lassen sich ebenfalls traditionelle Muster erkennen: Im Sommersemester 2022 waren mit rund 3.500 Studentinnen die meisten Frauen im Fach Germanistik/Deutsch eingeschrieben, gefolgt von den Fächern Rechtswissenschaften und Psychologie mit jeweils etwa 2.600 Studentinnen.
Bei Männern waren hingegen technische und wirtschaftswissenschaftliche Fächer wie beispielsweise Betriebswirtschaftslehre und Informatik mit jeweils etwa 2.700 Studenten beliebt.
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