Weil weniger Autos gebaut werden, kann die Landeswasserversorgung in Langenau weniger Donauwasser in Trinkwasser umwandeln. Reinigungsmittel fehlen, ein Nebenprodukt der Autoindustrie.
Die Landeswasserversorgung muss im Augenblick mehr Grundwasser entnehmen, um sauberes Trinkwasser zu garantieren. Ein Großteil kam bisher aus der Donau. Das Flusswasser muss aber mit sogenannten Fällmitteln gereinigt werden. Die sind Mangelware, weil weniger neue Fahrzeuge produziert werden, und die Fällmittel sind ein Nebenprodukt der Autoindustrie.
Ein unscheinbarer Fleck an der Donau, bei Leipheim im Kreis Günzburg. Fast übersieht man die kleinen Strudel in Ufernähe. Deutlicher macht der Sicherheitszaun, dass hier etwas Wichtiges passiert. Bis zu 1.900 Liter pro Sekunde zwackt die baden-württembergische Landeswasserversorgung ein paar Kilometer hinter der Landesgrenze ab, um damit mehr als 1,5 Millionen Menschen von Ulm über die Alb bis Stuttgart mit Trinkwasser zu versorgen. Allein in Stuttgart die Hälfte der Haushalte. Ein Vertrag mit dem Land Bayern erlaubt das.
Nur noch 700 Liter statt 1.900 Liter pro Sekunde
Doch seit ein paar Wochen werden gerade mal 700 Liter pro Sekunde in die Rohre gespeist. Das Wasser gelangt ins Wasserwerk der Landeswasserversorgung in Langenau im Alb-Donau-Kreis und wird dort gereinigt. "Gerade bekommen wir die Fällmittel, die wir für die Aufbereitung brauchen, nicht mehr in dem Umfang wie über lange Zeit", sagt Bernhard Röhrle von der Landeswasserversorgung. Eisensalze, ein Nebenprodukt aus der Farben- und Lackeproduktion.
Zurzeit liefere der einzig übrig gebliebene Anbieter von Fällmitteln, eine Leverkusener Firma, die Titonoxid für Lacke und Farben herstellt, nur noch die halbe Menge an Fällmitteln - auch Flockungsmittel genannt. Die Autoindustrie baut weniger Autos, braucht also weniger Lacke.
"Abhängig von der Betriebssituation fahren wir einen höheren Donauwasser-Anteil und schonen die Grundwasser-Ressourcen - zumal die Grundwasserstände in den letzten Jahren abgesunken sind", sagt Röhrle. "Momentan fahren wir aber Grundwasser- und Donauwasser-Entnahme etwa zur Hälfte." Die Landeswasserversorgung kann den Engpass mit Grundwasser ausgleichen. Sie fördert nun mehr Wasser aus ihren zahlreichen Brunnen im württembergischen Donauried, aus einer Karstquelle bei Dischingen im Kreis Heidenheim und drei Tiefbrunnen bei Burgberg an der Brenz, einem Ortsteil von Giengen.
Das Grundwasser ist 15 Jahre alt und in dieser Zeit in unterirdischen Bächen von der Alb hierher geflossen. Im Vergleich zur Donau ist es bereits recht sauber. Die Gesteinsschichten haben es vorgereinigt. Man braucht kaum Fällmittel, um daraus Trinkwasser zu machen.
Doch Wasser ist in Zeiten des Klimawandels ein kostbares Gut. Diesen Sommer fiel kaum ein Tropfen. Die Landeswasserversorgung will die Grundwasser-Ressourcen nicht ausbeuten. In den letzten Monaten hat sie laut Röhrle deshalb versucht, etwa Dreiviertel des Trinkwassers aus der Donau zu generieren. "Das wollten wir weiterfahren. So lange, bis sich die Grundwasserstände im Winterhalbjahr wieder etwas erholen."
Wie aus Donauwasser Trinkwasser wird
Eisensalze haben sich bislang als Fällmittel bewährt. Wenn das Donauwasser bei der Landeswasserversorgung in Langenau ankommt, ist es trüb. Gibt man Eisen hinzu, erschrickt der Laie erstmal. Das Flusswasser wird noch brauner. Das zeigt den Fachleuten vor Ort aber, dass alles richtig läuft.
Die Eisensalze flocken, verfärben das Wasser braun und die organischen Schwebstoffe im Wasser haften daran. Diese braune Brühe durchläuft mehrere Becken, die Flocken setzen sich ab, das klare Wasser trennt sich, fließt ab und kann nach fünf Spezial-Reinigungsstufen ins Netz der Landeswasserversorgung eingespeist werden. Dann hat es eine Reise bis nach Stuttgart vor sich.
Suche nach einer Alternative
Im Labor der Landeswasserversorgung experimentiert zurzeit Thomas Lucke mit einem Fällmittel, das die Eisensalze ablösen könnte oder in Zukunft zumindest eine Ergänzung dazu bieten: Aluminiumsulfat. Um weniger abhängig zu sein von einer Firma, die im Übrigen die Preise für das Fällmittel verdoppelt hat.
Lucke arbeitet unter Hochdruck an dieser Alternative, denn die Landeswasserversorgung würde gerne im Februar mit dem neuen Mittel starten.