Auf die gut 250 derzeit freien Schulleiterstellen in Baden-Württemberg gibt es zu wenige Bewerbungen. Es fehlen Lehrer, die Rektor werden wollen. SPD und Schulleiter schlagen Alarm.
An Schulleiterinnen und Schulleitern herrscht in Baden-Württemberg weiter Mangel. Das geht aus einer Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage der SPD im Landtag hervor. Demnach fehlen an den 3.820 öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg 259 Rektorinnen und Rektoren. Die Zahl der Bewerbungen lag bei 213.
Vor allem in Grundschulen und SBBZ fehlen Schulleiter
Insbesondere die Situation in Grundschulen und Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) ist alarmierend, sagte der stellvertretende Fraktionschef der SPD Stefan Fulst-Blei. Nach Auskunft des Kultusministeriums waren zum 15. Dezember 164 Leitungsstellen an Grundschulen unbesetzt. Das entspricht 8,6 Prozent. 91 Personen bewarben sich.
Bei den SBBZ sieht es nicht besser aus. Dort kamen auf 38 freie Stellen 24 Bewerbungen. Viele eigentlich freie Schulleiterstellen sind zwar kommissarisch besetzt, das könne aber nur eine Notlösung sein, sagte Werner Weber, Landeschef der Schulleitervereinigung. Die Vertretung komme meist aus dem Lehrer-Kollegium der betroffenen oder einer benachbarten Schule. Eine Folge könne sein, dass dort öfters der Unterricht ausfällt.
Frust wegen Bürokratie und Lehrermangel Schulleiter in BW geben der Schulpolitik die Note vier bis fünf
Die Kuchensteuer ist nur das jüngste Beispiel: Fast alle Schulleitungen in BW klagen in einer Umfrage über steigende Bürokratie. Der Schulpolitik des Landes stellen sie ein schlechtes Zeugnis aus.
Kultusministerium sieht keine deutliche Verschlechterung
Das Kultusministerium findet diese Zahlen nicht besorgniserregend. "Betrachtet man die vergangenen vier Jahre, ist im groben Mittel kein sichtbarer Anstieg der Vakanzen festzustellen." Das Ministerium verweist auf Bemühungen, das Berufsbild attraktiver zu machen. Dazu gehörten beispielsweise Verbesserungen bei der Besoldung. Zudem würden die Lehrkräfte mit Fortbildungen auf ihre neue Aufgabe vorbereitet und in großen Schulen durch multiprofessionelle Teams entlastet. Ferner kann die Leitung auch in Teilzeit ausgeübt werden.
Dennoch ist nach Angaben von Schulleiter Weber vor allem auf dem Land die Suche nach Bewerbern sehr schwierig. Oft interessiere sich nur ein Kandidat. "Das ist natürlich keine Bestenauswahl." Zwar habe sich die Besoldung der Leiterinnen und Leiter kleiner Grundschulen erhöht. "Doch was wir wirklich brauchen, ist mehr Leitungs- und weniger Unterrichtszeit." Von dem 28-Stunden-Deputat darf eine Rektorin oder ein Rektor nur 12 Stunden für die Leitung verwenden; 16 Stunden in der Woche muss sie oder er noch vor der Klasse stehen. Das ist aus Sicht von Schulleiter Weber unzumutbar.
Ruf nach Entlastung und Finanzierung von Modellversuch
Angesichts der vielfältigen Aufgaben von Inklusion über Sprach- und Mathematikförderung bis zur Fortbildung für Kolleginnen und Kollegen sei die Position schon ohne Unterricht ein Vollzeitjob. Schulleiter Weber und SPD-Politiker Fulst-Blei fordern vor allem eine Entlastung: Es müsse den Rektorinnen und Rektoren ermöglicht werden, nicht-pädagogische Aufgaben abzugeben.
Der seit 2006 laufende Modellversuch mit dem Einsatz von Schulverwaltungsassistenten an großen beruflichen Schulen müsse ausgedehnt werden. Diese je zur Hälfte von Land und Kommunen finanzierten Experten erstellen etwa Statistiken, beschaffen Schulmaterial oder kümmern sich um den Kontakt zur Kommune. "Land und kommunale Schulträger müssen sich endlich auf die künftige Finanzierung einigen", so Schulleiter Weber weiter. Er sieht dabei vor allem die Kommunen in der Pflicht.
SPD: Viele Rektoren geben Schulleiterjob wieder ab
Verschärft wird die Lage laut SPD-Politiker Fulst-Blei dadurch, dass Lehrer vom übernommenen Schulleiterjob vermehrt wieder zurücktreten. Im vergangenen Jahr hatten 23 Lehrerinnen und Lehrer an allen Schulen außer beruflichen Schulen und Gymnasien die höhere Verantwortung abgegeben - fast doppelt so viele wie 2019.