"So geht es nicht weiter" hat Boris Palmer selbst in seiner Erklärung geschrieben. Mit dieser Ansicht ist er nicht alleine. Wissenschaftler sind sich einig: Diesmal ging er deutlich zu weit.
Der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer (parteilos), nimmt sich eine "Auszeit" - und ist aus seiner langjährigen Partei, den Grünen, ausgetreten. SWR Aktuell hat mit zwei Wissenschaftlern darüber gesprochen: Ulrich Eith ist Politikwissenschaftler an der Universität Freiburg, Frank Brettschneider ist Wissenschaftler für politische Kommunikation an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Beide erklären im SWR-Interview: Palmer ist zu weit gegangen.
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Brettschneider: "verheerend, die Anhängerschaft zu verlieren"
Für Brettschneider ist klar: "Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat." Und für eine Politikerin oder einen Politiker sei es verheerend, die Anhängerschaft zu verlieren. "Jede Erfahrung zeigt: Wenn die eigenen Leute nicht mehr hinter einem stehen, dann wird es ganz ganz eng."
Dazu komme, dass Palmers Holocaust-Vergleich schräg und unpassend gewesen sei, betont Brettschneider. Dem stimmt auch Eith zu. "Es ist einfach eine Linie, die angesichts unserer Geschichte nicht überschritten werden darf." Eith glaubt nicht, dass Palmer nach diesen Äußerungen noch viele Befürworter finden kann.
Die Grünen ohne Palmer - Fluch oder Segen?
Brettschneider und Eith sind sich einig: Die Grünen dürften froh sein, dass Palmer aus der Partei ausgetreten ist. Die Wissenschaftler glauben aber auch, dass Palmer nach diesem Eklat der Partei nur zuvorgekommen ist. "Diesmal hätte man dann wirklich versucht, ihn rauszuschmeißen", so Brettschneider. Eith gibt aber auch zu bedenken: "Grundsätzlich ist es natürlich richtig, das auch Parteien kritische Geister brauchen und die Parteien davon leben."
Hat Palmer als Oberbürgermeister von Tübingen noch eine Chance?
Während Palmers Parteimitgliedschaft beendet ist, bleibt er noch Oberbürgermeister von Tübingen. Eine Auszeit von einem Monat will Palmer nehmen. "Sowas dauert länger als einen Monat", erklärt Brettschneider. "Und bisher hat das nie lange bei Palmer gehalten." Aber ist Palmer denn als Oberbürgermeister noch haltbar? "Es gibt zwei Gesichter von ihm", so Brettschneider. "Das eine ist der Provokateur, das andere ist der erfolgreiche Bürgermeister." Sofern er sich auf das Bürgermeister-Dasein konzentriert und sich nicht provozieren lässt, sei das durchaus denkbar, meint Brettschneider.
"Das müssen die Menschen in Tübingen entscheiden", erklärt hingegen Eith. Er sieht die Entscheidung weniger bei Palmer selbst. "Man hört ja schon, dass er in vielen Bereichen als Oberbürgermeister eine sehr gute Arbeit gemacht hat." Nach der Auszeit werde es in Tübingen eine Diskussion geben müssen, ob Palmer weiterhin als Oberbürgermeister tragbar sei oder nicht.
Die Auszeit - was bringt sie?
Für Frank Brettschneider ist klar, die Auszeit für Boris Palmer ist richtig. "Das hätte er schon früher machen sollen," so Brettschneider. Doch was könnte die Auszeit für den Oberbürgermeister von Tübingen bedeuten? Palmer selbst sagt, er will sich Hilfe suchen. Wie die aussehen könnte, schlägt der Kommunikationsexperte Peter Rach im SWR-Interview vor:
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Palmer und das N-Wort
Palmer hatte sich am Freitag bei einer Migrationskonferenz eine verbale Auseinandersetzung mit einer Protestgruppe über seine Verwendung des N-Wortes geliefert. Nachdem er den Begriff mehrmals wiederholt hatte, hatten ihn die Protestierenden mit "Nazis raus"-Rufen konfrontiert. Daraufhin hatte Palmer zu der Menge gesagt: "Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi."
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