Zum Ende der bundesweiten Corona-Schutzmaßnahmen erklärt der Ulmer Virologe Professor Thomas Mertens im Interview, was das Impfen gebracht hat, und wer sich noch impfen lassen muss.
Am 7. April 2023 enden die letzten bundesweit gültigen Corona-Schutzmaßnahmen. Für Besucherinnen und Besucher in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen fällt die FFP2-Maskenpflicht weg, Patientinnen und Patienten müssen auch in Arztpraxen, Dialyseeinrichtungen und weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens keine Maske mehr tragen. Eine Maßnahme war auch die Impfung der Bevölkerung zum Schutz vor schweren Corona-Erkrankungen. Der Ulmer Virologe und Vorsitzende der Ständigen Impfkomission Thomas Mertens erklärt im SWR-Interview, welche Rolle die Impfung in Zukunft noch spielen wird.
SWR Aktuell: Am Freitag enden die Corona-Schutzmaßnahmen. Dazu zählte auch die Impfung zum Schutz vor dem Virus. Was hat die Impfung gebracht?
Professor Thomas Mertens: Die Impfung war der entscheidende Faktor für den Kampf gegen die Pandemie. In Amerika hat man die Zahlen ganz gut ausgerechnet. Man weiß, dass etwa 18 Millionen Hospitalisierungen und etwa drei Millionen Todesfälle vermieden worden sind durch die Impfung.
SWR Aktuell: Es hieß in der Vergangenheit, dass eine gewisse Herdenimmunität erreicht werden soll. Haben wir die jetzt und bleibt es auch so?
Mertens: Ja, die Herdenimmunität in Deutschland ist gut, dazu gibt es Daten: Deutlich mehr als 90 Prozent der Menschen haben schon Antikörper gegen das Spike-Protein des Virus. Die haben sie erworben. Zum einen durch die Impfung, und zum anderen auch durch Infektionen, die sie zwischenzeitlich durchgemacht haben. Wir wissen mittlerweile auch, dass gerade die Kombination von Impfung und durchgemachter Infektion einen besonders guten und auch lang anhaltenden Schutz vor Erkrankungen verleiht.
SWR Aktuell: Dann ein Blick in die Zukunft im Umgang mit dem Corona-Virus: Worauf kommt es jetzt noch an?
Mertens: Was das Impfen angeht, kommt es darauf an, dass wir die Menschen weiterhin schützen, die ein hohes Risiko haben, bei einer Infektion auch schwer zu erkranken. Das ist etwas, was die WHO neulich gesagt hat, und etwas, was ich auch persönlich schon in der Vergangenheit häufig gesagt habe. Wir müssen die Menschen schützen, die weiterhin ein hohes Risiko haben, schwer zu erkranken.
SWR Aktuell: Für Risikogruppen wird es weiterhin Auffrischungsimpfungen geben?
Mertens: Für die Menschen, von denen wir mittlerweile durch viele Studien wissen, dass sie ein hohes Risiko haben, bei Infektionen zu erkranken, da wird sicher weiterhin aufgefrischt werden. Es wird auch eine genauere Tabelle der Vorerkrankungen geben, die das betrifft.
SWR Aktuell: Was gilt für alle anderen Menschen? Gibt es da Empfehlungen?
Mertens: Es wird jetzt Empfehlungen der Ständigen Impfkommission geben, genau zu diesem Punkt. Die Impfungen gegen Covid19 werden auch in die allgemeinen Impfempfehlungen aufgenommen. Aber es wird sicher nicht so sein, dass jeder gesunde junge Mensch nun fortlaufend aufgefrischt werden muss.
SWR Aktuell: Das heißt, bei den meisten wird es dann bei den vermutlich drei oder vier Impfungen bleiben.
Mertens: Bei vielen. Vielleicht sollte man noch sagen, dass es natürlich für alle gut ist, wenn wir weiterhin eine gewisse Aufmerksamkeit behalten. Und es kann natürlich auch sein, dass in bestimmten Situationen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Zum Beispiel in Krankenhäusern und Altenheimen wenn eine neue Infektionswelle, ähnlich der Grippewelle, kommen sollte, um gerade ältere und gefährdete Menschen zu schützen.
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