Der Freispruch für den ranghöchsten Polizisten in Baden-Württemberg hat viele überrascht. Doch das letzte Wort in dem Verfahren ist noch nicht gesprochen. Jetzt muss der Bundesgerichtshof ran.
Zweieinhalb Monate nach dem Freispruch für den Inspekteur der Polizei rückt die Entscheidung über die Revision des Verfahrens um sexuelle Nötigung näher. Das Landgericht Stuttgart bestätigte dem SWR, dass die schriftliche Urteilsbegründung nun vorliege. Damit kann das Urteil vom Bundesgerichtshof auf Rechtsfehler überprüft werden. Das Urteil ist aufgrund der beantragten Revision weiterhin nicht rechtskräftig.
Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage haben nun einen Monat Zeit, ihre Revisionsbegründung zu schreiben. Beide hatten schon kurz nach dem Urteil erklärt, Rechtsmittel einzulegen. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe muss dann entscheiden, ob das Stuttgarter Urteil rechtskräftig wird oder der Fall in Stuttgart vor einer anderen Strafkammer neu verhandelt werden muss.
Nebenklage moniert mehrere Verfahrensfehler
Der Anwalt der Polizistin, die dem Inspekteur sexuelle Nötigung vorgeworfen hatte, pocht auf Fehler im Verfahren. Anwalt Holger-C. Rohne sagte dem SWR: "Der Gerichtsprozess weist mehrere Verfahrensfehler auf, von denen einige im Prozess noch bemerkt und korrigiert worden sind." Die Nebenklage hatte im Prozess zum Beispiel mehrfach beantragt, dass die Verhandlung an bestimmten Stellen nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden solle.
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Freispruch aus Mangel an Beweisen
Der bei vollen Bezügen freigestellte Inspekteur der Polizei, Andreas R., war Mitte Juli aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. In dem Verfahren ging es um die Frage, ob der ranghöchste Polizist seine Machtstellung missbraucht hat, um die jüngere Hauptkommissarin zu sexuellen Gefälligkeiten zu drängen.
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Strafe von einem Jahr und drei Monaten gefordert, ausgesetzt zur Bewährung. Die Nebenklage hatte ebenfalls eine Verurteilung gefordert, allerdings ohne ein Strafmaß zu nennen. Der Richter sagte in seiner Urteilsbegründung, die Nebenklägerin sei als Zeugin nicht glaubwürdig genug gewesen, um bei der vorliegenden Aussage-gegen-Aussage-Konstellation eine Verurteilung des Inspekteurs zu rechtfertigen. Es sei nicht zu klären gewesen, ob der Inspekteur in der Nacht zum 13. November 2021 die Kollegin vor einer Stuttgarter Bar genötigt habe, ihn intim zu berühren.
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Untersuchungsausschuss hört Strobls Ex-Staatssekretär
An diesem Freitag tagt erneut der parlamentarische Untersuchungsausschuss, der sich ebenfalls mit dem Skandal beschäftigt. Als Zeuge ist der frühere Staatssekretär im Innenministerium, Wilfried Klenk, geladen. Er soll die Frage beantworten, warum Andreas R. im Ministerium von Ressortchef Thomas Strobl (CDU) eine so steile Karriere machen konnte.
Die Vorwürfe gegen Andreas R. beschäftigen die Polizei und die Politik in Baden-Württemberg seit fast zwei Jahren. Das Innenministerium hat mittlerweile die Strukturen in der Führungsspitze der Landespolizei umgebaut und den Posten des Inspekteurs abgeschafft.
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Staatsanwaltschaft prüft weitere Vorwürfe gegen Andreas R.
Die Staatsanwaltschaft prüft indes weitere Vorwürfe gegen den Inspekteur. So soll Andreas R. der Kollegin in einem Skype-Gespräch wenige Tage nach dem Abend in der Bar versprochen haben, ihr zum Aufstieg in den höheren Dienst zu verhelfen, wenn sie mit ihm eine Beziehung eingeht. Der Anwalt der Polizistin sieht darin einen Verstoß gegen die Dienstpflichten und Bestechlichkeit. Er sieht sich bestätigt durch das Oberlandesgericht Stuttgart.
Das Gericht hatte zwar einen Klageerzwingungsantrag der Nebenklägerin abgelehnt. Es erklärte aber zur Begründung, dass es - anders als die Staatsanwaltschaft - nicht dazu berufen sei, zu prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht auf Bestechlichkeit besteht.
Darüber hinaus prüft die Anklagebehörde, ob Andreas R. anderen Polizistinnen gegen ihren Willen Fotos und Videos geschickt hat, auf denen er nackt zu sehen ist.
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