Nach der Entschärfung einer Fliegerbombe

Wo in Ulm noch heute Fliegerbomben im Boden schlummern könnten

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Autor/in
Maja Nötzel
SWR-Aktuell Redakteurin Maja Nötzel

Nach der Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Ulm stellt sich die Frage, ob noch weitere Bomben im Boden versteckt sein könnten. Fast die gesamte Innenstadt ist Verdachtsgebiet.

Vor allem die Städte Ulm, Aalen und der Landkreis Günzburg waren im Zweiten Weltkrieg Ziele von alliierten Luftangriffen. Zehn bis zwanzig Prozent der abgeworfenen Bomben sind damals nicht explodiert, schätzen Experten.

Zeitzeugin Gisela Dannecker erinnert sich an Bombenangriff auf Ulm

"Alle mussten raus, in den Graben und ins Gras. Wir haben die Erschütterungen der Bomben gespürt und das Gerumpel gehört. Die Soldaten im Bahnhof waren alle tot", erinnert sich die heute 88-jährige Gisela Dannecker. Sie war acht Jahre alt, als sie im Dezember 1944 in Ulm ankam. Gisela, ihr vier Jahre jüngerer Bruder und ihre Mutter waren von der ungarischen Grenze gekommen. Die drei schafften es in einen Sonderzug in Richtung Aulendorf. Nach wenigen Minuten musste der Zug aber wieder anhalten: Fliegeralarm.

Fast gesamte Innenstadt Ulms ist Blindgänger-Verdachtsgebiet

Noch heute liegen mutmaßlich einige Fliegerbomben im Bereich des Ulmer Hauptbahnhofs begraben, die damals nicht explodiert sind. Auch die in Ulm am 25.11. gefundene und erfolgreich entschärfte Bombe ist eine von diesen Blindgängern. Die Baustelle liegt in der Nähe des Hauptbahnhofs. Der war in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs mehrmals Ziel alliierter Luftangriffe. Aber auch die Innenstadt rund um das Ulmer Münster wurde am 17. Dezember 1944 schwer getroffen. Insgesamt wurden mehrere tausend Tonnen Bomben über Ulm abgeworfen.

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Die gesamte Innenstadt Ulms ist daher Verdachtsgebiet. Ziemlich überall können im Boden Weltkriegsbomben oder andere Kampfmittel liegen. Wie viele es tatsächlich sind, kann niemand serös schätzen, da die damals gemachten Bilder aufgrund der großen Zerstörung nicht eindeutig sind. Während auf dem Land Spuren von Blindgängern auf den Luftaufnahmen noch heute für Fachleute zu erkennen sind, ist das im zerstörten Ulm kaum möglich. Zu groß waren die Schäden.

Bombensondierung für die Landesgartenschau 2030

Wer heute in diesem Verdachtsgebiet bauen will, muss vorher eine Kampfmittelsondierung vornehmen lassen, auch wenn auf dem Gelände vorher schon ein Gebäude stand. Diese Sondierung über Luftbilder sei auch für die Landesgartenschau geschehen, so Harald Walter, Leiter der Koordinierungsstelle Großprojekte, auf SWR-Anfrage.

Die Luftbilder zeigen Bombentrichter, beschädigte Bauten und Kampfmittelverdachtsflächen für fast alle für die Landesgartenschau vorgesehenen Flächen. "Dies ist jedoch größtenteils unbedenklich", so Harald Walter, da bei der Gartenschau zum allergrößten Teil oberflächennah gearbeitet werde. Darüber hinaus rechnet Walter damit, dass die meisten Blindgänger in den letzten Jahrzehnten gefunden und auch beseitigt wurden.

"Man kann sagen, dass überall dort, wo nach dem Krieg größere Bauarbeiten im Boden erfolgten, die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, da die Bomben dann bereits beseitigt wurden."

Frühere Funde von Blindgängern in Ulm

In Ulm sind schon einige Blindgänger gefunden worden, mit unterschiedlichen Folgen. Im Jahr 2009 wurde beim Bau des Bahnhofstegs eine Fliegerbombe zumindest teilweise zur Explosion gebracht. Bei Sondierungsbohrungen stießen Bauarbeiter in sieben Metern Tiefe auf die Bombe, verletzt wurde niemand.

