In BW sollen bis 2035 keine zusätzlichen Flächen für Straßen, Parkplätze oder Häuser verbraucht werden. Das ist das Ziel der Landesregierung. Mehrere Verbände machen nun Druck.
Jeden Tag wird in Baden-Württemberg ein halbes Dutzend Hektar Fläche verbraucht, weil Straßen, Parkplätze oder Häuser gebaut werden. Ein Bündnis aus 17 Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden fordern dafür eine verbindliche Obergrenze von zweieinhalb Hektar pro Tag. Zudem wollen sie von der Landesregierung eine Garantie, dass spätestens im Jahr 2035 unter dem Strich keine zusätzlichen Flächen mehr verbraucht werden.
Ab diesem Donnerstag sammeln Mitglieder des Bündnisses Unterschriften für den Volksantrag "Ländle leben lassen".
Die Verbände brauchen 40.000 Unterzeichnende, damit der Landtag darüber berät. Mehr Informationen zum Volksantrag im Infokasten:
Flächenverbrauch in BW wächst
Der tägliche Flächenverbrauch lag nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Baden-Württemberg im Jahr 2021 bei 6,2 Hektar pro Tag - das entspricht im Jahr einer Fläche von über 3.000 Fußballfeldern. Im Jahr 2000 waren es zwar noch 12 Hektar pro Tag, aber Grüne und CDU in Baden-Württemberg haben auch ein ehrgeiziges Ziel: In ihrem Koalitionsvertrag verspricht die Landesregierung, den Flächenverbrauch auf zunächst 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen und bis 2035 auf Netto-Null zu reduzieren.
"Mit den bisher ergriffenen Maßnahmen wird sie dieses Ziel nicht erreichen - tatsächlich steigt der Flächenverbrauch seit 2018 wieder deutlich an", kritisiert das Bündnis. Nach Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) sind mittlerweile 14,8 Prozent des Landes mit Häusern, Parkplätzen oder Straßen bedeckt. Im Jahr 2000 waren es noch 13,2 Prozent. "Schaut man auf die letzten beiden Generationen, so haben sie so viel neue Siedlungsfläche in Anspruch genommen wie alle 80 Generationen zuvor", kritisieren die unterzeichnenden Verbände.
Flächenverlust drittes großes Umweltproblem
Der Flächenverbrauch sei neben dem Klimawandel und dem Artenrückgang das dritte große Umweltproblem im Land, sagte Gerhard Bronner, Vorsitzender des Landesnaturschutzverbandes (LNV), laut Mitteilung. "Im dicht besiedelten Baden-Württemberg können wir es uns nicht mehr leisten, dass unsere Landschaft weiter zersiedelt wird und immer mehr Biotope und landwirtschaftliche Flächen unter Asphalt und Beton verschwinden", so Bronner.
Kein Platz mehr für Äcker
Die Verbände drängen damit auch darauf, fruchtbare Böden besser zu schützen. Die Landesregierung habe ihre Ziele, den Flächenfraß einzudämmen, klar verfehlt, so Hans-Benno Wichert, Vizepräsident des Landesbauernverbandes (LBV), und das hätte gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft. "Durch den massiven Flächenverbrauch gehen zu viele wertvolle Äcker und Wiesen verloren", sagte er. Boden sei die Existenzgrundlage für landwirtschaftliche Familienbetriebe, er sichere die regionale Lebensmittelproduktion für die Bevölkerung, so Wichert.
Wenn das Land nicht in der Lage sei, genug Nahrungsmittel vor Ort zu erzeugen, sei es von Importen abhängig, sagte Karl-Heinz Mayer, Vizepräsident des Badischen Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV). Deren Umwelt- und Sozialstandards seien aber oft fragwürdig.
Bauen treibt die CO2-Emissionen
Als dicht besiedeltes Land braucht Baden-Württemberg viele neue Häuser und Gewerbegebäude, auch Straßen, Schienen und Stromtrassen. Doch das schade dem Klima. "Die CO2-Emissionen aus Bau und Nutzung von Gebäuden sind für etwa 40 Prozent der Emissionen in Deutschland verantwortlich", sagte Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz. Unversiegelte Böden, Wälder und Moore seien ein zentraler Faktor bei der Bindung und Speicherung von Kohlendioxid. "Wir brauchen sie für den Klimaschutz“, so Pilarsky-Grosch. In Baden-Württemberg gebe es nur noch 22 durch Zersiedlung unzerschnittene Areale mit einer Größe von über 100 Quadratkilometern.