Mit einem Festakt ist Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) am Montagabend verabschiedet worden. Die Reden waren teilweise emotional, nur einer blieb ziemlich cool: Czisch selbst.
Nach acht Jahren im Amt des Oberbürgermeisters ist Gunter Czisch vor hunderten Gästen im Ulmer Kulturzentrum Roxy verabschiedet worden. Unter den Rednern waren der stellvertretende Baden-Württembergische Ministerpräsident Thomas Strobl und der CDU-Fraktionsvorsitzende des Landtags, Manuel Hagel (beide CDU).
Langer Applaus für Gunter Czisch
Am Ende dann doch: Standing Ovations für den scheidenden Oberbürgermeister. Der 60-Jährige hatte gerade seine Dankesworte beendet, da erhob sich das Publikum von den Plätzen. Bis auf einige, die die zwei Stunden ohnehin im Stehen verbringen mussten, denn das Roxy war voll. Mehr als 700 Menschen hörten, wie Czisch seinem Vorgänger Ivo Gönner noch von der Bühne aus zurief: "Ivo, wir gehen eine rauchen." Man spürte: Da fällt einem nach 44 Jahren im Öffentlichen Dienst, davon acht Jahre an der Rathausspitze, eine Last von den Schultern.
Czisch hatte seine Rede mit großer Souveränität vorgetragen, ruhig, überlegt, gefasst. Hatte großzügig Dank verteilt, aber auch die Sorge geäußert, dass "viele Menschen Zweifel an der Demokratie" hegen. Nicht zuletzt bei seiner Abwahl im Dezember hatten gerade einmal 38 Prozent ihr Kreuzchen gemacht - die meisten bei Martin Ansbacher.
Strobl würdigt Arbeit von Czisch
"Schade", befand Czischs Parteifreund Thomas Strobl ganz unverhohlen, der in Vertretung des erst verhinderten und schließlich erkrankten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) das Land bei der Veranstaltung vertrat. Der Abschiedsschmerz überwiege bei ihm, sagte Strobl, und schob hinterher: "Der Abschied von einer langen und wichtigen Arbeit ist immer mehr traurig als erfreulich." Diese Worte hatte er sich allerdings aus einem Brief von Friedrich Schiller geborgt, den dieser an Johann Wolfgang von Goethe schrieb. Jetzt galten sie also Czisch.
Strobl zählte einige Verdienste des scheidenden Oberbürgermeisters in den vergangenen acht Jahren auf: Die Eröffnung der Straßenbahnlinie 2, die Digitalisierung der Stadt, das neue Stadtquartier Sedelhöfe. Czisch sei nach 16 Jahren Erster Bürgermeister in Ulm und acht Jahren Oberbürgermeister nicht nur ein "Kommunalexperte", sondern auch ein "High-Performer", also eine Art Hochleistungs-Politiker.
Czisch wünscht Nachfolger Ansbacher alles Gute
Mehr Wortakrobatik hatte Manuel Hagel zu bieten, der CDU-Fraktionsvorsitzende im baden-württembergischen Landtag. Er bastelte das Adjektiv "ulmisch", das die typischen Eigenschaften der Ulmer (bodenständig, fleißig, selbstbewusst, lebensfroh) beschreibt, aus "Ulm" und "Czisch" zusammen. Eigenschaften, die Czisch verkörpere. Der lächelte.
Und lächelte später auf der Bühne bei seiner Rede weiter, als er fand, dass vieles der Redner "völlig überzeichnet" und "nur die Hälfte wahr" sei. Um kurz darauf seinem Nachfolger Martin Ansbacher (SPD) alles Gute zu wünschen, und dass er in der langen Perlenkette an Verantwortlichen eine weitere gute Perle sein werde. Ansbacher nickte anerkennend, Czisch trat ab. Der Rest: Applaus.
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