Im Februar 1984 wurde in acht Metern Tiefe eine Bombe in der Karlstraße gefunden, die erfolgreich entschärft werden konnte. Beim Bau der Schnellbahnstrecke Ulm-Wendlingen oder beim Bau der Tiefgarage am Hauptbahnhof wurden Stabbrandbomben gefunden, von denen jedoch keine Gefahr mehr ausging.

Sprengmeister Roger Flakowski steht im April 2018 neben einer entschärften Fliegerbombe. Auf einer Baustelle in der Neu-Ulmer Innenstadt wurde eine 500 Kilo schwere Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Zur Entschärfung mussten rund 12.000 Bewohner stundenlang evakuiert werden.
Sprengmeister Roger Flakowski steht im April 2018 neben einer entschärften Fliegerbombe. Auf einer Baustelle in der Neu-Ulmer Innenstadt wurde eine 500 Kilo schwere Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Zur Entschärfung mussten rund 12.000 Bewohner stundenlang evakuiert werden.

Beim Bau des Einrichtungshauses IKEA auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs, wurden laut dem Bauunternehmen Omnicon über 15.000 Kilogramm Munition entfernt. Damals wurden neben neuen Fliegerbomben auch Granaten, Zünder und Stabbrandbomben entdeckt.

Im Jahr 2018: Größere Evakuierungen wegen Bombenfunden auch in Neu-Ulm

Zwischen März 1944 und März 1945 wurden sechs Luftangriffe auf Neu-Ulm geflogen. 70 Prozent der Stadt wurden dabei zerstört. Beim Bau des Tiefbahnhofs in Neu-Ulm im Jahr 2003 und der Glacis-Galerie im Jahr 2013 wurden zunächst keine Fliegerbomben gefunden. Allerdings wurde nur wenige Meter davon entfernt, beim Bau des Südstadtbogens, eine Fliegerbombe gefunden und entschärft.

Im Jahr 2018 mussten die Anwohner im März und April insgesamt dreimal ihre Wohnungen für Entschärfungen verlassen. Im Jahr 2020 wurden in Neu-Ulm zwei weitere Blindgänger, amerikanische 225 Kilogramm-Bomben, erfolgreich entschärft. Dazu musste zeitweise die B10 gesperrt werden.

Auch Fliegerbomben in Leipheim und im Landkreis Günzburg

Auch der Fliegerhorst Leipheim, der Bahnhof Günzburg und die Fabrikräume der Süddeutschen Baumwolle-Industrie waren im Zweiten Weltkrieg das Ziel von Luftangriffen. Von 2011 bis 2021 wurden acht Fliegerbomben auf dem Gelände des Fliegerhorstes Leipheim, heute ein Industriegebiet, gefunden und entschärft. Ein Jahr später wurden drei Fliegerbomben gefunden und kontrolliert gesprengt.

Wolfgang Kosiol (li.) und Harald Nestle (re.), Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Baden-Württemberg, verladen im März 2022 eine entschärfte Fliegerbombe. Wegen der Entschärfung der rund 1000 Kilo schweren Fliegerbombe mussten in Aalen mehr als 3000 Bewohner im Umkreis von 600 Metern um die Fundstelle ihre Häuser und Wohnungen für mehrere Stunden verlassen.
Wolfgang Kosiol (li.) und Harald Nestle (re.), Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Baden-Württemberg, verladen im März 2022 eine entschärfte Fliegerbombe. Wegen der Entschärfung der rund 1000 Kilo schweren Fliegerbombe mussten in Aalen mehr als 3000 Bewohner im Umkreis von 600 Metern um die Fundstelle ihre Häuser und Wohnungen für mehrere Stunden verlassen.

Tausende Aalener mussten Wohnungen verlassen

2022 mussten in Aalen über 3.000 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Eine 1.000-Kilogramm-Bombe war auf einer Baustelle beim Tannenwäldle im Nordosten Aalens gefunden worden. Beim Luftangriff auf Aalen im April 1945 hatten zwei amerikanische Fliegerstaffeln militärische Infrastruktur aber auch Privathäuser und den Bahnhof bombardiert.

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