Am 8. März ist Weltfrauentag. An diesem Tag gehen Frauen weltweit für ihre Rechte an die Öffentlichkeit. Wir zeigen, wo es in Rheinland-Pfalz bis heute Nachholbedarf und Missstände gibt.
Etwas mehr als die Hälfte der Menschen in Rheinland-Pfalz sind Frauen. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes sind 50,6 Prozent der Bevölkerung weiblich (Stand: 2021). Die gesellschaftlichen Unterschiede zu Männern sind weiter deutlich - insbesondere auf dem Arbeitsmarkt.
1. Frauen verdienen weniger Geld
Im vergangenen Jahr haben Frauen in Rheinland-Pfalz 15 Prozent weniger verdient als ihre Kollegen. Sie verdienten nach Daten des Statistischen Landesamtes durchschnittlich 19,68 Euro die Stunde, Männer hatten dagegen einen Bruttostundenverdienst von 23,19 Euro. Dieser sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap berücksichtigt dabei nicht die strukturellen Unterschiede zwischen den Geschlechtern wie zum Beispiel die Wahl der Berufe und der Branchen, in der sie tätig sind. Für ganz Deutschland lag der unbereinigte Gender Pay Gap im Jahr 2022 bei 18 Prozent und fiel damit um drei Prozentpunkte höher aus als in Rheinland-Pfalz.
Gender-Pay-Gap RLP Equal Pay Day: Frauen verdienten 15 Prozent weniger
Equal Pay Day 2023: Noch immer gibt es einen Gender Pay Gap. Wissenswertes zur Lohnlücke zwischen Frauen und Männern gibt es hier:
2. Teilzeit oder Minijob statt Führungskraft
71,3 Prozent der Frauen in Rheinland-Pfalz zwischen 15 und 65 Jahren sind erwerbstätig. Bei den Männern sind es 79,9 Prozent. Über die Hälfte der Frauen arbeiten in Teilzeit (51,8 Prozent), bei den Männern ist es nur ein Bruchteil davon (10,2 Prozent). Ganz anders sieht es bei dem Anteil der Führungskräfte aus: Frauen sind hier deutlich seltener vertreten als Männer. 27,7 Prozent aller Führungskräfte sind weiblich. Bezogen auf alle erwerbstätigen Frauen haben nur 6,6 Prozent Führungspositionen inne, bei den Männern sind es 14,9 Prozent.
Teilzeit sei unverändert eine Frauendomäne, sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit. "Frauen sind nach wie vor häufiger durch Kinderbetreuung und häusliche Pflege gebunden. Oft ist dies ein Grund für die Teilzeitbeschäftigung. Dies birgt jedoch ein hohes Altersarmutsrisiko", sagt Schulz.
Teilzeit hat im Zeitraum von 2012 bis 2022 zugenommen. Die Zahl der Frauen in Teilzeitbeschäftigung erhöhte sich um 28,2 Prozent auf knapp 360.000 Beschäftigte. Die Vollzeitbeschäftigung von Frauen stieg in diesem Zeitraum lediglich um 7,7 Prozent.
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Rheinland-Pfalz (DGB) wird zu viel Fachkräfte-Potenzial liegen gelassen. Frauen seien zu einem großen Teil in prekärer Beschäftigung wie Minijobs, in Teilzeit oder gar nicht mehr erwerbstätig. "Dieses Potenzial nicht zu nutzen, können sich Wirtschaft und Gesellschaft längst nicht mehr leisten", warnt die Bezirksvorsitzende Susanne Wingertszahn.
Etwa jede sechste erwerbstätige Frau in Rheinland-Pfalz arbeite ausschließlich in einem Minijob, im Vergleich zu anderen Bundesländern sei Rheinland-Pfalz hier Spitzenreiter. "Frauen arbeiten nicht unbedingt freiwillig auf Minijobbasis, aber sie finden insbesondere in den ländlichen Regionen von Rheinland-Pfalz oft keine sozialversicherungspflichtigen Teilzeitarbeitsplätze, die ihren Bedürfnissen entsprechen", so Wingertszahn. Dabei seien die Frauen in Minijobs überdurchschnittlich hoch qualifiziert.
3. Frauen tragen Hauptlast der Care-Arbeit
Care-Arbeit wie Kinderbetreuung wird oft von Frauen ausgeübt. Deutlich wird dies zum Beispiel am Elterngeld. 2021 waren 78,6 Prozent der Elterngeldbeziehenden weiblich, 21,4 Prozent waren männlich. Nach Angaben der Statistiker in Bad Ems bezogen die Frauen dabei deutlich weniger und deutlich länger Elterngeld als die Männer: Im Durchschnitt kamen sie auf 589 Euro monatlich für 15,6 Monate, Männer auf 1.280 Euro für 3,6 Monate. Werden Kinder von einem Elternteil alleine erzogen, ist das häufig ebenfalls die Mutter: 2021 waren 81,6 Prozent der Alleinerziehenden in Rheinland-Pfalz weiblich.
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4. Weniger Rente, mehr Altersarmut
Frauen sind stärker als Männer gefährdet, im Alter in Armut zu geraten. 22,8 Prozent der über 65 Jahre alten Frauen in Rheinland-Pfalz sind von Armut bedroht; bei den Männern sind es 16,4 Prozent (Stand: 2021). Im Durchschnitt erhielten Frauen im Jahr 2021 dem DGB zufolge eine Rente von rund 717 Euro. Männer hingegen bekamen im Durchschnitt eine Rente von rund 1.285 Euro.
Mehr als 72 Prozent der Frauen landeten laut DGB im Jahr 2018 mit ihren Altersrenten gar unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle, die damals für Rheinland-Pfalz bei 1.061 Euro lag. Bei den Männern ist dies "nur" bei gut 35 Prozent der Fall.
5. Gewalt gegen Frauen
Die Polizei registrierte im Jahr 2022 insgesamt 5.565 Fälle von Sexualdelikten, 403 mehr als im Jahr zuvor. "Besonders schwer wiegt hier die Zunahme bei der sexuellen Belästigung um 179 auf nunmehr 760 Fälle", wie Innenminister Michael Ebling (SPD) bei der Vorlage der Kriminalitätsstatistik 2022 mitteilte. Bei den Fällen von Gewalt in engen sozialen Beziehungen waren im Vorjahr 79,4 Prozent der Opfer weiblich. Die Tatverdächtigen waren in 77 Prozent der registrierten Fälle männlich. Bezogen auf Frauen und Männer erfuhren rund 63 Prozent der Opfer Gewalt durch den Partner. Bei 36,4 Prozent der Opfer wendete der ehemalige Partner Gewalt an.