In Ulm ist am Mittwoch eine Stele zur Erinnerung an Rafael Blumenstock eingeweiht worden. Der junge Mann wurde vor 33 Jahren grausam ermordet. Die Tat ist noch immer ungeklärt.
Auf dem Ulmer Münsterplatz ist am Mittwoch eine Gedenkstele für Rafael Blumenstock eingeweiht worden. Bisher hatte eine rotbraune Granitplatte im Boden an den grausam ermordeten jungen Mann erinnert. Der Standort am Rand des Münsterplatzes hatte sich aber als ungünstig erwiesen: Dort stehen inzwischen Restauranttische, die Gedenkplatte war kaum noch zu sehen.
Die Fraktionen von CDU, Grünen und SPD im Ulmer Gemeinderat beantragten im vergangenen Jahr eine angemessenere Form des Gedenkens und einen würdigeren Platz. Nun ist die Granitplatte in eine ca. 60 Zentimeter hohe Stele eingelassen und weist Passantinnen und Passanten auf die schreckliche Tat hin. "Du lebst in unserer Klage. Im Herzen stirbst du nicht", lautet die Inschrift.
Rafael Blumenstock: Ermordet auf dem Münsterplatz
Die Tat geschieht in der Nacht zum 4. November 1990: Auf dem Ulmer Münsterplatz wird der damals 28-jährige studierte Klavierlehrer Rafael Blumenstock ermordet. Am Morgen wird seine Leiche entdeckt, zwischen Blumenkübeln und einem geparkten Auto. Der Tatort ist gegenüber dem damaligen Standort des Haushaltswarengeschäfts Abt.
Der leblose Körper ist grausam zugerichtet: Er ist übersät mit 21 Messerstichen, dazu Spuren von Faustschlägen und Tritten ins Gesicht.
Sonderkommission "Münsterplatz" ermittelte ohne Erfolg
Zeugen gibt es fast keine, und das, obwohl sich die Tat auf dem Ulmer Münsterplatz mitten in der Stadt abgespielt hat. Lediglich eine Frau, die in einem Wohnmobil auf dem 1990 noch befahrbaren Platz übernachtet, berichtet von mehreren Schreien und drei Männern, die sie beim Blick aus dem Fenster mit einem Sportwagen wegfahren sieht. Ob sie etwas mit dem Mord zu tun haben, bleibt unklar.
Der SWR berichtete mehrfach über den Mordfall, unter anderem 25 Jahre nach der Tat.
Die Polizei gründet die 40-köpfige Sonderkommission "Münsterplatz" und ermittelt in verschiedene Richtungen: Ein Raubmord könnte es laut Polizei gewesen sein, eine Tat in Zusammenhang mit der Ulmer Schwulenszene. Auch Rafael Blumenstock wird der Szene zugerechnet. Der 28-Jährige wird in der Mordnacht in mehreren Lokalen gesehen, unter anderem im Nachtlokal "Aquarium" in der Kohlgasse.
Das Verbrechen könnte aber auch einen rechtsradikalen Hintergrund haben, um 1990 gibt es in Ulm eine aktive Neonazi-Szene, die Trittspuren im Gesicht des Opfers ähneln denen von Springerstiefeln, so die Ermittler. Doch der oder die Täter werden nicht gefasst - bis heute.
"Cold Case" Blumenstock
Für die Polizei ist der Fall Blumenstock inzwischen ein so genannter "Cold Case", ein ungelöster Fall ohne aktuell neue Spuren. Derzeit befänden sich einzelne Asservate - als Beweismittel wichtige Gegenstände - zur Auswertung beim Landeskriminalamt, teilte Joachim Schulz, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Ulm, dem SWR mit.
Worum es sich bei den Asservaten konkret handelt, will er nicht sagen. Vielleicht ergäben sich neue Ermittlungsansätze, so Schulz, dämpft jedoch allzu hochgesteckte Erwartungen: "Die Hoffnung ist natürlich immer da, aber wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, wissen wir natürlich nicht."
Bruder Alvaro Blumenstock: Rafael fühlte sich als Frau
Auch Rafael Blumenstocks Bruder Alvaro wünscht sich, dass der Mord doch noch aufgeklärt wird. Am Rand der Einweihung der Gedenkstele nannte der ehemalige Lehrer dem SWR-Fernsehen als mögliches Motiv für die Tat die geschlechtliche Disposition seines Bruders. "Er wollte zeitlebens eine Frau sein", so Alvaro Blumenstock. Rafael habe sich immer wieder als Frau gekleidet und auch geschminkt. Möglicherweise habe das den oder die Täter provoziert.