Hunderte Menschen sind nach dem gewaltsamen Tod eines 14-jährigen Mädchens in Illerkirchberg zu einem Bürgerdialog gekommen. Bewegend wurde es, als der Vater des Opfers plötzlich am Mikrofon spricht.
Der 5. Dezember des vergangenen Jahres sollte den Alltag der Menschen in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) verändern: Ein 27-jähriger Flüchtling aus Eritrea soll zwei Mädchen mit einem Messer angegriffen haben - eine 14-Jährige starb. Seither kommt der Ort im Alb-Donau-Kreis nicht zur Ruhe. Ein Bürgerdialog der Gemeinde am Mittwochabend sollte den Menschen Antworten auf ihre Fragen geben.
SWR-Reporter Frank Wiesner hat den Bürgerdialog in Illerkirchberg verfolgt:
Vater des getöteten Mädchens ergreift das Wort
Sie erleben dort einen bewegenden Moment, als ein Mann bei der Fragerunde das Mikrofon in die Hand bekommt, aufsteht und sich vor das Publikum stellt: Die Polizei mache eine super Arbeit, lobt er die Ermittler. Außerdem wünsche er sich, dass das Haus, in das der mutmaßliche Täter floh, gekauft und abgerissen werde. Dort solle eine Wiese entstehen, auf der Kinder spielen könnten - auch seine zwei noch lebenden. Es ist der Vater des getöteten Mädchens, der teils mit tränenerstickter Stimme diese wenigen Sätze ins Mikrofon spricht. Applaus folgt.
350 Menschen sind an diesem Abend in die Gemeindehalle in den kleinen Ort in der Nähe von Ulm gekommen. Die 300 Stühle reichen nicht aus - 50 müssen zusätzlich aufgestellt werden. Wohlgemerkt: Rein darf nur, wer in Illerkirchberg wohnt. Bild- und Tonaufnahmen sind verboten. Rund zweieinhalb Stunden lang beantworten Vertreter von Polizei und Behörden die Fragen der Einwohner. Und Fragen gibt es nach der Bluttat viele. Die Bürgerinnen und Bürger tragen sie teils sachlich vor, manche sind aufgeregt, andere den Tränen nahe.
Alle Artikel Tödliche Messerattacke auf 14-Jährige in Illerkirchberg
Eine 14-Jährige und eine 13-Jährige werden in Illerkirchberg von einem Mann aus Eritrea mit einem Messer attackiert, die Ältere stirbt. Hier sind die Ereignisse zusammengefasst.
Bürger äußern Sorgen und Ängste
Bei vielen werden Sorgen und Ängste deutlich. Ein Familienvater, der in der Nähe des Tatorts wohnt, will wissen, wer sich um die Ängste der Kinder kümmere. Seine Tochter könne seit der Tat nur noch bei eingeschaltetem Licht und mit Musik schlafen. Aus Angst vor einer weiteren Tat würden außerdem viele Kinder mit dem Auto in die Schule gefahren.
Und dann gibt es Bürgerinnen und Bürger, die den Behörden Vorwürfe machen. Denn momentan ist der Ort auch wegen einer anderen Tat wieder im Fokus. Es geht um einen Asylbewerber, der gemeinsam mit vier weiteren Männern für die Vergewaltigung einer 14-Jährigen verurteilt worden war. Nach seiner Entlassung musste er zurück nach Illerkirchberg. Die Menschen wollen wissen, wie das sein könne und warum sie niemand gewarnt habe.
Polizei will Sicherheit vermitteln
Die Polizei dagegen antwortet mit Zahlen, Daten und Fakten und bemüht sich um Transparenz. Die Menschen seien in Illerkirchberg sicher, der Ort sei laut Statistik kein Zentrum des Verbrechens. Ob der Bürgerdialog geholfen hat? Bürgermeister Markus Häußler zeigt sich mit dem Abend zufrieden: "Man kann, denke ich, von einem versöhnlichen Charakter sprechen." Man sei jetzt im Aufarbeitungsprozess, erklärt der Bürgermeister weiter, der Abend habe viele Unklarheiten beseitigt. Die Meinungen der Besucherinnen und Besucher sind geteilt. Einige sagen, ihnen habe das Gesprächsangebot der Gemeinde geholfen, andere haben sich mehr erhofft.
Unterdessen ist auch rund sechs Wochen nach der Tat die Anteilnahme am Tod des Mädchens groß. Noch immer stellen Menschen Kerzen an den Tatort oder legen dort Blumen ab, um die Opfer nicht zu vergessen.
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