Viele Restaurants, Cafés und Kneipen in Rheinland-Pfalz fürchten um ihre Existenz. Neben Arbeitskräftemangel und Preissteigerungen könnte 2024 auch noch die Mehrwertsteuer steigen.
Es ist ein Zustand zwischen Hoffen und Bangen für die Wirtinnen und Wirte sowie die Beschäftigten in der rheinland-pfälzischen Gastronomie. Noch bis zum Jahreswechsel gilt dort wie bundesweit der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen. Doch Stand jetzt, wird dieser mit Beginn des kommenden Jahres wieder auf 19 Prozent steigen. Der Branchenverband Dehoga warnt deshalb: Vor einem "Preisschock für die Gäste" und vor einem weiteren großen Betriebe-Sterben in der Gastronomie.
Schnitzel, Pizza und Co. bald 12 Prozent teurer?
Der mögliche Preisschock würde vermutlich 12 Prozent betragen. Also genau die Differenz zwischen sieben und 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen. Die Branche sei noch von Corona gebeutelt, die Umsätze seien immer noch geringer als vor der Pandemie, berichtet der rheinland-pfälzische Dehoga-Präsident Gereon Haumann schon im September Gespräch mit dem SWR: "Insofern ist zu befürchten - aus Sicht der Gäste -, dass wir eine Erhöhung der Verkaufspreise um genau diese 12 Prozent erwarten müssen."
Für das Rumpsteak beispielsweise, das heute 26 Euro kostet, müssten Gäste dann rund 29 Euro zahlen. Haumann spricht von der "größten Steuererhöhung für die Verbraucherinnen und Verbraucher der letzten Jahre", sollte es so kommen. Und er befürchtet, dass dann viele Menschen auf den Restaurant- oder Cafébesuch verzichten.
"Bei höherer Mehrwertsteuer rund 750 Betriebe in RLP gefährdet"
Für die Gäste stellt sich zudem die Frage: Gibt es mein Lieblingsrestaurant nächstes Jahr überhaupt noch? "Der höhere Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gefährdet ganz konkret in Rheinland-Pfalz 750 Betriebe", beklagt Haumann. Er beruft sich dabei auf Umfragen des Verbandes. Je nach Fragestellung hätten dabei zwischen 500 und 1.000 Betriebe angegeben, dass sie beim Steuersatz von 19 Prozent davor stünden, den Laden zu schließen. "Das sind rund 10 Prozent der Gastgeber im Land", so Haumann.
"Dreyer darf Gastronomie nicht im Regen stehen lassen"
Schon in der Corona-Zeit hat die rheinland-pfälzische Gastronomie laut Dehoga 21 Prozent ihrer Gaststätten verloren. Weitere Schließungen wolle man unbedingt vermeiden, sagt Präsident Haumann. Er hofft auf Unterstützung durch die Landesregierung, insbesondere von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), wegen ihrer guten Kontakte zur Bundes-SPD und Kanzler Olaf Scholz. Denn über die Mehrwertsteuer wird auf Bundesebene entschieden.
"Wir haben bisher seitens der Ministerpräsidentin und der Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) in Rheinland-Pfalz keine positiven Signale, dass man sich für die Gastronomie im Land einsetzt", bedauert Haumann. Umso intensiver sei der Appell des Verbandes an beide "hier die Gastgeber in Rheinland-Pfalz nicht im Regen stehen zu lassen, die davor stehen, dann den Laden zu zu schließen".
Einsatz für reduzierte Mehrwertsteuer? RLP hält sich bedeckt
Ob Rheinland-Pfalz sich einer geplanten Bundesrats-Initiative von Mecklenburg-Vorpommern anschließt, den Mehrwertsteuersatz auf Speisen dauerhaft bei sieben Prozent zu belassen, ist nicht klar. Auf Anfrage des SWR wurde dies von der Staatskanzlei nicht beantwortet. Auch die SPD-geführte Landesregierung im Saarland hat sich für eine dauerhaft reduzierte Mehrwertsteuer auf Speisen ausgesprochen.
Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) deutet zumindest an, dass sie sich eine Verlängerung der ermäßigten Mehrwertsteuer durchaus vorstellen kann. "Für mich gilt weiter: Was der Branche grundsätzlich hilft, sollte umgesetzt werden", so Schmitt auf SWR-Anfrage.
Nach dem Ende von Corona Gaststätten und Hotels in RLP finden wieder Personal
Während der Corona-Pandemie hatten auch Hotels und Restaurants in Rheinland-Pfalz Personal verloren. Nach Angaben des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga konnten viele Betriebe Mitarbeitende wieder zurückgewinnen - gegen den Bundestrend.
Freie Wähler: Reduzierter Mehrwertsteuersatz muss entfristet werden
"Wann endlich handelt auch Malu Dreyer?", fragen die Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag. Es werde Zeit, dass sich Dreyer "dazu durchringt, eine Aussage pro Entfristung zu tätigen und eine neue Bundesratsinitiative unterstützt", fordert Joachim Streit, Fraktionschef der Freien Wähler.
Auch Dehoga-Präsident Haumann setzt darauf, dass sich die Landesregierung noch für die Interessen der Restaurants, Kneipen und Cafés im Land einsetzt. Er sei verhalten optimistisch. "Denn bei Nichtstun gilt ja ab 2024 wieder der höhere Steuersatz", so Haumann. Davon wären auch die Schulverpflegung, Kitas und Kantinen betroffen, die derzeit ebenfalls vom reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Speisen profitieren.