Streit in der Medizinbranche: Bundesweit haben 85 Prozent der HNO-Ärzte ambulante Operationen bei Kindern gestoppt. Der Grund: Gekürzte Honorare. Auch ein Ulmer Arzt protestiert.
In der Gesundheitsbranche gibt es Ärger, mal wieder. Es betrifft dieses Mal die HNO-Ärzte, also Hals-Nasen-Ohren. Sie bekommen seit 1. Januar weniger Geld für ambulante Operationen, die vor allem bei Kindern durchgeführt werden. Bundesweit haben sich Ärzte jetzt zusammengeschlossen und sich für eine Operationsblockade entschieden.
Streitpunkt: weniger Honorar
Es geht um das Honorar für bestimmte Operationen, wie sie der Ulmer HNO-Arzt Jörg Schuster schon jahrelang an Kindern durchführt. Dabei geht es unter anderem um die Entfernung von Polypen, die Verkleinerung der Mandeln und Eingriffe am Trommelfell.
Lange Zeit haben Ärzte für eine solche ambulante Operation, die ungefähr eine halbe Stunde dauert, 117 Euro bekommen. Jetzt gibt es nur noch 111 Euro. Was vorher schon nicht kostendeckend gewesen sei, gehe zu diesem Honorar jetzt schon gar nicht mehr, sagt Jörg Schuster.
GKV-Spitzenverband wütet
Der GKV-Spitzenverband, also die Vertretung der Krankenkassen, begründet die Reduzierung des Honorars bei kleinen Operationen mit einem höheren Honorar für größere Operationen. Auf den Operations-Stopp der Ärzte hat der Verband mit einer Pressemitteilung reagiert. Darin heißt es unter anderem: "Es ist empörend, wie schamlos einige Ärzteverbände versuchen, immer mehr Geld aus den Taschen der Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung herauszuholen und nicht einmal vor Drohungen gegen die Gesundheit von Kindern haltmachen."
Schuster: Ärzte sind auch Unternehmer
So gehe die Rechnung nicht auf, sagt Jörg Schuster, der ein viel höheres Honorar für ambulante Operationen fordert. Seine Praxis habe Kosten pro Stunde zwischen 350 und 500 Euro. Dieser Betrag müsse wieder hereinkommen, sonst mache die Wiederaufnahme von Operationen keinen Sinn.
Leidtragende sind die Kinder
Da die Vorstellungen zwischen Ärzten und GKV weit auseinander liegen, ist eine Einigung derzeit kaum vorstellbar. Die Konsequenz: Kinder, die im HNO-Bereich operiert werden müssten, müssen sich an Kliniken wenden, dort aber eventuell monatelang oder jahrelang auf eine OP warten. Die Folgen für kleine Patienten wären fatal, sagt Jörg Schuster. Kinder hätten dann häufiger Infekte, ihr Schlaf wäre nicht so erholsam, außerdem leide ihre geistige und soziale Entwicklung.
Zwei-Klassen-Medizin droht
Den Vorwurf der GKV, Geld über Gesundheit zu stellen, weist Jörg Schuster für sich und seine Kollegen zurück. Gesundschrumpfen könne nicht das Ziel für niedergelassene Ärzte sein, sagt er. Bundesweit wollen immerhin 85 Prozent der HNO-Ärzte die Operationen nicht mehr durchführen. Das könnte unterm Strich eine Zwei-Klassen-Medizin zur Folge haben. Operiert werden dann nur noch Kinder, deren Eltern es sich leisten können. Billig ist das nicht. Eine privat abgerechnete ambulante HNO-Operation kostet rund 900 Euro.