Mehr Teamplayer als gefürchteter Redner: Der erfahrene Oppositionsführer Christian Baldauf gibt rund zwei Jahre nach der verlorenen Landtagswahl Ende März 2023 den CDU-Fraktionsvorsitz frei.
Bei der Landtagswahl im März 2021 hatte Baldauf die SPD-geführte Regierung im Land von Helmut Kohl nach 30 Jahren beenden wollen. Was Julia Klöckner zuvor zweimal nicht gelang, war aber auch für den Pfälzer nicht zu schaffen.
Er fuhr vielmehr das schlechteste Ergebnis seiner Partei bei einer Landtagswahl jemals ein - ließ sich aber dennoch kurz darauf wieder zum Fraktionsvorsitzenden und im März 2022 auch zum Parteivorsitzenden wählen.
Der passionierte Radrennfahrer und Taucher hatte sich lange in Geduld geübt: Zweimal hatte er Klöckner als CDU-Spitzenkandidatin den Vortritt gelassen. Aus ihren Erfahrungen hat der in der Pfalz verwurzelte Anwalt gelernt und es mit seinem eigenen Stil versucht. So vermied er im Wahlkampf Angriffe auf seine politische Gegnerin - Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) - und versuchte, keine Fehler zu machen. Doch es gelang Baldauf keine überzeugende Vision einer von ihm geführten Regierung.
Reformprozess nach Wahlniederlage eingeleitet
Nach der Schlappe bei der Landtagswahl leitete der 55-Jährige einen Reformprozess der Partei mit externer Beratung ein. Er konnte aber nicht ausreichend deutlich machen, wofür er steht, heißt es selbst in Teilen der CDU. "Ich würde Ihnen nicht empfehlen, weiterzumachen wie jetzt", hatte der auf Veränderungsprozesse spezialisierte Unternehmensberater Georg Kraus der Union im März ins Stammbuch geschrieben. Jeder in der Partei solle sich fragen: "Wie kriegen wir echten Dialog und Austausch hin?" Nun macht Baldauf den Weg für einen Nachfolger frei - möglicherweise auch für einen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2026.
Baldaufs Gegenkandidat Bröhr hatte keine Chance
Es schien ein glatter Durchmarsch für Baldauf auf dem Weg zum CDU-Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl zu werden. Bereits im Juni hatte der CDU-Landesvorstand Baldauf einstimmig nominiert. Dann hatte er doch noch einen Gegenkandidaten bekommen: Marlon Bröhr, Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises. Doch Bröhr hatte bei der Wahl keine Chance.
Baldauf als Einiger einer zerstrittenen Partei
Vor 17 Jahren rückte Christian Baldauf mit gerade mal 38 Jahren an die Spitze der CDU in Rheinland-Pfalz. Er wurde Fraktionschef und Parteivorsitzender. Damit saß er auf dem Chefsessel einer Partei, die sich in desaströsem Zustand befand: Illegale Wahlkampffinanzierung und Misswirtschaft hatten die CDU in einen Abwärtsstrudel gerissen. Die zerstrittene Partei zu einen und die Finanzen in Ordnung bringen, das war die Herausforderung.
SWR-Korrespondent Frederik Merx ordnet Baldaufs Rückzug ein
2011: Baldauf lässt Klöckner den Vortritt
Es kam das Jahr 2011 mit der nächsten Landtagswahl. Auch wenn es kein Naturgesetz ist: Es hätte durchaus nahe gelegen, wenn Baldauf als Partei- und Fraktionschef auch als Spitzenkandidat seiner Partei ins Rennen gegangen wäre. Machte er aber nicht. Er trat als Parteivorsitzender zurück, machte Platz in der ersten Reihe für Julia Klöckner, die dem amtierenden Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) die Stirn bieten wollte. Sie gab dafür in Berlin ihren Posten als Staatssekretärin im Bundeslandeswirtschaftsministerium auf und kehrte nach Mainz zurück.
Baldauf ließ Klöckner den Vortritt und sah seine Rolle in der zweiten Reihe. So hätten vermutlich nicht viele Politiker entschieden. Freiwilliger Machtverzicht, das kommt nicht allzu oft vor. Für Baldauf ging es aber um etwas anderes: "Die Entscheidung, die ich zu treffen hatte, war nicht in erster Linie die Frage, mache ich es oder mache ich es nicht. Nein, es war viel mehr die Frage, wie kann ich in meiner Funktion als Landes- und Fraktionsvorsitzender meine Partei so aufstellen, dass sie 2011 die Landtagswahl gewinnt."
Gewonnen hat die CDU die Wahl nicht. Und auch 2016 scheiterte sie mit ihrer Spitzenkandidatin Klöckner, diesmal an der seit 2013 amtierenden Malu Dreyer. In all diesen Jahren stand Baldauf loyal an der Seite von Fraktionschefin Klöckner.
Bonuspunkte gesammelt
In seiner Partei war der Pfälzer lange Zeit beliebt, die Christdemokraten rechnen ihm bis heute seinen Verzicht zugunsten Klöckners hoch an. Bei parteiinternen Wahlen erzielt Baldauf seitdem Top-Ergebnisse, insbesondere bei seiner Wahl zum Parteivize. Seit 2018 war Baldauf erneut Fraktionsvorsitzender der CDU im rheinland-pfälzischen Landtag, denn Klöckner ging wieder nach Berlin, diesmal als Bundeslandwirtschaftsministerin.
Vom Typ her ist der Anwalt aus Frankenthal eine Art Gegenentwurf zu Julia Klöckner. Während die schon mal polternd daher kommt, bleibt Baldauf meistens ruhig. Selbst scharfe Kritik klingt bei ihm fast freundlich.
Bei den Menschen kommt die geradlinige Art des gebürtigen Frankenthalers meist gut an. Er ist nicht abgehoben und spricht nach wie vor ihre Sprache, im wahrsten Sinne des Wortes. Im vergangenen Wahlkampf ging er selbst von Tür zur Tür, um für die CDU zu werben.
Helmut Kohl als Motiv, Politiker zu werden
Der Weg in die Politik war dem Fan des 1. FC Kaiserslautern und Sänger in einem Heavy-Metal-Chor nicht vorgezeichnet. Die Politik von Helmut Kohl hatte ihn vor mehr als 30 Jahren zum Eintritt in die CDU bewegt - seit mehr als 20 Jahren gehört er dem Landtag an. Auch Jurist wollte der Katholik zunächst nicht werden. "Ich wollte ursprünglich in die Naturwissenschaften. Aber ich fand spannend, was mein Vater machte. Als Richter entschied er zum Beispiel über Entschädigungssachen für jüdische Kläger".