Synthetische Kraftstoffe für Porsche: Die in Santiago de Chile ansässige Gesellschaft „Haru Oni“ baut eFuels-Pilotanlage in Punta Arenas an der Südspitze Chiles.

Synthetischer Sprit aus grünem Strom

Porsche startet eFuel-Anlage in Chile

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Autor/in
Jochen Braitinger
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Petra Thiele
SWR-Wirtschaftsredakteurin Petra Thiele

Porsche produziert synthetische Kraftstoffe in Chile. Die Anlage liefert eFuel aus Windenergie, Wasser und CO2. Das Verfahren braucht aber auch selbst viel Energie.

Der Stuttgarter Autobauer hat zusammen mit Siemens Energy und weiteren Partnern die Pilotanlage zur Produktion von eFuels - einem synthetischen Flüssigkraftstoff - in Betrieb genommen. Der chilenische Energieminister Diego Pardow kam zur Eröffnung. Auch der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) war angereist, um Kontakte in Chile zu knüpfen. Baden-Württemberg will künftig vor allem im Flug- und Schiffsverkehr auf synthetische Kraftstoffe setzen. Von der neuen Anlage profitiert das Land vorerst nicht. Der Kraftstoff, der in Chile mit erneuerbarer Energie hergestellt wird, geht zu 100 Prozent an Porsche. Bei der Eröffnung betankten die Porsche-Vorstände Barbara Frenkel und Michael Steiner einen Porsche 911 mit dem ersten vor Ort erzeugten Kraftstoff.

Der Vorstandsvorsitzende von HIF Globel, César Norton, bei der Eröffnung der ersten kommerziellen eFuel-Anlage.
Porsche und seine Partner um die chilenische Betreibergesellschaft Highly Innovative Fuels (HIF) produzieren jetzt erstmals synthetischen Kraftstoff. HIF-Chef César Norton (links) bei der Eröffnung.

Starker Wind aus der Antarktis

Es ist die weltweit erste Großanlage, die in der Anlaufphase 130.000 Liter eFuel für Verbrennungsmotoren erzeugen kann. In zwei Stufen soll die Kapazität bis 2024 auf rund 55 Millionen Liter eFuel und bis 2026 auf rund 550 Millionen Liter erweitert werden. An der kaum besiedelten Südspitze Chiles, in Punta Arenas, wird der synthetische Kraftstoff mithilfe von regenerativem Strom, der vor allem aus Wind erzeugt wird, hergestellt. Der Wind weht dort ganzjährig stark aus Richtung Antarktis.

"Energievernichtungsmaschine" als Übergangslösung

Das Verfahren ist sehr aufwendig und kostet viel Energie. Zuerst muss der "grüne Strom" produziert werden. Damit wird dann der synthetische Kraftstoff erzeugt, der dann von Chile nach Europa transportiert werden muss. Eine solche Herstellung von künstlichen Kraftstoffen sei deshalb ineffizient, sagen vor allem Klimaschützer. Das Ganze ist eine regelrechte "Energievernichtungsmaschine", meint der Leiter der SWR-Umweltredaktion Werner Eckert. Allerdings findet er auch, dass übergangsweise synthetische Kraftstoffe ein Beitrag sind, um die bestehende Auto- und Lkw-Flotte klimafreundlicher zu machen.


„Wenn man ein Auto direkt mit dem grünen Strom laden würde, dann könnte man fünf- bis sechsmal so weit fahren - batterieelektrisch - wie man mit einem Auto mit eFuel fahren kann."

Chile nutzt selbst überwiegend fossile Energiequellen

Auch Johanna Büchler, Verkehrsexpertin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), meint, es wäre besser, wenn der grüne Strom in dem Land selbst verwendet werden würde. Chile decke seinen eigenen Energiebedarf heute überwiegend aus fossilen Energiequellen. Der erneuerbare, regenerative Strom werde also vor Ort gebraucht. Diesen Strom für eFuels einzusetzen, bedeute "eine massive Verschwendung dieser kostbaren Ressource".

Die Betreiber sehen das anders. Wo es, wie in Chile, Wind im Überfluss gibt, könne man diesen auch großzügig nutzen.

Barbara Frenkel, Mitglied des Vorstandes, Beschaffung, 2021, Porsche AG
Porsche-Vorständin Barbara Frenke sagt, in Chile stoße das eFuel-Projekt auf offene Ohren: "Wir werden sehr willkommen geheißen, weil wir natürlich Wirtschaftskraft in diese strukturarme Gegend bringen.“

„Wenn man betrachtet, dass die Windturbine, die wir dort sehen, hier dreimal so viel Energie produziert, als wenn wir die in Deutschland platzieren, hat sich die Diskussion um die Effizienz relativ schnell schon erledigt. Aber es geht eigentlich nicht hauptsächlich um die Effizienz, sondern darum, die ungenützte Windenergie, die hier nicht verwendet werden kann, dahin zu bringen, wo sie gebraucht wird.“

90 Prozent der Emissionen im Verbrenner reduzieren

Der künstliche Kraftstoff hat zumindest einen Vorteil: Er ist umweltfreundlicher als Benzin oder Diesel aus Erdöl. Mit eFuels lassen sich zukünftig bis zu 90 Prozent der fossilen CO2-Emissionen im Verbrenner reduzieren.

Kraftstoff aus Chile für Rennwagen

Porsche will die eFuels perspektivisch in den eigenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor einsetzen; beim Porsche Rennsport und bei alten Porsche-Modellen, die noch auf der Straße herumfahren. Den ersten Kraftstoff aus Chile will Porsche unter anderem in Rennwagen des Porsche Mobil 1 Supercup einsetzen.

Porsche und der Mineralölkonzern ExxonMobil erproben schonseit 2021 beim Porsche Mobil 1 Supercup erneuerbarer Flüssigkraftstoffe im Motorsport.Der Anteil des Biokraftstoffs wird aus Nahrungsmittel-Abfallprodukten gewonnen.
Porsche und der Mineralölkonzern ExxonMobil erproben schon seit 2021 beim Porsche Mobil 1 Supercup erneuerbarer Flüssigkraftstoffe im Motorsport.Der Anteil des Biokraftstoffs wird aus Nahrungsmittel-Abfallprodukten gewonnen.

Skandal um eFuels-Absprachen

Im Sommer 2022 hatte es einen Skandal um Porsche-Chef Oliver Blume und Finanzminister Christian Lindner (FDP) gegeben. Beide hatten zusammen dafür gesorgt, dass eFuels im Koalitionsvertrag durchgewunken wurden. Die grüne Umweltministerin Steffi Lemke hatte die Position der Ampelkoalition zugunsten von synthetischen Kraftstoffen infrage gestellt.

Energie und Rohstoffe aus Südamerika

Deutschland will Südamerika generell als Rohstoff- und Energielieferant gewinnen, auch was Kupfer, Lithium, seltene Erden und andere Rohstoffe betrifft. Seit dem Ukrainekrieg waren deutsche Staatssekretäre in Chile, Argentinien und Brasilien. Bald sollen Ministerinnen und Minister sowie der Bundeskanzler folgen. Die Besuche sollen Deutschlands Abhängigkeit von russischen Rohstoffen und Gas mittelfristig verringern.

Mit Chile hat die EU gerade ein neues Handelsabkommen geschlossen, wodurch Lithium (für Akkus), Kupfer und Wasserstoff Europa klimafreundlicher machen sollen. Die eFuel-Pilotanlage in Chile ist nun das erste konkrete Projekt in diese Richtung.

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