Der Frost Ende April hat viele Winzer und Obstbauern in RLP schwer getroffen. Einen Monat danach ist noch nicht klar, wie schwer. Auch, weil die Natur immer wieder für Überraschungen sorgt.
Er hat frische Austriebe in so manch einem Weinberg absterben und zarte Obst-Blüten verwelken lassen - der späte Frost, der Ende April Obstbauern und Winzer um den Schlaf brachte. Viele von ihnen hatten umgehend von Schäden und befürchteten Ertragsausfällen berichtet.
An den erwarteten Verlusten habe sich rund vier Wochen nach dem Wetter-Ereignis nichts geändert, sagt Herbert Netter vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau. Frostschäden an den Blüten seien nicht kompensierbar.
Fest steht aber auch, es gibt deutliche regionale Unterschiede. Im Norden von Rheinland-Pfalz waren laut Netter die Obstbauern in der Grafschaft besonders betroffen, "aber zum Teil auch noch Bubenheim, Güls, Dieblich und Mülheim-Kärlich." Die Winzer traf es an der Obermosel, Saar und Ruwer und Teile der Mittelmosel besonders hart.
Im Süden von Rheinland-Pfalz sei vor allem Rheinhessen betroffen gewesen, sagt Andreas Köhr vom Bauern- und Winzerverband Süd. Dort war es in der Zeit vom 21. bis 23. April deutlich kälter gewesen als etwa in der Pfalz - und das vor allem nachts.
Winzer gingen Kälte mit Frostkerzen an
Darum hätten in diesem Jahr auch Frostfackeln oder Frostkerzen nur wenig geholfen. Der Grund: Mancherorts war es laut Köhr schlichtweg zu kalt. Frostfackeln könnten die Temperatur lokal um ein bis drei Grad anheben. Bei Temperaturen von teils bis zu minus sechs Grad wie damals in Rheinhessen, greife das nicht. Zudem sei der Aufwand sehr groß. Flächendeckend seien Frostkerzen nicht einzusetzen.
Frostkerzen waren auch im April auf dem Weingut von Cecilia Jost in Bacharach im Mittelrheintal zum Einsatz gekommen. Insgesamt 130 mit Paraffin gefüllte Eimer hatten die Winzerin und ihre Helfer damals aufgestellt. "Es kam Frost an Ecken, wo ich nicht mit gerechnet hatte", erzählt Jost gut vier Wochen später.
Winzerin Cecilia Jost: Frostschäden auf fast einem Viertel der Fläche
Insgesamt vier Hektar ihrer 15 Hektar Weinanbaufläche haben einen Frostschaden erlitten. Mit Frostfackeln beheizt hatte sie damals nur den weitaus kleinsten Teil - gerade mal 0,2 Hektar Fläche, alles relativ junge Reben, die einen Frost nicht gut weggesteckt hätten. "Das hat geholfen", sagt sie im Nachhinein. Und würde sie auch immer wieder so tun.
Auch, wenn das Heizen der Luft um die Weinreben herum keine billige Angelegenheit ist. Allein die Frostfackeln schlugen bei ihr mit knapp 1.000 Euro zu Buche. Zum Einsatz waren sie bereits in den Jahren 2014, 2017 und 2020 gekommen. Hinzu kommen noch die Kosten für die Mitarbeitenden, die sie aufstellen und auch wieder abräumen.
Schäden durch Frost schwer einzuschätzen
Wie gut die älteren Weinstöcke, die ohne diese Heiz-Hilfe auskommen mussten, durch den Frost gekommen sind, das lasse sich derzeit noch gar nicht mit Gewissheit sagen. Bei rund der Hälfte seien die Haupttriebe zwar erfroren, sogenannte Beitriebe hätten sich aber ausgebildet.
Burgunder-Sorten, die Ende April viel kalte Luft abgekommen hatten und die Cecilia Jost eigentlich für dieses Jahr schon abgeschrieben hatte, zeigen plötzlich frisches Grün. "Im Moment können wir einen absoluten Schaden also noch gar nicht abschätzen."
Schlimmer als Frost im Frühjahr ist für Jost ohnehin ein ganz anderes Naturereignis: "Wenn ich mir eine Katastrophe aussuchen könnte, dann wäre das der Frost im Frühjahr und nicht der Hagel im August." Bei einem Hagel im August wäre möglicherweise die ganze Ernte hinüber. Bei einem Frost im Frühjahr könne man noch immer nachkorrigieren - und etwa darauf verzichten, die Weintrauben im Sommer auszuschneiden. Das hat dann ja quasi schon der Frost im Frühjahr übernommen.
Was bedeutet das nun für Weinliebhaber?
Das Deutsche Weininstitut (DWI) in Bodenheim erwartet nach dem Spätfrost keinen großen Preissprung. Dass Verbraucher deshalb am Weinregal tiefer in die Tasche greifen müssen, sei bislang nicht ausgemacht: "Die Gesetze auf dem freien Markt sprechen dafür, dass die Preise steigen.
Aber wir sind keine Insel: Der Preisdruck in der Branche ist heftig", sagt Frank Schulz vom Deutschen Weininstitut (DWI). Im Handel konkurrierten die deutschen Winzer mit Weinbauern aus der ganzen Welt. Daher sei es für die betroffene Betriebe schwierig, die höheren Preise, die sie theoretisch verlangen müssten, auch wirklich zu erlösen.
Allianz-Versicherung: An der Mosel teils 50 Prozent Ertragsverlust
Der Spätfrost und seine Folgen bringe vor allem die Wein-Betriebe in Schwierigkeiten, die nicht nicht versichert seien, sagt der Schadenleiter der Allianz-Agrar-Pflanzenversicherung, Martin Heiß. "Oft die, die ihren Wein an Genossenschaften verkaufen, haben ein Problem."
Bundesweit sieht das Schadensbild nach Angaben der Allianz sehr unterschiedlich aus: In Ostdeutschland seien 90 bis 100 Prozent der Rebfläche deutlich geschädigt. Ähnlich sehe es auch in Franken und an der Mosel aus: "Die Schäden dort sind sehr, sehr heftig. Wir sprechen verbreitet von mehr als 50 Prozent Ertragsverlust". In den größten deutschen Weinanbaugebieten Rheinhessen und Pfalz sieht es laut Heiß nicht ganz so schlecht aus.
Schaden wird erst bei der Weinlese klar einzuordnen sein
Laut Allianz-Agrar-Chef Alexander Lührig lässt sich die Höhe des entstandenen Schadens erst kurz vor der Weinlese zuverlässig beziffern. Etwas mehr als die Hälfte der bei der Allianz versicherten Winzer habe bereits einen Schaden gemeldet.
Schulz vom DWI bestätigte, dass manche Regionen und Betriebe zwar vom Frost stark gebeutelt seien. Die größten Anbaugebiete seien jedoch weitgehend verschont geblieben. Extreme Auswirkungen beim Preis erwartet er durch die Schäden daher nicht. Zahlreiche Winzer würden sich zudem andere Absatzquellen erschließen - etwa über mehr Tourismus.
Frost Ende April in Rheinland-Pfalz
Teils hohe Ernteverluste Mittelrhein und Mosel: Frostschäden an Weinreben und Obstbäumen
Nachtfröste haben im nördlichen Rheinland-Pfalz Schäden in Weinbergen und an Obstbäumen verursacht. Landwirte und Winzer haben teils große Verluste zu beklagen.