Einst war das Ehinger Unternehmen Schlecker die größte Drogeriekette Europas. Doch der Betrieb verpasste den Anschluss an den Markt und ging Pleite. Die Chronologie des Scheiterns:
Die erfolgreichen Jahre
1975: Der Ehinger Metzgermeister Anton Schlecker eröffnet nach dem Wegfall der Preisbindung für Markenartikel seinen ersten Drogeriemarkt in Kirchheim unter Teck.
1984 Anton Schlecker expandiert schnell. Der 1.000 Schlecker-Markt wird geöffnet.
1999 bis Mitte 2000er: In den Folgejahren baut der Unternehmer auch Märkte im europäischen Ausland: erst in Österreich, später unter anderem in den Niederlanden, in Portugal, Spanien und Ungarn.
Ende 2007: Schlecker übernimmt die insolvente Drogeriemarktkette "Ihr Platz" und damit rund 700 Filialen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin.
Ende 2009: Verdi wirft Schlecker unter anderem vor, Mitarbeiter beim Wechsel in neue Filialen in Zeitarbeitsverträge mit schlechteren Stundenlöhnen zu drängen.
Ende 2010: Kinder Lars und Meike Schlecker übernehmen mehr Verantwortung bei der Ehinger Drogeriekette.
Der Anfang vom Untergang
Februar 2011: Obwohl die Drogeriekette Schlecker bereits rote Zahlen schreibt, startet das Unternehmen mit einem neuen Konzept. Die Märkte sollen heller und übersichtlicher gestaltet werden. Bis Ende 2011 will das Unternehmen rund 500 der 9.000 deutschen Filialen mit dem neuen Design ausstatten. Investitionskosten: rund 230 Millionen Euro.
Frühjahr 2011: Vorwürfe wegen umstrittener Personalpolitik: Schlecker soll eine Liste mit missliebigen Mitarbeitern geführt haben, die das Unternehmen loswerden will. Die Drogeriekette landet bundesweit in den Schlagzeilen. Wenig später kündigt die Drogeriekette einen faireren Umgang an.
Juni 2011: Das Unternehmen kündigt an, rund zehn Prozent der über 8.000 Filialen in Deutschland zu schließen. Grund war nach eigenen Angaben deren unzureichende Wirtschaftlichkeit.
Dezember 2011: Immer häufiger berichten Medien über finanzielle Schwierigkeiten der Schlecker-Kette.
23. Januar 2012: Die Drogeriemarktkette Schlecker meldet Insolvenz an.
26. Januar 2012: Auch die von Schlecker übernommene Drogeriekette "Ihr Platz" meldet Insolvenz an.
Nach der Insolvenz
März 2012: Erste Schließungswelle: Bis Ende März schließen deutschlandweit rund 2.250 Filialen. Das beantragte Darlehen wird abgelehnt. Der Versuch des Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz, eine Transfergesellschaft für knapp 10.000 vor der Kündigung stehende Beschäftige auf die Beine zu stellen, scheitert. Das Insolvenzverfahren wird sich Jahre ziehen.
Juni 2012: Die zweite Schließungswelle folgt. Die Drogeriemarktkette Schlecker wird zerschlagen. Der Gläubigerausschuss sieht laut Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz "keine Perspektive für die wirtschaftlich vertretbare Fortführung von Schlecker". Bundesweit verlieren weitere 13.000 Beschäftige ihren Job. Die Schlecker-Pleite kostet insgesamt rund 25.000 Angestellten - überwiegend Schlecker-Frauen - ihren Arbeitsplatz. Der Ausverkauf beginnt. Ende des Monats sind alle Läden komplett geschlossen. Auch die Geschäfte der Tochter-Gesellschaft Schlecker XXL sind Geschichte. Es folgen Klagen gegen die Drogeriekette.
Juli 2012: Das Landgericht Stuttgart leitet ein Verfahren wegen Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott gegen Anton Schlecker und 13 weitere Beschuldigte ein. Darunter sind auch seine Kinder Meike und Lars.
März 2017: Der Prozess startet vor dem Stuttgarter Landgericht.
Ende November 2017: Anton Schlecker wird am 27. November vom Landgericht Stuttgart wegen vorsätzlichen Bankrotts zu zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe von 54.000 Euro verurteilt. Seine Kinder Lars und Meike sollen ins Gefängnis. Das Gericht verurteilt sie zu Haftstrafen von knapp drei Jahren. Einen Tag später, am 28. November 2017, legen die Schlecker-Kinder Revision ein.
April 2019: Der Bundesgerichtshof weist die Revision von Maike und Lars Schlecker zurück. Sie müssen ihre Haftstrafe antreten.
Sommer 2021: Die Kinder des Drogeriemarkt-Gründers aus Ehingen, Lars und Meike Schlecker, werden vorzeitig aus Berliner Gefängnissen entlassen. Für die frühere Entlassung spielt laut Stuttgarter Staatsanwaltschaft eine günstige Sozialprognose eine Rolle und dass die beiden zum ersten Mal im Gefängnis saßen.
Dezember 2021: Geschäftsmann Patrick Landrock aus Österreich kündigt an, die Marke Schlecker wiederbeleben zu wollen. Unter dem Namen sollen künftig auch Produkte des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Büro- und Geschäftsbedarfsprodukten sowie Baumarktartikeln verkauft werden. Der Online-Vertrieb soll im ersten Halbjahr 2022 starten.
Januar 2022: Auch zehn Jahre nach der Pleite des Ehinger Drogerieunternehmens Schlecker ist ein Ende des Insolvenzverfahrens noch nicht absehbar. Das Verfahren soll laut einem Sprecher des Insolvenzverwalters noch mindestens zwei bis drei Jahre dauern. Unter anderem klagt der Insolvenzverwalter gegen ein mögliches Kartell von Lieferanten, dessen Preisabsprachen Schlecker um einen dreistelligen Millionenbetrag gebracht haben sollen.
November 2022: Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe urteilt, dass das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Klage des Insolvenzverwalters vorschnell abgewiesen habe. Es muss neu verhandelt werden.
Mai 2024: Zwölf Jahre nach der Pleite der Drogeriekette Schlecker sollen Ehefrau und Kinder des Gründers Anton Schlecker ein Darlehen von 1,35 Millionen Euro zurückzahlen. Eine Leiharbeitsfirma aus Zwickau habe das Darlehen 2011 unrechtmäßig an den Konzern ausgezahlt, urteilte das Landgericht Zwickau.
Oktober 2024: Ein Ende des Insolvenzverfahren ist immer noch nicht absehbar , bestätigt ein Sprecher des Insolvenzverwalters. Zwar seien die Abwicklungstätigkeiten soweit abgeschlossen, aber das Verfahren sei noch nicht beendet. Es gelte, die Ausgänge der Kartellverfahren abzuwarten. Jedoch, ein Termin für den Prozess ist nicht absehbar, bestätigt das zuständige Oberlandesgericht Frankfurt am Main dem SWR.