Versuchsanlage wird derzeit aufgebaut

In Heidenheim wird bald für klimafreundlichen Zement geforscht

Stand
Autor/in
Maja Nötzel
SWR-Aktuell Redakteurin Maja Nötzel

Bei der Produktion von Zement wird jede Menge klimaschädliches CO2 frei gesetzt. Wie sich dies ändern lässt, wollen vier Zementhersteller ab Sommer in Mergelstetten untersuchen.

Seit 2022 wird in Heidenheim-Mergelstetten (Kreis Heidenheim) direkt neben dem Zementwerk der Firma Schwenk eine Forschungsanlage gebaut. Damit ist das langfristige Ziel verbunden, klimafreundlichen Zement herzustellen. Denn bei der Produktion von herkömmlichen Zement wird sehr viel klimaschädliches Kohlendioxid, also CO2, in die Luft geblasen. Und das will man für den Klimaschutz ändern.

In der Versuchsanlage soll CO2 aus der Zementherstellung abgeschieden, möglichst rein gewonnen und weiter verwendet oder gespeichert werden. Dafür haben sich vier europäische Zementhersteller zu einer Forschungsgesellschaft zusammengeschlossen, darunter Heidelberg Zement und die in Ulm ansässige Firma Schwenk. Gemeinsam wollen sie das millionenschwere CO2-Abscheide-Projekt "catch4climate" realisieren.

Anlage bei Schwenk in Heidenheim-Mergelstetten

In der Forschungsanlage auf dem Gelände des Zementwerks von Schwenk in Mergelstetten wurde dafür eine eigene Drehofenlinie mit einer Klinker-Produktionskapazität von 450 Tagestonnen aufgebaut, die ausschließlich der Forschung und Entwicklung dient.

Klinker ist ein essentieller Bestandteil von Zement und damit auch von Beton. Er wird maßgeblich aus Kalkstein hergestellt, der in Steinbrüchen gewonnen und in Drehöfen zu Zementklinker gebrannt wird. "Da bei der Entsäuerung von Kalkstein immer Kohlendioxid freigesetzt wird, ist langfristig eine klimaneutrale Zementherstellung nur möglich, wenn es gelingt, CO2 einzufangen und als Rohstoff einzusetzen oder zu lagern", heißt es dazu auf der Internet-Seite von Schwenk-Zement.

Die Forschungs- und Entwicklungsanlage für die Gewinnung von hochkonzentriertem CO2 in Heidenheim-Mergelstetten. Die Anlage soll im Sommer 2025 in Betrieb gehen. Das Ziel: klimafreundlicher Zement.
Die Forschungs- und Entwicklungsanlage für die Gewinnung von hochkonzentriertem CO2 in Heidenheim-Mergelstetten. Die Anlage soll im Sommer 2025 in Betrieb gehen. Das Ziel: klimafreundlicher Zement.

Das Ziel der Forschungsanlage in Mergelstetten ist, schon bei der Herstellung von Zement CO2 abzuscheiden. Dafür wird in der Anlage anstelle von Luft reiner Sauerstoff in den Verbrennungsofen eingebracht. Auf diese Weise wird im Ofen der CO2-Anteil im Abgas auf etwa 90 Prozent erhöht. Dadurch kann bei der Abscheidung höher konzentriertes Kohlendioxid gewonnen werden, das besser zu verwerten ist.

Forschung zu klimafreundlichem Zement ab Sommer 2025

Mehr als 120 Millionen Euro soll die Anlage kosten, die im Sommer 2025 in Betrieb gehen soll. Geplant ist eine Laufzeit von längstens drei Jahren, zur Erarbeitung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen.

Der Prozess, der in der Anlage in Mergelstetten erforscht wird, ist sehr energieintensiv. Diese Energie soll jedoch nach Angaben von Schwenk aus erneuerbaren Quellen stammen. Man sei überzeugt, sagte eine Sprecherin dem SWR, dass mit der sogenannten Carbon Capture Technologie zur CO2-Abscheidung "dann Net-Zero (also Netto-Null, Anm.d.Red) für die Gesamtbilanz des Baustoffs Beton erreicht werden kann."

Kohlenstoff für Dünger oder Medizinprodukte verwenden

Aus dem in der Forschungsanlage gewonnenen hochkonzentriertem Kohlenstoff sollen andere Produkte hergestellt werden können. Denn in vielen Industriezweigen, etwa bei der Herstellung von Düngemitteln oder hygienischen Medizinprodukten aus Kunststoff, werde Kohlenstoff dringend benötigt. Für diese Verfahren fehlen laut Schwenk aber noch die rechtlichen Voraussetzungen.

Ursprünglich sollte in der Nähe der Mergelstettener Forschungsanlage auch eine Anlage entstehen, in der mit dem gewonnenen CO2 synthetisches Flugbenzin hergestellt wird. Der Flughafen Stuttgart war an dem Projekt des Landes Baden-Württemberg beteiligt. Diese Anlage wird nun jedoch nicht gebaut. Wie eine Sprecherin des Flughafens auf SWR-Anfrage mitteilt, haben sich die EU-Regularien geändert. Daher könne das Projekt nicht weiterverfolgt werden.

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Eine andere Möglichkeit ist, das eingefangene CO2 vor Ort zu lagern oder über eine Pipeline an einen anderen Lagerort zu bringen. Entsprechende Pläne hat die Landesregierung im Oktober vorgestellt. Dafür muss nach Angaben von Schwenkt das CO2 entsprechend gereinigt, verdichtet oder verflüssigt werden, damit es transportiert oder gespeichert werden kann. Diese weitere Verarbeitung des CO2 werde jedoch in Heidenheim-Mergelstetten nicht untersucht.

Laut der Sprecherin begrüßt Schwenk die Initiative der Landesregierung Baden-Württemberg. Der Bau einer Pipeline sei ein erster Schritt hin zu einer klimafreundlichen Zementherstellung. "Allerdings möchten wir betonen, dass es nun dringend notwendig ist, weitere konkrete Schritte zu gehen und die entsprechenden Rechtsrahmen für den Umgang mit abgeschiedenem CO2 zu schaffen. [...] Ohne diese rechtlichen Rahmenbedingungen sehen wir die Zukunftsfähigkeit der Zementindustrie in Süddeutschland ernsthaft gefährdet."

Europäisches Klimaziel 2040 - CO2 um 90 Prozent senken

Im Februar verkündete die EU-Kommission das Ziel, bis 20240 in Europa den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase wie CO2 im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent zu senken. Das Land Baden-Württemberg will bis 2040 klimaneutral werden. Mit der Forschungs- und Entwicklungsanlage in Heidenheim-Mergelstetten wolle die Zementindustrie ihren Teil dazu beitragen. Es sei jedoch eine Testanlage, die Industrie brauche wesentlich größere Anlagen. Diese Technologie in der benötigten Größe bereitzustellen ist laut Schwenk eine besondere Herausforderung, "es ist jedoch durchaus darstellbar."

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