Das Maß ist voll für die IHK Ulm: Die Kammer hat für Dienstag Unternehmerinnen und Unternehmer zu einer Demonstration gegen Bürokratie aufgerufen. Das sei ungewöhnlich, aber nötig.
Die IHK Ulm, die Handwerkskammer Ulm und der Arbeitgeberverband Südwestmetall haben zu einer Protestkundgebung am Dienstag in Ulm aufgerufen. Mehr als 1.000 Teilnehmer aus 200 Firmen haben sich angekündigt, um gegen Bürokratie zu protestieren. Zu ihnen gehört auch einer der Vizepräsidenten der IHK Ulm, Friedrich Kolesch, Unternehmer aus Biberach.
Die Plakate und Banner für die Demo am Dienstagnachmittag sind gedruckt, der Lautsprecherwagen für die Abschlusskundgebung auf dem Münsterplatz ist bestellt. Ein bisschen merkwürdig fühle es sich immer noch an, sagt Kolesch, aber mit Gesprächen sei man in den vergangenen Jahren nicht weitergekommen.
"Es ist total ungewohnt. Wir üben, wir hoffen, dass nachher alles okay ist", so Kolesch. "Aber als Unternehmer sind wir es ja gewohnt, neue Dinge anzugehen und lernfähig zu sein." Auch er meint: Es ging nicht mehr anders.
IHK-Demonstration gegen Bürokratie: viel Verständnis, aber kein Ergebnis
Die Unternehmer seien seit Jahren im Gespräch. Alle Ansprechpartner in der Politik hätten Verständnis, da müsse man etwas tun. "Aber das Gegenteil ist der Fall", so Kolesch. Wolle man endlich eine Vorschrift konkret abschaffen, gebe es immer eine Gruppe, die sage, dass genau diese Vorschrift aber bestehen bleiben müsse. Und so werde es immer mehr Bürokratie, "und das frisst gerade uns kleinere Unternehmen auf."
Forderung nach mehr Toleranz für Fehler
Es gebe nur einen Weg, Bürokratie abzubauen: Man müsse auch mal zulassen, dass etwas schief gehe, so Kolesch. Ähnliche Worte fand bereits IHK-Präsident Jan Stefan Roell bei der Ankündigung der Demonstration in Ulm: Statt einer neuen Vorschrift müsse Verantwortung in untere Ebenen abgegeben werden. Das bedeute Vertrauen und auch, aus Fehlern zu lernen.
Kammer erwartet Rezession "Bürokratieabbau jetzt! Es reicht!" - IHK Ulm will demonstrieren
Die Region rund um Ulm gilt eigentlich als wirtschaftsstark. Doch momentan sieht die dortige IHK so dermaßen schwarz, dass sie jetzt zu einem ungewöhnlichem Mittel greift.
Fragt man Friedrich Kolesch nach Vorschriften, die seiner Meinung nach übers Ziel hinausschießen oder gar überflüssig sind, weiß er gar nicht, wo er anfangen soll mit der Aufzählung.
IHK Vize kritisiert Regelungen zur Cybersicherheit in Fahrstühlen
Das beginnt bei Anforderungen für Kassenbons: seit 2020 ist eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) nötig, die verhindern soll, dass eine Kasse manipuliert wird. Das kostet Kolesch pro Jahr eine hohe vierstellige Summe ohne Effekt, so Kolesch: Das Finanzamt habe schon seit Jahrzehnten Einblick in die Kassen.
Weitere Beispiele? Immer neue Brandschutzvorschriften und: Regelungen für die Cybersicherheit in Aufzügen. Diese müssen daraufhin überprüft werden, ob sie gehackt werden können - auf Kosten des Betriebes. Das sorgt für Kopfschütteln bei Unternehmer Kolesch: "Da frage ich mich: Wie viele Aufzüge sind denn schon gehackt worden?"
Angesichts der Regelungswut wundert es ihn nicht, dass immer weniger Betriebe Nachfolger finden und immer mehr ins Ausland abwandern wollen.