Der prozentuale Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern ist 2020 im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Das teilte das Statistische Landesamt in Bad Ems einen Tag vor dem Equal Pay Day am 10. März mit.
Demnach lag der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied, der sogenannte Gender Pay Gap, in Rheinland-Pfalz bei 15 Prozent. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als vor zehn Jahren und drei Prozentpunkte weniger als im bundesweiten Durchschnitt (18 Prozent).
Von den westdeutschen Bundesländern (Berlin nicht miteinbezogen) kann nur Schleswig-Holstein einen geringeren Verdienstabstand zwischen den Geschlechtern vorweisen (13 Prozent). Am höchsten ist das Verdienstgefälle mit 23 Prozent in Baden-Württemberg. Deutlich niedriger fällt der Gender Pay Gap in den ostdeutschen Bundesländern aus. Den geringsten Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern gab es in Thüringen (fünf Prozent).
Strukturelle Unterschiede fließen nicht in Statistik ein
Der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap, der hier abgebildet wird, berücksichtigt nicht die strukturellen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So unterscheiden sich Frauen und Männer zum Beispiel in der Wahl der Berufe und der Branchen, in der sie tätig sind, sowie in der Erwerbsbiografie.
In bestimmten Berufen sind entweder Frauen oder Männer in der klaren Mehrheit, also wird von Frauen- oder Männerberufen gesprochen. Beispielsweise ist der Männeranteil in technischen Berufen, der Frauenanteil in Dienstleistungs- sowie in Gesundheits- und Sozialberufen höher. Teilweise sind die Unterschiede, wie welcher Beruf vergütet wird, extrem, sodass die Berufswahl die langfristige Einkommensperspektive über den Verlauf des Berufslebens prägt.
Die Abnahme des Unterschieds, der im vergangenen Jahr einen Prozentpunkt höher war, ist auf die Entwicklung der durchschnittlichen Bruttostundenverdienste der beiden Geschlechter zurückzuführen. Unter den Frauen sind sie seit 2010 stärker gestiegen als unter den Männern: Frauen erzielten 2020 einen durchschnittlichen Bruttostundenlohn in Höhe von 18,48 Euro. Gegenüber 2010 entspricht das einem Plus von 26,9 Prozent. Das Arbeitsentgelt von Männern stieg dagegen um 16,8 Prozent und belief sich 2020 auf 21,74 Euro.
Sondereffekt Kurzarbeit
Das Statistische Bundesamt betonte, dass Sondereffekte infolge der Kurzarbeit in der Corona-Krise eine Rolle gespielt haben könnten: Wenn etwa Männer in einer höheren Verdienstgruppe in Kurzarbeit gehen, lässt das den Gender Pay Gap sinken, da der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Männer vergleichsweise geringer ausfällt, wie die Statistiker erläuterten. Eine ähnliche Wirkung auf den Gender Pay Gap wird demnach durch Kurzarbeit niedriger entlohnter Frauen erzielt: Statistisch betrachtet steigt der Bruttostundenverdienst der Frauen dann.
Der tatsächliche Einfluss der Kurzarbeitergelder, die nicht zum Bruttoverdienst zählen, ist laut Bundesamt aber nicht aus den Daten abzuleiten. DGB-Vizechefin Elke Hannack erklärte, die ausgedehnte Kurzarbeit habe "die Einkommensentwicklung gerade bei Männern besonders gebremst". Der Rückgang der Verdienstlücke sei daher "ein spezieller Effekt für das Jahr 2020" und könne beim Thema Lohngleichheit "nicht optimistisch stimmen", kritisierte die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes.