In der Ulmer Fußgängerzone quellen oft Kaffeebecher und Essensboxen aus den Eimern. Obwohl To-Go-Läden Mehrweg anbieten müssen. Ein neues Gesetz soll künftig Einweg verringern.
Wer am Wochenende durch die Ulmer Fußgängerzone geht, sieht es deutlich: Müll quillt aus den Abfalleimern - Essensboxen, Kaffeebecher, Pizzakartons. Dabei müssen Anbieter von Mitnahme-Getränken und -gerichten seit Anfang des Jahres Mehrweg anbieten. Und Anfang März hat die Bundesregierung zusätzlich ein Gesetz verabschiedet, das die Hersteller von Plastikbechern und -boxen mit in die Verantwortung bei der Entsorgung ziehen soll.
Tatsächlich sieht es vielerorts wie hier in der Ulmer Fußgängerzone aus: Um die Mittagszeit tragen Kundinnen und Kunden Styroporboxenschalen aus einem Metzgerei-Imbiss. Oft noch verschweißt mit Alufolie, damit Linsen, Spätzle und Wienerle warm bleiben. Dabei gibt es in der Metzgerei Mehrweg-Boxen. Zur Nutzung will sich niemand äußern, auch nicht die Chefin selbst.
Ums Eck auskunftsfreudigere To-Go-Kunden: Tut ihnen der ganze Verpackungsmüll gar nicht weh? Eine junge Frau sagt: "Nur bedingt. Denn ich glaube, nicht die einzelne Person ist entscheidend, sondern es gibt ganz andere Sachen, wo man angreifen könnte. Anstatt immer den Einzelnen an den Pranger zu stellen." Ein junger Mann dagegen nutzt in seinem Stammcafé regelmäßig die Mehrwegschüsseln, um sich Essen mit zur Arbeit zu nehmen. Er hat sich an das Pfandsystem gewöhnt. Für ihn ist es eine Sache der Routine. Eine andere Frau sagt, die Politik solle die Entscheidung nicht dem Einzelnen aufbürden, sondern eben nur noch Mehrweg ausgeben. Dann müsse man auch selbst kein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich mal wieder vor lauter Hunger Essen in Einwegverpackungen mitgenommen hat.
In Markus Fahrenheims Café weisen ein knallgrünes Plakat und Flyer prominent auf die neuen Pfandbecher hin. Große Nachfrage? Er sagt: "Nullkomma Null Null Null. Das ist sehr, sehr schade. Das interessiert einfach keinen. Wir haben im Monat höchstens fünf Leute, die einen Mehrwegbecher nehmen." Im Keller lagere er noch 2.000 Becher. Die an der Theke habe er bisher noch kein einziges Mal auffüllen müssen - "und wir haben jetzt März."
Manche bestellen zum Mitnehmen und setzen sich dann ins Café
Das hätte er anders erwartet. Aber: "Die Leute kriegen mit, dass sich irgendwelche Menschen auf die Straße kleben. Aber wenn man im Kleinen etwas machen kann, das geht den Kunden am Boppes vorbei." Manche würden sich etwas an der Theke bestellen und sich dann im Café hinsetzen: "Dann habe ich wieder den Abfall."
Fahrenheim glaubt, dass Kunden ein einheitliches Pfandsystem bräuchten, um ihre Becher überall abgeben zu können. Sein Café allerdings ist Teil einer Kette und hat selbst eigene Becher. Die Lizenzen für externe Pfandsysteme kosteten zuviel.
Ein anderes Ulmer Café: Hier nutzt man Glasboxen eines Münchner Anbieters. Kellner Necati Simsek hat heute fünf Mahlzeiten mitgegeben. Die Gäste dürfen die Glasbox für zwei Wochen mitnehmen und bekommen dann kurz vor Ablauf eine Erinnerungsmail für die Abgabe. Die Boxen können deutschlandweit in allen Restaurants abgegegen werden, die an diesem Pfandsystem teilnehmen. Das mache es auch für Touristinnen und Touristen einfacher, meint Simsek. Eine App listet alle Restaurants auf. Auch einige Ulmer Restaurants sind dabei.
Der Müll, der sich in den öffentlichen Abfallbehältern der Innenstädte anhäuft - er wird trotzdem nicht weniger. Und kostet die Kommunen viel Geld. Wie viel, konnte keine der vom SWR angefragten Städte und Gemeinden beziffern. Hans-Jürgen Schiffer, Leiter der städtischen Betriebe in Heidenheim: "Ich kann ganz grob sagen, dass wir etwa 600 Abfallgefäße haben und knapp 50 Unterflurbehälter." Zwei bis drei Mal am Tage werden die Müllbehälter an manchen Orten in Heidenheim geleert. "Da kommt im Jahr einiges zusammen."
Gesetz soll Hersteller von Einweg-Plastik an Entsorgung beteiligen
Am 2. März hat nun der Bundestag zusätzlich zum verpflichtenden Mehrwegangebot beschlossen, dass sich Hersteller von Einwegkunststoff-Verpackungen über einen Fond finanziell an der Entsorgung beteiligen müssen. Das Geld fließt dann an die Kommunen. Schiffner hofft auf weniger Müll und wünscht sich, dass Dinge, die zusätzlich große Probleme machen - wie Zigaretten und Kaugummis - auch noch im Gesetz aufgenommen würden. Genauso wie die Pizzakartons, die seien zwar nicht aus Plastik, verstopften aber allerorts die Mülleimer.