Mit dem Ende der Ampel-Koalition stehen letzte Regierungsprojekte auf der Kippe. Ist das ein Problem für Baden-Württemberg?
Die baden-württembergische Landesregierung rechnet derzeit nicht damit, dass der Bruch der Berliner Ampel-Koalition große finanzielle Folgen für die Aufstellung des Landeshaushalts hat. Das sagte ein Sprecher des Finanzministeriums auf Nachfrage. Man gehe davon aus, dass der Bund seine Fördermaßnahmen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung weiterhin gewähre.
Die vorläufige Haushaltsführung ist im Grundgesetz geregelt: Alle planmäßigen und gesetzlich abgesicherten Ausgaben des Bundes, etwa die Gehälter der Staatsbediensteten, laufen ganz normal weiter. Zusätzliche Projekte sind aber nur in Ausnahmefällen möglich.
BW-Finanzministerium: Einbußen fürs Land unklar
Im Landesfinanzministerium erwartet man, dass die vom Bund mitfinanzierten Programme wie Wohnraumförderung, Förderungen im wissenschaftlichen Bereich oder auch Breitbandförderung im bisherigen Umfang weiterlaufen könnten. Dennoch lasse sich nicht genau sagen, "wo und in welcher Höhe es Einbußen für das Land" geben könnte, räumte der Sprecher ein.
"Mehr Netto vom Brutto": Kommt Steuerreform noch?
Was noch kommen könnte - auch ohne Mehrheit von rot-grünen Bundesregierung - ist eine Änderung des Steuerrechts auf Bundesebene. Wiederholt hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür geworben, der Bevölkerung "mehr Netto vom Brutto" zu ermöglichen. Auch im baden-württembergischen Finanzministerium ist man dahingehend zuversichtlich. Deshalb sei eine finanzielle Vorsorge im BW-Doppelhaushalt 2025/2026 weiterhin geboten.
So plant der Bund etwa den Abbau der sogenannten kalten Progression und die Senkung der Stromsteuer - werden die Pläne umgesetzt, bekommt auch das Land weniger Geld. Entscheidungen dürfte es erst nach der Vertrauensfrage des Kanzlers geben, so der Sprecher des Ministeriums weiter. Die will Noch-Bundeskanzler Scholz am 11. Dezember schriftlich stellen, am 16. Dezember soll dann der Bundestag abstimmen. Erhält Scholz wie zu erwarten keine Mehrheit, ist der Weg für Neuwahlen frei. Die sollen am 23. Februar 2025 stattfinden.
Reiner Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, sagte der "BILD" Mitte November zur Steuerreform: "Den Arbeitnehmern droht eine Rekordmehrbelastung bei den Sozialversicherungen. Umso wichtiger sind jetzt die versprochenen Entlastungen bei der Einkommensteuer. Sie dürfen nicht dem Ampelkrach zum Opfer fallen. Wir brauchen den Abbau der kalten Progression im nächsten Jahr dringender denn je." Ob sie jedoch kommen ist ohne Mehrheit für Rot-Grün im Bundestag fraglich. Aus der FDP gab es zuletzt Signale, das Paket (eines der Projekte von Ex-Finanziminister Christian Lindner von den Liberalen) möglicherweise nach Scholz' Vertrauensfrage mit ihren Stimmen im Bundestag zu unterstützen. Die Union dagegen wird Scholz im Wahlkampf wohl eher nicht dabei helfen, eine Mehrheit für Steuerentlastungen zu beschaffen. Ohnehin wolle man zunächst die Abstimmung über die Vertrauensfrage am 16. Dezember abwarten.
"Lassen Sie uns dafür sorgen, dass die Fleißigen in diesem Land, die sich jeden Tag anstrengen, schon entlastet werden ab Januar": Am 13. November hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit diesen Worten für Steuererleichterungen geworben. Ohne Unterstützung der anderen Fraktionen kann er das Vorhaben mit seiner rot-grünen Minderheitsregierung nicht mehr umsetzen:
Ampel-Aus: BW-Regierung prüft finanzielle Auswirkungen
BW-Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte das Ministerium von Finanzminister Danyal Bayaz (beide Grüne) erst vor wenigen Tagen beauftragt, zu prüfen, wie groß die finanziellen Auswirkungen des Ampel-Endes auf Baden-Württemberg sein werden. Direkt nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 6. November hatten BW-Wirtschaftsvertreter ihre Sorge bekundet. So warnte etwa der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, Oliver Barta, vor einem wirtschaftspolitischen Stillstand, der nun zementiert werden könnte.
Im Landtag wird derzeit über den Landeshaushalt für die Jahre 2025 und 2026 verhandelt, mit einem Gesamtvolumen von mehr als 130 Milliarden Euro. Eigentlich hatte es bereits eine Einigung über das Planwerk gegeben. Weil die Steuerschätzer dem Land jüngst aber weniger Steuereinnahmen prognostiziert hatten als erwartet, mussten kurzfristig nochmals Finanzlöcher gestopft werden.