Die Lokführer, die bei der GDL organisiert sind, haben für einen unbefristeten Streik gestimmt. Der Philosoph Christoph Quarch hält das für Egoismus.
Bei der Deutschen Bahn droht im Neuen Jahr ein massiver Arbeitskampf. Die bei der GDL organisierten Lokführer haben für einen unbefristeten Streik gestimmt.
Streitpunkt ist die Forderung nach einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 38 Stunden auf 35 Stunden. Die Bahn lehnt das ab. GDL-Chef Claus Weselsky hat angekündigt, ab dem 8. Januar 2024 seien Arbeitsniederlegungen bis zu fünf Tagen möglich.
Viele Beschäftigte haben "selbstzentrierte Grundhaltung"
Der Philosoph und Buchautor Christoph Quarch hat wenig Verständnis für die Forderung der Lokführer-Gewerkschaft, die Arbeitszeit zu senken. Die GDL wisse, dass die Bahn zu wenig Personal habe. Deshalb vermisse er an diesem Punkt "die Solidarität der Beschäftigten mit ihren Arbeitgebern".
Diese Einstellung spiegele ein gesellschaftliches Problem wider. Es habe sich eine "selbstzentrierte Grundhaltung" durchgesetzt. Viele Beschäftigten fragten deshalb nicht mehr, "was sie für ihre Firma Gutes tun können. Die erwarten, dass ihre Firma ihnen alle Wünsche erfüllt."
Mit anderen teilen - das ist Wohlstand
Für den Philosophen sind der Arbeitskampf der Lokführer und der Bauernprotest wegen des angekündigten Wegfalls der Steuervergünstigungen für Agrardiesel ein Zeichen für Egoismus. Von der biologischen Grundverfassung seien Menschen allerdings keine Egoisten, sondern soziale Wesen. Doch mit Hilfe der neoliberalen Wirtschaftsordnung sei eine Welt entstanden, die den Egoismus belohne und soziales Denken bestrafe. "Das ist nicht natürlich."
Gleiches gelte für die Annahme, materieller Reichtum und ein Maximum an freier Zeit seien Wohlstand. "Philosophen und Weise haben das zu allen Zeiten bestritten und immer wieder darauf hingewiesen, dass Wohlstand etwas ist, was man mit anderen teilt und das man der Teilhabe an einer Gesellschaft verdankt", sagt Christoph Quarch.