Wenn die Sonne scheint, können sich Rutschen auf dem Spielplatz ordentlich aufheizen. Kinder könnten sich verbrennen. In Ulm hilft jetzt bei zwei Rutschen ein Blick ins Internet.
Rutschen auf Spielplätzen können sich an heißen, sonnigen Tagen extrem aufheizen und zur Gefahr für Kinder werden. In einem Projekt testet die Universität Ulm gemeinsam mit der Stadt, ob Sensoren sinnvoll sind.
Kaum dringen Sonnenstrahlen durch die Wolken, wuselt es nur so vor Kindern auf Ulmer Spielplätzen. Es wird geschaukelt, geklettert, gesandelt und natürlich auch gerutscht. Doch auf Kinderrutschen kann es zu schmerzhaften Verbrennungen kommen, warnt die Universität Ulm. Sensoren, die Temperaturen und damit Hitze anzeigen, sollen helfen - nicht nur an Rutschen. Überall im Ulmer Stadtgebiet sind kleine Datensammler versteckt.
Bevor Claudia Schidel ihre Enkelkinder die kleine Rutsche im Ulmer Klosterhof runter sausen lässt, testet sie nochmal mit ihrer Hand, ob sie nicht zu heiß ist. Sie ist oft hier auf dem Spielplatz im Stadtteil Söflingen. "Wenn die Sonne scheint, kann man die Rutsche so ab 11 Uhr gar nicht mehr nutzen", berichtet sie. Ab 50 Grad auf der Rutsche wird's dann sogar gefährlich für empfindliche Kinderhaut.
Projekt KLUGA zur Anpassung an den Klimawandel
Hier kommt das Projekt KLUGA der Universität Ulm zur Anpassung an den Klimawandel zum Tragen: Damit nicht immer die Hände mutiger Eltern und Großeltern als Temperaturmesser herhalten müssen, sind an zwei Rutschen im Stadtgebiet, an der im Klosterhof und an der Röhrenrutsche am Oberberghof, kleine Sensoren angebracht. Sie liefern die aktuelle Rutschentemperatur, die dann online abgerufen werden kann.
Claudia Schidel hält von den Sensoren nichts. Sie verlässt sich weiter auf ihre Hände. Auch Constatin Micu, der jede Woche mit seinem Sohn auf den Spielplatz im Klosterhof kommt, hält die kleinen Helferchen für "ein bisschen überflüssig". Spielplatzbesucherin Christina Tartera Palau wäre es "nie eingefallen, sowas hinzubauen". Allerdings findet sie es "ganz nett", wenn es das schon gibt. Christoph Spiertz spricht von einer guten Sache, allerdings "muss man nur wissen, dass es diese Möglichkeit gibt".
Sensoren an Kinderrutschen sind gut versteckt
Und genau da liegt das Problem: Auf den ersten Blick wirken die beiden Rutschen völlig normal. Einen Hinweis auf ihre Besonderheit gibt es nicht, die Sensoren sind gut versteckt. Christoph Spiertz fände ein Schild am Spielplatz hilfreich, "online wird man schwer die Leute erreichen können, besser ist es direkt am Ort des Geschehens." Christina Tartera Palau könnte sich sogar einen QR-Code direkt an der Rutsche vorstellen. Hinweise wie Plakate und Aufkleber habe es schon gegeben, sagt Sindy Würffel von der Digitalen Agenda der Stadt Ulm. Sogar Hinweisschilder in der Nähe der Sensoren, die wurden aber abgerissen und bisher nicht ersetzt.
Federführend für das Projekt KLUGA ist die Universität Ulm, unterstützt vom bifa Umweltinstitut aus Augsburg. Gemeinsam wollen sie herausfinden, wie Sensoren bei der besseren Anpassung an den Klimawandel helfen können. Dafür sind die kleinen Datensammler nicht nur an den beiden Kinderrutschen im Ulmer Stadtgebiet angebracht.
App liefert Hinweise zu Hitze
Ist es für einen Spaziergang zu heiß? Ist ein Training auf dem Sportplatz gefährlich? Wo ist es bei einer Hitzewelle in der Stadt am angenehmsten? Mit Hilfe von Sensoren am Alten Friedhof, im Rosengarten oder auf dem Trainingsgelände des SSV Ulm und des SV Jungingen sollen diese Fragen digital beantwortet werden. Denn zusätzlich zu den Daten wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit liefert die App des Projekts auch hilfreiche Hinweise für den Aufenthalt im Freien. Die Daten werden in Echtzeit über das Funknetzwerk LoRaWAN übertragen und richten sich vor allem an Senioren, Sportler und Familien mit Kindern.
Es gibt auch Sensoren an der Kienlesbergbrücke, die vor Glatteis warnen, oder in Grünflächen, die die Bodenfeuchte messen und Auskunft darüber geben, wann mal wieder gegossen werden muss. Von Anfang an haben die Projektverantwortlichen Ulmer Bürgerinnen und Bürger miteinbezogen. In Ideenwerkstätten durften sie Vorschläge machen, "wie die Stadt lebenswert bleiben kann und wie unterschiedliche Daten dabei nützen können", erzählt Lina Pößnecker von der Universität Ulm. Und natürlich auch, wo Sensoren am meisten Sinn machen.
Seit September vergangenen Jahres hängen die kleinen Datensammler an ausgewählten Orten. Und obwohl das Projekt vor kurzem offiziell zu Ende ging, bleiben die Sensoren. "Wir sind ganz gespannt, wie jetzt die nächsten Monate aussehen werden", so Lina Pößnecker. "Denn jetzt kommen ja erst die richtig heißen Tage."
Hoffnung auf noch mehr Sensoren im Ulmer Stadtgebiet
Lina Pößnecker hofft, dass es künftig noch viel mehr Sensoren in der Stadt geben wird, zum Beispiel an allen Spielplätzen, "dass man wirklich einen Vergleich haben kann, zu welchem lohnt es sich gerade zu gehen." Bisher gab es eine Förderung durch das Bundesumweltministerium. Aktuell laufen Verhandlungen, aber die Sensoren seien "relativ günstig", so Pößnecker. Deshalb wäre eine großflächige Ausstattung theoretisch machbar, aber aktuell wohl erst einmal nur eine "utopische Traumvorstellung."