Ein Jahr nach dem Ende der letzten Schutzvorkehrungen wegen Corona wird auch in Rheinland-Pfalz diskutiert, wie die Pandemiezeit politisch aufgearbeitet werden soll. Die Einrichtung einer Enquete-Kommission wäre eine Möglichkeit.
Schulschließungen, Lockdowns, Maskenpflicht - auch in Rheinland-Pfalz stellen sich viele Menschen immer noch die Frage, ob die Einschränkungen während der Pandemie angemessen waren. Viele Politiker haben inzwischen zugegeben, dass Fehler gemacht wurden. Der größte sei die Schließung von Schulen und Kitas gewesen, sagte beispielsweise die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) Ende Dezember in einem Zeitungsinterview.
Dreyer lässt offen, wie Aufarbeitung von Corona erfolgen sollte
Bei der Frage, wie in Rheinland-Pfalz eine Aufarbeitung der Corona-Politik erfolgen sollte - beispielsweise durch eine Enquete-Kommission, bleibt Dreyer eine klare Antwort jedoch schuldig. "Ich halte eine Aufarbeitung für wichtig, um für die Zukunft zu lernen und auch, um den Riss zu kitten, der zwischen Befürwortern und Gegnern der Corona-Maßnahmen entstanden ist", so die Ministerpräsidentin auf Anfrage des SWR.
Einen konkreten Weg, wie dies geschehen soll, nennt sie aber nicht. "Dabei kommt es nicht vorrangig auf die Form der Aufarbeitung an, sondern darauf, dass wir aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen."
Landtagsfraktionen mehrheitlich gegen Enquete-Kommission
Klar Stellung beziehen dagegen die Fraktionen im rheinland-pfälzischen Landtag. So lehnen es sowohl die Ampelfraktionen von SPD, Grünen und FDP als auch CDU und Freie Wähler ab, für die Aufarbeitung der Corona-Politik eine Enquete-Kommission einzurichten. Alle fünf verweisen darauf, dass es schon zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 eine solche Kommission des Landtags gegeben hat.
Zu den Erkenntnissen aus dem damaligen Abschlussbericht gehört nach Angaben der SPD, dass die Maßnahmen der Landesregierung "erforderlich, notwendig und zielgerichtet" gewesen seien. Sie kommt deshalb zu dem Schluss: "Aus Sicht der SPD-Fraktion bedarf es in Rheinland-Pfalz keiner weiteren Enquete-Kommission zur Evaluierung der Corona-Krise."
Grüne und FDP: Enquete-Kommission im Bundestag zweckmäßiger
Ähnlich äußert sich der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Steven Wink, auf SWR-Anfrage. Er sieht die weitere Aufarbeitung der Corona-Zeit besser im Bundestag aufgehoben, weil das Infektionsschutzgesetz Bundesrecht ist. Zudem habe der Bund sehr umfangreiche Daten der Pandemiejahre aus allen 16 Bundesländern vorliegen. "Eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags wäre daher zweckmäßiger", so Wink.
Diese Haltung vertritt auch der Grünen-Gesundheitsexperte Josef Winkler. Der meint: "Es macht keinen Sinn in 16 Ländern eine Enquete-Kommission einzusetzen."
Winkler erklärte, er habe eher Sympathie für den CDU-Vorschlag, eine umfangreiche - möglicherweise zweitägige - Anhörung zu den Corona-Folgen im Gesundheitsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags durchzuführen.
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CDU wirbt für umfangreiche Experten-Anhörung in RLP
Für eine solche Anhörung von Experten und Sachverständigen wirbt der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christoph Gensch. Es gehe unter anderem darum, Lehren zu ziehen etwa für die Bereiche Pflege, Rettungsdienst und Gesundheitsämter. "Die Folgen der Pandemie erstrecken sich auf viele Bereiche des Lebens und der Gesellschaft", so Gensch. Die CDU-Initiative zur Aufarbeitung des rheinland-pfälzischen Corona-Managements in Form einer Anhörung finde offensichtlich parteiübergreifend Zuspruch.
Eine Anhörung von Experten und Sachverständigen zur Pandemie hat es im vergangenen Jahr auch im saarländischen Landtag gegeben. Dies wäre auch aus Sicht der Freien Wähler ein "nachahmenswerter Weg für Rheinland-Pfalz", so Gesundheitsexperte Helge Schwab. Dabei sollten aber nicht nur gesundheitliche Aspekte beleuchtet werden. "Gerade auch rechtliche Konsequenzen bedürfen einer Nachbetrachtung, um für kommende Situationen gerüstet zu sein", fordert Schwab.
AfD hält an Forderung nach Enquete-Kommission fest
Als einzige Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag spricht sich die AfD weiterhin für die Einsetzung einer Enquete-Kommission aus. Das sei das richtige Instrument für die Aufarbeitung der Corona-Pandemie, bei deren Eindämmung es mitunter zu "schwerwiegenden Einschränkungen elementarer Grundrechte gekommen sei", so der AfD-Fraktionsvorsitzende Jan Bollinger. Er ergänzt: "Sicherlich würden wir uns auch keinem Untersuchungsausschuss verweigern."
Von einer Aufarbeitung durch "wie auch immer gearteten Expertenräten" hält der AfD-Fraktionschef dagegen nichts. Er äußerte zudem "erhebliche Zweifel am Willen zur offenen und ehrlichen Aufarbeitung auf Seiten der anderen Fraktionen, insbesondere natürlich der Ampel". Ein AfD-Antrag zur Einsetzung einer Enquete-Kommission war im vergangenen Jahr im Landtag gescheitert.
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