SPD-Vize Rehlinger zu Esken-Diskussionen

SPD-Vize Rehlinger: Scholz und Esken haben ein sehr gutes Verhältnis

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Autor/in
Uli Hauck

Olaf Scholz` kalte Schulter für Saskia Esken nach der Vertrauensfrage ging viral. Anke Rehlinger will entschärfen: Der Kanzler respektiert Esken "absolut".

Zwei Szenen aus dem Bundestag haben diese Woche für Aufsehen gesorgt. Danach wurde in den Sozialen Medien über den Umgang von Olaf Scholz mit SPD-Chefin Saskia Esken diskutiert. Denn der Bundeskanzler hat der SPD-Parteivorsitzenden einfach den Rücken zugekehrt, sie gleich zweimal abblitzen lassen. Ausgerechnet der Bundeskanzler, der viel von Respekt spricht, hatte Esken ignoriert und geschnitten.

"Olaf Scholz steht für eine respektvolle Politik – auch im Umgang"

Anke Rehlinger war bei der historischen Sitzung dabei, hat auf Einladung der SPD-Fraktion gesprochen. Die saarländische Ministerpräsidentin und stellvertretende SPD-Vorsitzende sagt: "Ich habe die Videos auch gesehen. Sie wirken in der Tat nicht sonderlich glücklich. Aber ich glaube, man muss auch wirklich an diesem Punkt festhalten, das war für Olaf Scholz eine sicherlich sehr emotionale Sitzung. Und es war alles andere als der Wille, irgendjemandem den Rücken zuzudrehen, sondern er war irgendwie nach meinem Gefühl ein bisschen im Tunnel".

Eine Formulierung, die im Nachgang der Szenen offenbar parteiintern abgestimmt worden ist, da sie auch von anderen SPD-Politikern verwendet wurde. SPD-Vize Rehlinger sagt, Scholz respektiert Esken "absolut". "Die Beiden haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander."

Kein Interesse Personaldiskussionen anzufeuern

Und trotzdem, Esken ist auch in Teilen der SPD nicht unumstritten. In Zeitungsberichten wird bereits ihre Stellvertreterin Anke Rehlinger als mögliche Nachfolgerin gehandelt. Die erfolgreiche SPD-Politikerin führt im Saarland die derzeit einzige Ein-Parteien-Regierung in Deutschland an.

Rehlinger schließt bundespolitische Ambitionen zwar nicht völlig aus, sie sagt aber auch: "Saarlandliebe ist mein ganz großes Motto. Und wenn es für das Saarland gut ist, dann bin ich natürlich auch in Berlin unterwegs und versuche für die Saarländerinnen und Saarländer das Beste rauszuholen".

Uli Hauck, ARD-Hauptstadtkorrespondent und Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin Saarland
Uli Hauck, ARD-Hauptstadtkorrespondent und Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin Saarland

Mit ihrer Rolle in der SPD ist Rehlinger derzeit happy: "Ich bin sehr zufrieden und glücklich mit der Position, die ich habe. Ich bin stellvertretende Parteivorsitzende. Wir haben zwei gute Parteivorsitzende an der Spitze. Und mit dieser Konstellation werden wir jetzt in den Wahlkampf gehen. Ich habe kein Interesse daran, jetzt irgendwelche Personaldiskussionen noch anzufeuern". Jetzt geht es Rehlinger darum, "dass die SPD die nächste Bundesregierung anführt." Sollte das noch gelingen, "wird anschließend auch niemand mehr eine Debatte über Parteivorsitzende oder sonst was führen", sagte die SPD-Politikerin im ARD Interview der Woche.

Sollte die SPD im Februar aber das Kanzleramt verlieren, könnte es doch sehr schnell zu Personaldiskussionen kommen. Durch den anstehenden Wahlkampf und die vorgezogenen Neuwahlen bleiben aber auch viele politische Projekte auf der Strecke.

"Diese Chance hätten wir nicht verspielen sollen"

Kaputte Schulen, geschlossene Schwimmbäder oder Theater, die notorische Finanznot der Kommunen betrifft vor allem die alten Industrieregionen im Westen der Republik. Doch auch nach jahrelangen Diskussionen gibt es keine Lösung für überschuldete Kommunen. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland aber auch in anderen Bundesländern sitzen Städte und Gemeinden auf einem erdrückenden Altschuldenberg von insgesamt mehreren Milliarden Euro. Die betroffenen Länder haben deshalb Entschuldungsprogramme aufgelegt.

Aber auch der Bund sollte sich schon seit Jahren finanziell beteiligen. In der Niedrigzinsphase hatte Olaf Scholz noch als Finanzminister der damaligen Großen Koalition einen Vorschlag gemacht - ohne Erfolg. Ex-Finanzminister Christian Lindner hat dann im Sommer neue Eckpunkte für eine Altschuldenregelung aufgestellt.

Eine Einigung gibt es aber weiterhin nicht. Die saarländische Ministerpräsidentin Rehlinger bedauert das im ARD Interview der Woche: "Vor allem, weil, insbesondere auch immer von der CDU gesagt worden ist, dass dazu eine verfassungsändernde Mehrheit notwendig ist".

Ob die dafür nötige Zweidrittelmehrheit nach der Bundestagswahl noch zusammenkommt, ist zumindest fraglich: "Ich würde das gerne dann tun, wenn wir ganz sicher und klar haben, dass es eben eine verfassungsändernde Mehrheit von in den Kommunen verankerten demokratischen Parteien ist, ohne dass wir jemand anderen dazu bräuchten. Diese Chance, meine ich, hätten wir nicht verspielen sollen." Neben einer Altschuldenregelung für Kommunen wurden aber auch wichtige Infrastrukturprojekte in Deutschland seit Jahrzehnten nicht umgesetzt.

Schiffsstau auf der Mosel – "das ist wirklich ein riesiges Ärgernis"

Nur noch Notschleusungen gehen derzeit auf der Mosel, nachdem ein Frachtschiff gegen ein Schleusentor gekracht ist. Die Schleuse Müden muss repariert werden. Die Verzögerungen kosten vor allem Unternehmen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland viel Geld, weil sie aktuell von der weiterführenden Wasserstraße Rhein abgeschnitten sind.

Das Chaos hätte die Politik verhindern können, wären rechtzeitig alle zehn deutschen Moselschleusen mit einer zweiten Kammer ausgestattet worden. Denn erweitert wurden bislang erst drei Schleusen. Obwohl der Ausbau seit 2003 im Bundesverkehrswegeplan eine erhöhte Priorität hat. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger spricht von einem "riesigen Ärgernis" und einem "Schaden für den Wirtschaftsstandort Deutschland". Es habe "nie den hinreichenden Willen gegeben, das Ganze so zu beschleunigen, wie man es gebraucht hätte." Rehlinger kritisiert grundsätzlich: "Wir haben zu lange, zu sehr auf Kosten der Substanz gelebt und bekommen eben bei solchen Gelegenheiten dann auch immer mal wieder die Quittung dafür präsentiert. Ein weiteres Warnzeichen dafür: es muss mehr in die Infrastruktur investiert werden."

Die marode Infrastruktur und ihre Finanzierung dürften auch im anstehenden Bundestagswahlkampf ein wichtiges Thema werden.

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Uli Hauck